Leitsatz (amtlich)

1. Auch bei Pauschalreisen, die in Form des "Dynamic Packaging" angeboten werden, verstößt eine Anzahlungspflicht von 40 % des Reisepreises in den AGB des Reiseveranstalters gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 320 BGB.

2. Eine Regelung in den AGB des Reiseveranstalters, nach der der Restbetrag bereits 45 Tage vor Reiseantritt fällig wird, verstößt gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 3210 BGB.

3. Im Fall des § 651i BGB müssen die Pauschalbeträge auch den durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen gewöhnlich möglichen Erwerb des Reiseveranstalters berücksichtigen.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Urteil vom 11.11.2011; Aktenzeichen 8 O 3545/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.12.2014; Aktenzeichen X ZR 85/12)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Leipzig vom 11.11.2011 - 8 O 3545/10, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 15.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 8.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Verwendung von Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten.

Der Kläger ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 4 Abs. 1 UKlaG eingetragen.

Die Beklagte ist eine Reiseveranstalterin, die über das Internet jedenfalls auch auf Online-Abfragen im Rahmen des sog. "Dynamic Packaging" die Bündelung von Reiseteil- und Einzelleistungen zu einem Leistungspaket anbietet. In der Anreiseperiode vom 1.2.2009 bis zum 31.12.2011 hat die Beklagte 159.100 Reisen zu einem Unterkunftsobjekt vermittelt, davon sind 118.500 auf Flugreisen und 40.600 auf "eigene Anreisen" entfallen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten lauten auszugsweise wie folgt:

"2.1.

Nach Erhalt Ihrer Reisebestätigung/Rechnung ist innerhalb einer Woche die auf unserer Reisebestätigung/Rechnung ausgewiesene Anzahlung zu leisten. Diese beträgt 40 % (auf volle Euro aufgerundet) von dem Gesamtpreis der Rechnung. Die Restzahlung des Reisespreises ist bis spätestens 45 Tage vor Reiseantritt ohne nochmalige Aufforderung fällig. Vor einer Zahlung wird Ihnen der Reisesicherungsschein mit der Reisebestätigung/Rechnung übergeben oder übersandt. In jedem Falle sind Ihr Reisepreis und die geleisteten Zahlungen gem. § 651k BGB insolvenzgesichert.

6.2

Treten Sie vom Reisevertrag zurück oder treten Sie die Reise nicht an (z.B. wegen verpasster Anschlüsse), können wir angemessenen Ersatz für die getroffenen Reisevorkehrungen und unsere Aufwendungen verlangen. Bei der Berechnung des Ersatzes werden gewöhnlich ersparte Aufwendungen und gewöhnlich mögliche anderweitige Verwendungen der Reiseleistungen von uns berücksichtigt. Die Höhe richtet sich nach dem Reisepreis. Die Rücktrittspauschalen, die wir im Falle Ihres Rücktritts von der Reise je angemeldeten Teilnehmer fordern müssen, betragen jeweils pro Person bzw. Wohneinheit in Prozent vom Reisepreis:

6.2.1

Bei Flugreisen bis 30 Tage vor Reisebeginn 40 %,

am 29. bis 22. Tag vor Reisebeginn 45 %,

ab 21. bis 15. Tag vor Reisebeginn 50 %,

ab 14. bis 7. Tag vor Reisebeginn 60 %,

ab 6. Tag vor Reisebeginn 70 %,

am Tag des Reiseantritts oder bei Nichterscheinen 90 %"

Ziff. 6.2 enthält eine Stornostaffel für Reisen mit eigener Anreise, bei der der niedrigste Stornobetrag 20 % und der höchste 75 % beträgt. Ziff. 6.5 eröffnet dem Reisenden die Möglichkeit, nachzuweisen, dass die Entschädigung bei Berücksichtigung des Reisepreises unter Abzug des Werts der von der Beklagten ersparten Aufwendungen sowie dessen, was durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen erworben werden kann, niedriger ist als in den Pauschalen ausgewiesen, sowie der Beklagten die Möglichkeit, gegen konkrete Bezifferung und Belege eine höhere Entschädigung als die Pauschalbeträge zu verlangen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten mit Stand von Juli 2009 wird auf die Anlage K 1 verwiesen.

Mit Schreiben vom 17.9.2010 forderte der Kläger die Beklagte auf, hinsichtlich der streitgegenständlichen Klausel eine strafbehrte Unterlassungserklärung abzugeben und Auslagen für die Abmahnung i.H.v. 214 EUR inklusive Mehrwertsteuer zu erstatten.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die von der Beklagten verwendeten Klauseln seien hinsichtlich der Höhe der Anzahlung, des Fälligkeitstermins der Anzahlung sowie der Höhe der geforderten Stornogebühren im Fall von Flugreisen unwirksam, da sie eine unangemessene Benachteiligung der Reisenden beinhalteten und hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Die Beklagte hat vorgetragen, im Unterschied zu klassischen Anbietern für Flugpauschalreisen biete sie keine katalogmäßig feststehende Reiseleistungen bestehend aus Flug und Hotel für in der Regel vorbesti...

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