Leitsatz (amtlich)
1. Die vom Bundesgerichtshof in der "Lafontaine-Entscheidung" aufgestellten Grundsätze zur Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung im Rahmen von Werbeanzeigen finden nicht nur auf Politiker Anwendung. Entscheidend ist vielmehr, ob in satirischer Absicht ein Ereignis der Zeitgeschichte aufgegriffen wird, mit dem der Abgebildete verbunden wird.
2. Bezieht sich die Abbildung auf den Vorsitzenden einer Gewerkschaft, kann dieser sich hiergegen nicht unter Bezug auf die Koalitionsfreiheit zur Wehr setzen.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 08 O 2566/16) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 17.11.2017 - Az 8 O 2566/16 - wird auf seine Kosten
zurückgewiesen.
II. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs aber nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,- EUR und im Übrigen wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 115.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Unterlassung und Zahlung fiktiver Lizenzgebühren wegen einer Bildveröffentlichung der Beklagten.
Der Kläger ist seit 2008 Bundesvorsitzender der Gewerkschaft ... (...). Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen der xxx SE, einer international tätigen Autovermietung und Leasingfirma.
Von Herbst 2014 bis Mai 2015 organisierte die ... insgesamt neun mehrtägige, flächendeckende Streiks bei der D. ... AG mit einer Gesamtdauer von 420 Stunden, die bundesweit Beachtung fanden und in der Öffentlichkeit vielfach kontrovers diskutiert wurden.
Am 06.11.2014 erschien in der ... Zeitung die - nachfolgend wiedergegebene - ganzseitige Werbeanzeige der Beklagten, die ein Porträtfoto des Klägers zeigte und den folgenden Text:
"Unser Mitarbeiter des Monats. (Günstige Mietwagen an allen Bahnhöfen und unter ....de".
Links oben fand sich der Name des Klägers mit dem Zusatz "Gewerkschaftsführer".
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Die Anzeige wurde zudem auf der Internetseite der Beklagten und über einen Post auf der Facebook-Seite der Beklagten öffentlich zugänglich gemacht.
Zu Beginn des siebten Streiks erschien am 22.04.2015 eine weitere - nachfolgend wiedergegebene - Anzeige in der ... Zeitung, die auch über Twitter, Google+ sowie als Facebook-Anzeige öffentlich zugänglich gemacht wurde. Die Anzeige enthielt neben dem Porträtfoto des Klägers nebst Namensnennung den Text: "Schon wieder Mitarbeiter des Monats. (... gratuliert zur erfolgreichen Titelverteidigung mit günstigen Mietwagenangeboten an allen Bahnhöfen und unter ....de)".
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Diese Anzeige wurde im Jahr 2016 von der Firma Z. ... GmbH (Z.) in der Kategorie "Anzeige des Jahres 2016" ausgezeichnet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die geltend gemachten Ansprüche nicht begründet seien, da die Veröffentlichung der Anzeige nach § 23 Abs. 1 KUG gerechtfertigt sei.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Unter Vertiefung und Wiederholung seines bisherigen Vorbringens vertritt er die Auffassung, das Landgericht habe die Rechtsprechung des EGMR nicht hinreichend gewürdigt. Den Entscheidungen des EGMR (Urteile vom 19. Februar 2015, - 53495/09 - und - 53649/09 -, juris) hätten lediglich verbale Meinungsäußerungen zugrunde gelegen, die als Satire zulässig seien könnten. Bei der vorliegenden Bildveröffentlichung unter Verwendung eines ganzseitigen Fotos des Klägers handele es sich indes nicht um Satire, überdies sei die Intensität des Eingriffs in seine Persönlichkeitsrechte höher. Bei der Abwägung müsse zudem berücksichtigt werden, dass mit der Werbeanzeige die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie beeinträchtigt werde. Schließlich gebe es auch eine Reihe von Abweichungen zu einer Werbeanzeige der Beklagten, die diese anlässlich des Rücktritts des Finanzministers Oskar Lafontaine verbreitet und die der BGH als zulässig angesehen habe. Die Grundsätze dieser Entscheidung könnten jedoch wegen der deutlichen gestalterischen und inhaltlichen Unterschiede zwischen den jeweils verwendeten Werbeanzeigen nicht auf die streitgegenständliche Werbung übertragen werden, was das Landgericht nicht ausreichend gewürdigt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LG Leipzig vom 17.11.2017, Az. 8 O 2566/17, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen
1. es unter Androhung von Ordnungsgeld für jeden Fall der Zuwiderhandlung, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zu unterlassen, in Anzei...