Leitsatz (amtlich)

1. Kündigung wegen Insolvenz des Werkunternehmens trotz Fortführungsanzeige des Insolvenzverwalters.

2. Abgrenzung erbrachter Leistungen von nichterbrachten beim Einkauf von Bauteilen durch den Werkunternehmer bei Dritten vor Baubeginn.

3. Werklohnanspruch bei freier Kündigung: Verwertung von Baumaterialien durch Rückverkauf als ersparte Aufwendungen.

4. Aufrechnung in der Insolvenz des Werkunternehmers.

 

Verfahrensgang

LG Dresden (Aktenzeichen 4 O 1020/21)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird - unter deren Zurückweisung im Übrigen - das Urteil des am 25.11.2022 verkündete Landgerichts Dresden, Az.: 4 O 1020/21 im Kostenausspruch abgeändert.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

und beschlossen:

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird für den Rechtsstreit erster und zweiter Instanz einheitlich auf 32.214,13 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Parteien streiten um eine Forderung nach Kündigung eines Werkvertrages über die Herstellung von Kränen. Die Beklagte beauftragte die Insolvenzschuldnerin - deren Vermögen nunmehr der Kläger verwaltet - mit der Herstellung von Kränen und Zubehör. Später kündigte die Beklagte den Werkvertrag. Streitig ist, ob ein Kündigungsgrund vorlag oder ob es sich um eine freie Kündigung handelte. Der Kläger begehrt für die Insolvenzschuldnerin pauschaliert entgangenen Gewinn und Ersatz der Kosten, die sie aufgewendet hatte, um ihrerseits bei Zulieferern Kranbauteile einzukaufen, vermindert um den Erlös durch den Rückverkauf der Kranbauteile.

Der Kläger berechnet die Klageforderung wie folgt:

4.472,50 EUR kalkulierter Gewinn (5 % aus 89.450 EUR)

17.719,09 EUR und

17.681,29 EUR Kosten für Zulieferung von S... Krantechnik

-26.000,00 EUR Rückerstattung von S... Krantechnik

5.400,00 EUR Kosten für Zulieferung von Fördertechnik T...

-2.521,00 EUR Rückerstattung von Fördertechnik T...

3.182,86 EUR USt. auf alles

19.934,74 EUR Klageforderung

Die Beklagte wendet sich gegen die Forderung und rechnet zudem mit einem Betrag von 23.450,00 EUR auf, den sie als Abschlag unmittelbar nach Abschluss des Werkvertrages an die Insolvenzschuldnerin zahlte.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es fehle an einer den Maßstäben der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum gekündigten Pauschalpreisvertrag genügenden Abrechnung der bereits erbrachten Leistungen in Abgrenzung zu der nicht erbrachten Leistung. Streitig sei der Vertragsumfang hinsichtlich des Nachtrages über 19.450 EUR, weil nicht klar sei, was damit bestellt wurde. Weiter sei streitig, ob die Kündigung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B oder nach § 649 BGB a.F. als freie Kündigung erfolgte. Das könne aber alles dahingestellt bleiben, weil der Kläger die Leistungen nicht ordnungsgemäß abgerechnet habe. Verlangt werde als erster Schritt der Abrechnung eine Abgrenzung der erbrachten Leistungen von den kündigungsbedingt nicht erbrachten Leistungen. Soweit Einheitspreise vereinbart sind, ist die Abgrenzung in der Regel anhand des Leistungsverzeichnisses möglich, bei Pauschalpreisen ebenfalls, wenn der Pauschalierung ein bepreistes Leistungsverzeichnis o.ä. zugrunde lag. Ist dies nicht der Fall, sei der Pauschalpreis in geeigneter Weise, etwa anhand der Kalkulation des Unternehmers auf erbrachte Leistungen und nicht erbrachte Leistungen aufzuteilen - "Abrechnung von unten". Von der Vergütung für nicht erbrachte Leistungen seien sodann ersparte Aufwendungen abzuziehen. Das sei hier nicht erfolgt. Der Kläger könne sich hier nicht darauf beschränken, allein die Erstattung der tatsächlichen Aufwendungen, die bis zur Kündigung des Vertrages entstanden seien, sowie den Gewinn entsprechend der gesetzlichen Vermutung in § 649 BGB zu verlangen. Überdies sei die am 18.07.2017 geleistete Abschlagszahlung von 23.450,00 EUR einzupreisen, da sie nicht bereits in der Insolvenzmasse aufgegangen sei.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Das Landgericht irre, wenn es davon ausgehe, dass nur eine "Abrechnung von unten" zulässig sei. Zum Zeitpunkt der Kündigung habe die Insolvenzschuldnerin noch keine Leistungen erbracht, erbrachte / nicht erbrachte Leistungen können daher nicht abgegrenzt werden. Er verlange Ersatz seiner Aufwendungen, hier Stornierungskosten für zugekaufte Bauteile und entgangenen Gewinn in gesetzlich vermuteter Höhe. Die Abschlagszahlung der Beklagten (23.450 EUR) sei wegen § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht zu berücksichtigen und nicht zu verrechnen.

Der Kläger beantragt:

Das Urteil des Landgerichtes Dresden vom 25.11.2022 - Aktenzeichen 4 O 1020/21 - wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Insolvenzmasse des beim Amtsgericht Dresden unter dem Aktenzeichen 533 IN 1370/17 geführten Insolvenzverfahrens einen Betrag in Höhe von EUR 19.934,74 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.11.2020 und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 984,60 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkt...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge