Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuererstattungen und -nachzahlungen im Zugewinnausgleich
Leitsatz (amtlich)
Steuererstattungsansprüche, die vor dem für die Berechnung des Zugewinns maßgeblichen Stichtag entstanden sind, unterliegen dem Zugewinnausgleich. Die neuere Rechtsprechung des BGH zur unterhaltsrechtlichen Behandlung von Abfindungen (vgl. etwa BGH, Urt. v.15.11.2000 - XII ZR 197/98, FamRZ 2001, 278 = NJW 2001, 439; Urt. v. 11.12.2002 - XII ZR 27/00, FamRZ 2003, 432 = NJW 2003, 1396; Urt. v. 21.4.2004 - XII ZR 185/01, FamRZ 2004, 1352 = NJW 2004, 2675) ändert hieran nichts.
Normenkette
BGB §§ 1373, 1375-1376, 1378
Verfahrensgang
AG Leipzig (Urteil vom 25.11.2009; Aktenzeichen 330 F 3716/04) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Antragsgegners wird das Urteil des AG - Familiengericht - Leipzig vom 25.11.2009 - 330 F 3716/04, berichtigt durch Beschluss des AG vom 18.1.2010, unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin 4.014,19 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 30.8.2009 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2. Die Berufung der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Antragstellerin 88 %, der Antragsgegner 12 %.
Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Antragstellerin 35 %, der Antragsgegner 65 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Seite kann die Vollstreckung der anderen Seite durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Das Berufungsverfahren ist 33.787,26 EUR wert.
Gründe
I. Die Parteien streiten um den Zugewinnausgleich.
Auf den am 23.12.2004 zugestellten Scheidungsantrag wurde die am 7.4.1988 geschlossene Ehe der Parteien am 29.8.2009 rechtskräftig geschieden. Die Folgesache Zugewinnausgleich wurde abgetrennt.
Das Familiengericht hat den Antragsgegner mit Urteil vom 25.11.2009, berichtigt mit Beschluss vom 18.1.2010, zur Zahlung von 16.489,36 EUR zzgl. Zinsen verurteilt. Die Widerklage hat das Familiengericht abgewiesen. Beide Seiten haben gegen das ihnen jeweils am 30.11.2009 zugestellte Urteil am 29.12.2009 Berufung eingelegt und jeweils am 1.2.2010, einem Montag, begründet.
Im Berufungsverfahren sind nur noch einzelne Vermögenspositionen zwischen den Parteien streitig.
1. Beide Seiten sind unterschiedlicher Meinung hinsichtlich der Einbeziehung von Steuernachzahlungen und -erstattungen.
Die Parteien unterlagen bereits in den Jahren 2002 und 2003 einer getrennten steuerlichen Veranlagung. Nach den vorgelegten Steuerbescheiden aus dem Jahr 2005 stehen der Antragstellerin Steuerrückerstattungen i.H.v. 7.577,06 EUR (für 2002) und 3.837,84 EUR (für 2003) zu. Den Antragsgegner treffen für denselben Zeitraum nach den Steuerbescheiden aus 2005 Nachzahlungsverpflichtungen i.H.v. 11.292,31 EUR (für 2002) und 8.055,75 EUR (für 2003).
Das Familiengericht hat von einer Einbeziehung abgesehen. Es hat gemeint, die Steuerschulden und -erstattungen seien erst nach dem Stichtag entstanden. Der Antragsgegner hält dies für unzutreffend. Die Antragstellerin meint, eine Berücksichtigung beim noch in erster Instanz anhängigen Verfahren wegen Trennungsunterhalts sei sachgerechter. Gegen eine Berücksichtigung im Zugewinnausgleich spreche dann das Verbot der Doppelberücksichtigung.
2. Uneins sind die Parteien auch hinsichtlich der Bewertung der Arztpraxis der Antragstellerin. Nach einem von den Parteien eingebrachten Privatgutachten der K. (nachfolgend: K., zum Gutachten vgl. u.a. die Schreiben der K. vom 28.7.2005, 27.9.2005, 10.2.2006) ermittelte die betriebswirtschaftliche Beraterin der K. zwei Werte. Nach der "Methode der Übergewinnverrentung" betrage der Praxiswert zwischen 40.000 EUR und 42.000 EUR. Nach der "Bundesärztekammermethode" betrage der Praxiswert zwischen 51.000 EUR und 53.000 EUR. Die Antragstellerin meint, die "Methode der Übergewinnverrentung" sei die richtige, der Antragsgegner vertritt das Gegenteil. Die Antragstellerin meint darüber hinaus, das Familiengericht habe übersehen, eine sog. "latente Steuerlast" vom Wert der Praxis abzusetzen.
3. Die Gutachterin hat bestimmte, von der Antragstellerin näher bezeichnete Forderungen von insgesamt 6.903,21 EUR und Verbindlichkeiten von insgesamt 6.006,97 EUR (die Einzelheiten ergeben sich aus der Berufungsbegründung der Antragstellerin vom 1.2.2010, dort S. 6, 7) aus dem Geschäftsbetrieb der Arztpraxis nicht in das Gutachten eingestellt. Das Familiengericht hat diese Positionen im Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt. Die Antragstellerin hält dies für fehlerhaft.
Der Antragsgegner behauptet, dass die in dem Betrag von 6.903,21 EUR enthaltenen privatärztlichen Honorarforderungen i.H.v. 2.699,86 EUR (dazu auch K 80) zu niedrig seien. Die Antragstellerin h...