Verfahrensgang
LG Görlitz (Aktenzeichen 5 O 199/14) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 04.12.2015 - 5 O 199/14 - werden zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
III. Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 56.907,51 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen behaupteter fehlerhafter ärztlicher Behandlung.
Die am ... geborene Klägerin stürzte am Morgen des 04.06.2012 auf einer Treppe. Sie zog sich eine Oberarmkopfluxationsfraktur rechts zu. Noch am selben Tag wurde sie in der ...kliniken gGmbH operiert, wobei die Fraktur durch Osteosynthese mit Dreiloch Philus-Platten versorgt wurde. Ab dem 12.06.2012 wurde sie durch den Beklagten ambulant weiterversorgt. Der Beklagte stellte am 09.07.2012 die Indikation zur radiologischen Kontrolle und hielt in seinem Befund einen exakten Frakturstand und eine feste Platte für gegeben. Er dokumentierte im weiteren Verlauf eine deutlich eingeschränkte Beweglichkeit und verordnete Physiotherapie. Ab September/Oktober 2012 trat eine Befundverschlechterung ein. Am 08.10.2012 überwies der Beklagte die Klägerin an einen Neurologen zur Überprüfung einer nervalen Läsion. Der Neurologe stellte am 06.11.2012 eine Nervus Axillares-Läsion fest. Bei einer weiteren Röntgenkontrolle am 16.01.2013 wurde eine Pseudarthrose und eine partielle Oberarmkopfnekrose festgestellt. Am 07.02.2013 wurde eine Computertomografie der rechten Schulter angefertigt. Die Fraktur war nicht durchbaut, und es bestand eine Schraubendislokation. Am 14.06.2013 wurden in der X. in Y. die Platten und Schrauben entfernt.
Die Klägerin hat vorgetragen, die Behandlung des Beklagten sei grob fehlerhaft gewesen. Es hätten postoperative Röntgenkontrollen nach zwei, vier und sechs Wochen stattfinden müssen. Die Röntgenaufnahme vom 09.07.2012 sei falsch befundet worden. Dort sei schon eine Dislokation des Humeroskopfes und eine Erweiterung des Frakturspaltes erkennbar gewesen. Unter Berücksichtigung der noch stark eingeschränkten Beweglichkeit hätte eine Vorstellung beim Operateur oder zumindest eine Beiziehung der postoperativen Röntgenaufnahme erfolgen müssen. Auch nach dem 09.07.2012 hätten regelmäßige radiologische Kontrollen durchgeführt werden müssen. Zumindest hätte der Beklagte bereits bei einem Verdacht einer nervalen Läsion im Oktober 2012 eine Röntgenkontrolle veranlassen müssen. Es sei wegen der verzögerten Untersuchung zu einer weiteren Zerstörung des Schultergelenkes durch das Reiben der gelockerten Platte und der zu langen Schrauben gekommen. Aufgrund des Fehlers sei es zu massiven Gesundheitsschäden der Klägerin gekommen. Sie habe andauernde Beschwerden und Schmerzen. Darüber hinaus sei die Beweglichkeit des Schultergelenkes stark eingeschränkt. Perspektisch sei ein neues Schultergelenk geplant. Ein Schmerzensgeld von 30.000,00 EUR sei angemessen. Darüber hinaus sei die Klägerin in ihrer Haushaltsführung zumindest zu 25 % eingeschränkt. Das MDK-Gutachten belege die Behandlungsfehler des Beklagten.
Die Beklagten haben behauptet, die fortbestehenden Beeinträchtigungen seien auf den komplizierten Bruch zurückzuführen, den die Klägerin erlitten habe. Engmaschigere Röntgenkontrollen seien nicht veranlasst gewesen, und das Röntgenbild vom 09.07.2012 weise einen exakten Frakturstand, eine feste Platte bei noch unvollständigem knöchernen Durchbau auf. Es liege eine korrekte Befundung vor. Der unbefriedigende Heilungsverlauf sei schicksalhaft. Unzutreffend sei, dass bei früherer Diagnose einer Pseudarthrose oder einer Nekrose eine frühere operative Intervention erfolgt wäre. Die behaupteten Schäden werden bestritten. Das Schmerzensgeld sei überhöht.
Das Landgericht Görlitz hat ein Sachverständigengutachten eingeholt, der Klage i.H.v. 1.000,00 EUR stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 04.12.2015 Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie ist der Auffassung, das Urteil des Landgerichts sei fehlerhaft, weil es übersehe, dass der Beklagte die vorliegende Röntgenaufnahme vom 09.07.2012 nicht zutreffend interpretiert und nicht erkannt habe, dass eine Fehlstellung der Verschraubung vorgelegen habe. Der Beklagte hätte die Klägerin auch nicht bereits zum 01.07.2012 als arbeitsfähig beurteilen dürfen. Die unterlassene Röntgenkontrolle im September und Oktober 2012 stelle einen groben Behandlungsfehler dar. Es hätte sich ein reaktionspflichtiger Befund ergeben, denn die beginnende Nekrose wäre mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erkannt worden. Dies habe der Sachverständige fes...