Verfahrensgang
LG Chemnitz (Aktenzeichen 5 O 1502/13) |
Tenor
1. Das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 11.11.2016, 5 O 1502/13, wird teilweise abgeändert und die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, über die bereits zugesprochenen 11.252,74 EUR nebst Zinsen hinaus an den Kläger a) weiteres Schmerzensgeld von 3.000,00 EUR und
b) weitere 313,18 EUR zu bezahlen, jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.07.2015.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Beklagten als Gesamtschuldner. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
4. Dieses Urteil sowie das unter Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Chemnitz sind vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von der Darstellung des Sachverhaltes wird abgesehen, §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO.
II. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache zum Teil Erfolg und führt zur Verurteilung der Beklagten, an den Kläger insgesamt weitere 3.313,18 EUR nebst Zinsen zu bezahlen.
Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner Anspruch auf Erstattung weiteren materiellen Schadens in Höhe von 313,18 EUR.
Der Anspruch gegen den Beklagten zu 1) als Halter und Fahrer des am Unfall beteiligten Pkw folgt aus § 7 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 StVG, die der Beklagten zu 2) als Haftpflichtversicherer aus § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG.
Die Voraussetzungen dieser Haftungsnormen stehen zwischen den Parteien außer Streit.
2. Die Haftung der Beklagten ist nicht durch ein Mitverschulden des Klägers gemindert.
a) Entgegen der Meinung der Beklagtenseite muss der Kläger nicht beweisen, dass der Unfall für ihn unabwendbar war. Nach den von keiner Seite angegriffenen Feststellungen des Landgerichts war der Kläger weder Halter noch Führer der landwirtschaftlichen Arbeitsmaschine des Zeugen A. Z., sondern leistete diesem lediglich Pannenhilfe. Demnach kommt auch § 17 Abs. 3 StVG nicht zur Anwendung.
b) Nach den Feststellungen des Landgerichts ergibt sich kein die Haftung der Beklagten minderndes Mitverschulden des Klägers im Sinne der §§ 9 StVG, 254 BGB.
Demnach fuhr der Beklagte zu 1) mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h und einem sehr geringen Seitenabstand von weniger als einem Meter an der innerorts liegengebliebenen Arbeitsmaschine vorbei und erfasste den Kläger, der dort Starthilfe leistete. Diese Feststellungen werden von den Parteien nicht angegriffen und lassen auch sonst keine Fehler erkennen.
Dieses Verhalten des Beklagten zu 1) ist verkehrswidrig und grob rücksichtslos. Er fuhrt mit den Umständen in keiner Weise angepasster Geschwindigkeit viel zu dicht an dem am Fahrbahnrand stehenden Fahrzeug vorbei, obwohl für ihn erkennbar war, dass sich Personen an dem Fahrzeug und auf der Fahrbahn aufhielten. Wie der Sachverständige B. in seinem Gutachten vom 13.11.2014 (vgl. Kopie der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Chemnitz, Bl. 153 f.) bestätigte, hätte der Beklagte zu 1) den Unfall auch ohne Weiteres vermeiden können, wenn er auf Schrittgeschwindigkeit abgebremst und einen größeren Seitenabstand eingehalten hätte. Das wäre möglich gewesen, obwohl leicht versetzt am gegenüberliegenden Straßenrand der Pkw des Klägers abgestellt war, und war vom Beklagten zu 1) auch zu fordern.
Mit seiner Fahrweise verstieß der Beklagte zu 1) grundlegend gegen seine aus § 3 Abs. 1 StVO folgende Pflicht, die Geschwindigkeit den Verkehrsverhältnissen anzupassen, außerdem gegen das allgemeine Gebot der Rücksichtnahme, § 1 StVO.
Angesichts dieses erheblichen schuldhaften Verkehrsverstoßes des Beklagten zu 1) tritt ein etwaiges Mitverschulden des Klägers zurück. Dabei geht der Senat zugunsten der Beklagten davon aus, dass der Kläger sich unmittelbar vor der Kollision einen Schritt nach hinten, in Richtung der Fahrbahnmitte bewegte. Dies kann ein allenfalls leichtes Mitverschulden begründen, das gegenüber dem schweren Verschulden des Beklagten zu 1) zurückzutreten hat. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte zu 1) mit einem solchen Verhalten rechnen konnte und musste.
Kein Mitverschuldensvorwurf lässt sich daraus herleiten, dass der Kläger seinen Pkw am gegenüberliegenden Fahrbahnrand, versetzt zum Standort der landwirtschaftlichen Zugmaschine, abgestellt hatte. Dieser Umstand verstärkte sogar die Pflicht des Beklagten zu 1), seine Geschwindigkeit vor der Kollisionsstelle auf Schrittgeschwindigkeit zu reduzieren, was er nicht annähernd tat.
c) Dem Kläger sind als Folge des Unfalls Fahrtkosten in Höhe von 65,00 EUR und ein Verdienstausfall von 1.500,92 EUR entstanden. Die zugrunde liegenden Feststellungen des Landgerichts (vgl. Urteil S. 11 und 12) sind zutreffend und werden auch vom Kläger mit der Berufung nicht angegriffen.
Hiervon sprach das Landgericht dem Kläger ausgehend von einer Haftungsquote von 20 % zu 80 % folgerichtig einen Betrag von 1.252,74 EUR zu. Damit steht bei einer 100%igen Haftung der Beklagtenseite noch ...