Leitsatz (amtlich)
1. Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte von Einfamilienhausgrundstücken, die durch eine über private Grundstücke führende Trinkwasserleitung erschlossen werden, welche zu DDR-Zeiten vom zuständigen VEB WAB geplant, errichtet und finanziert worden ist, können weder als Handlungsstörer noch als Zustandsstörer auf Beseitigung, Duldung der Beseitigung oder Unterlassung der Nutzung der Trinkwasserversorgungsleitung in Anspruch genommen werden.(Rz. 5)
2. Eine solche Trinkwasserleitung ist eine als Hausanschluss i.S.v. § 10 AVBWasserV zu qualifizierende öffentliche Versorgungsleitung.(Rz. 10)
Normenkette
BGB § 1004; AVBWasserV § 10
Verfahrensgang
LG Zwickau (Urteil vom 09.11.2011; Aktenzeichen 7 O 294/10) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Zwickau vom 9.11.2011 - 7 O 294/10, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin mit Ausnahme der durch die Nebenintervention entstandenen Kosten, die die Streithelferin trägt.
3. Das Urteil des Senats und das Urteil des LG sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Wert des Streitgegenstands des Berufungsverfahrens beträgt 15.000 EUR.
Gründe
I. Von der Darstellung des Sachverhalts wird abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist, §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin kann von dem Beklagten weder aus § 1004 BGB noch aus § 10 Abs. 4 AVBWasserV oder aus einem anderen Grund Beseitigung bzw. Duldung der Beseitigung oder Unterlassung der Nutzung der in Rede stehenden Wasserversorgungsleitung verlangen.
Über die beklagtenseits im Wege der Anschließung hilfsweise gestellten Anträge war nicht zu befinden, da der Senat die streitgegenständliche Wasserversorgungsleitung als Teil der öffentlichen Wasserversorgung ansieht.
1. Ein Anspruch des Klägers aus § 1004 BGB auf Beseitigung der über das klägerische Grundstück verlaufenden Leitung besteht nicht, da es jedenfalls an der Störereigenschaft der Beklagten fehlt.
An der fortbestehenden Eigentümerstellung der Klägerin an dem in Rede stehenden Grundstück Nr.. (. straße..) besteht kein ernsthafter Zweifel. Ihre Eintragung als Eigentümer ist dem Grundbuchauszug des Grundbuchamtes H. (K 8) zu entnehmen und steht zwischen den Parteien letztlich außer Streit. Inwieweit den Erwerbern W. als Auflassungsberechtigte daneben Anwartschaftsansprüche zustehen, kann offen bleiben.
a) Nach der Rechtsprechung ist unmittelbarer Handlungsstörer, wer durch seine Handlung oder Unterlassung selbst schon die Beeinträchtigung bewirkt (BGH NJW 1983, 751), mittelbarer Handlungsstörer, wer die Beeinträchtigung durch die Handlung eines Dritten adäquat verursacht hat (BGH NJW 2000, 2901).
Keine dieser Voraussetzungen ist in Person der Beklagten erfüllt. Sie haben weder die Leitung selbst verlegt noch deren Verlegung - durch Dritte - zurechenbar veranlasst. Ausweislich der Nutzungsüberlastungsurkunden (Anlagen z.B. B 1, B 5), ist den Beklagten das Nutzungsrecht an dem Grundstück und damit die erstmalige Möglichkeit der Inanspruchnahme der Trinkwasserleitung erst im Jahre 1981 übertragen worden. Zu jenem Zeitpunkt war die Trinkwasserleitung bereits - seit 1978 - von den seinerzeit maßgeblichen Stellen, insbesondere dem Rat der Stadt K. und dem VEB W. K. geplant, errichtet und finanziert worden.
b) Zustandstörer einer Anlage, die fremdes Eigentum beeinträchtigt, ist nicht lediglich derjenige, in dessen Eigentum/Besitz die störende Anlage steht oder der sie errichtet hat, sondern auch derjenige, der die Anlage hält und von dessen Willen die Beseitigung abhängt (BGH NJW-RR 2003, 953) und durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende Zustand aufrechterhalten wird. Ob dies der Fall ist, kann nicht allein begrifflich, sondern nur in einer wertenden Betrachtung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles festgestellt werden. Entscheidend ist, ob es Sachgründe dafür gibt, dem Eigentümer oder Nutzer der störenden Sache die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen (BGH NJW 2007, 432 m.w.N.). Daran fehlt es für den Verbraucher in Bezug auf eine der öffentlichen Wasserversorgung dienenden Leitung (vgl. BGH, Urt. v. 3.2.2012 - ZR 173/11, zitiert nach juris).
0Um eine solche handelt es sich vorliegend bei der auf dem klägerischen Grundstück befindlichen Leitung. Die in Rede stehende Trinkwasserleitung stellt als öffentliche Versorgungsleitung einen Hausanschluss i.S.d. § 10 AVBWasserV dar, verstanden als Verbindung des Verteilnetzes (Leitung von der Straße "A. S.") mit der Anlage des jeweiligen Anschlussnehmers (den Beklagten). Dabei erfolgt nur der letzte Teil ("Stichanschluss", vgl. Plan wie in Anlage 1, Anlagenband Streithelfer) im privaten Bereich der Beklagten. Davon sind seinerzeit auch die Beteiligten ausgegangen. Dies beweist die Heranziehung der Beklagten zur Tragung nur der hierfür angefallenen Verlegungskosten. A...