Leitsatz (amtlich)

Bemessung des Haushaltsführungsschadens

 

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Dresden 22. Februar 2019 - 10 O 1446/17 - und des Urteils des Senats vom 20. September 2019, soweit dieses die Klage abgewiesen hat, verurteilt, an die Klägerin 2.903,51 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins

seit dem 10. Juni 2013 aus 482,97 EUR,

seit dem 12. Oktober 2015 aus 1.873,19 EUR,

und im Übrigen seit 27. Juli 2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist vorläufig gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.467,59 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Ersatz des Haushaltsführungsschadens nach einem Verkehrsunfall für den Zeitraum vom 12. Juni 2012 mit Unterbrechungen bis zum 31. Mai 2017 und die Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte ist die gesetzliche Unfallversicherung der Geschädigten. Nachdem sie gegenüber der Geschädigten Leistungen auch in Form einer Unfallrente erbringt, macht sie Ansprüche aus abgeleitetem Recht geltend. Die Beklagte und Berufungsklägerin ist die Kfz-Haftpflichtversicherung der Schädigerin.

Das landgerichtliche Urteil, auf das im Übrigen verwiesen wird (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO), ist zum besseren Verständnis der hiesigen Entscheidung wie folgt auszugsweise wiederzugeben:

Die Haftungsquote der Schädigerin aus dem auf einem Arbeitsweg der Geschädigten erlittenen Verkehrsunfall vom 8. Juni 2011 beträgt 100 %. Bei dem Unfall erlitt die damals 56-jährige Geschädigte u.a. einen Bruch des Schlüsselbeins (laterale Klavikulafraktur Typ 2b) mit kompliziertem Heilungsverlauf. Sie leidet dauerhaft unter "erheblichen Bewegungseinschränkungen der linken Schulter einschl. Schmerzsymptomatik und Kraftminderung". Rentenrechtlich wurde bei ihr für die Zeit bis Februar 2014 ein MdE von 25 % und ab dann von 20 % festgestellt.

Die Geschädigte arbeitete zum Zeitpunkt des Unfalls als Raumpflegerin für 25 Stunden pro Woche. Dieselbe Arbeit setzte sie im selben Umfang nach einjähriger Krankschreibung fort. Sie lebt mit ihrem im Oktober 1950 geborenen Ehemann, der bis November 2011 vollzeitig erwerbstätig war, in häuslicher Gemeinschaft. Die gemeinsame Wohnung befindet sich in einem Zweifamilienhaus, das auch von den 1922 und 1926 geborenen Schwiegereltern der Geschädigten mitbewohnt wird, und hat eine Fläche von ca. 65 m2. Sie ist mit einem Zier- und Nutzgarten von ca. 350 m2 Fläche verbunden.

Die Klägerin mahnte die Beklagte am 6. Juni 2013 und am 8. Oktober 2015 jeweils wegen der bis dahin entstandenen Ansprüche.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 10.266,89 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 10. Juni 2013 aus 1.139,47 EUR, seit dem 12. Oktober 2015 aus 5.408,01 EUR, im Übrigen seit 27. Juli 2017 zu zahlen und

2. festzustellen, dass die Beklagte über den Anspruch aus Ziffer 1 des Tenors hinaus der Klägerin aus übergegangenem Recht der Geschädigten Frau U...... G......, geb. am 10. November 1954, auf Schadenersatz aufgrund des Verkehrsunfalls vom 8. Juni 2011 um 7:15 Uhr auf der D...... Straße/F......straße haftet, soweit die Klägerin Sozialleistungen erbracht hat bzw. noch zu erbringen haben wird, die mit den Schadenersatzansprüchen der Geschädigten, insbesondere dem Anspruch auf Schadenersatz wegen der Minderung der Fähigkeit zur Haushaltsführung, sachlich und zeitlich kongruent sind.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat der Klage nach Vernehmung der Geschädigten und ihres Ehemannes als Zeugen stattgegeben. Es stützt sich im Wesentlichen darauf, die Geschädigte sei unfallbedingt in ihrer Haushaltsführung beeinträchtigt, die sie auch nicht vollständig habe durch Umorganisation kompensieren können. Die zeitlichen Angaben zu ihrer Hausarbeit seien plausibel. Tätigkeiten für die Schwiegereltern und im Garten seien zu berücksichtigen. Vor dem Unfall habe die Geschädigte 35 Stunden Hausarbeit pro Woche geleistet. Dies habe sich durch den Unfall nicht geändert. Vielmehr seien im streitgegenständlichen Zeitraum etwa 6 Stunden Hausarbeit des Ehemannes hinzugekommen. Für den Wert der Hausarbeit könne nicht auf Tarifverträge zurückgegriffen werden. Zugrunde sei vielmehr ab 2015 der Mindestlohn zu legen. Bei einem Bruttoverdienst von danach 8,50 EUR/h sei mit einem Nettolohn von 6 EUR/h zu rechnen. Hieraus ergebe sich ein Betrag, der den geltend gemachten Schaden noch übersteige.

Mit ihrer Berufung wendet die Beklagte dagegen ein, dass es für die Bemessung des Haushaltführungsschadens darauf ankomme, welche Tätigkeiten zur Gewährleistung der Lebensführung des Unterhaltsberechtigten erforderlich wären und was eine professionelle Haushaltshilfe, die einer streng wirtschaftl...

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