Leitsatz (amtlich)
Bei vor dem 01.01.2018 begangenen Amtspflichtverletzungen des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers haftet dieser, obwohl er Gebührenbeamter ist, nicht selbst, sondern der Freistaat Sachsen.
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 27.01.2021, Az.: 1 O 388/17, hinsichtlich der Kostenentscheidung aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für den Beklagten jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn dieser nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus übergegangenem Recht hinsichtlich eines Brandes vom 19.11.2014 in einer Gaststätte in 00000 F... geltend, bei der der Beklagte als (Bezirks-)Schornsteinfeger am 18.09.2014 eine Feuerstättenschau durchgeführt hatte.
Auf das erstinstanzliche Urteil wird hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts, der getroffenen tatsächlichen Feststellungen sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge im Tatbestand Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage durch Zwischenurteil dem Grund nach für gerechtfertigt erklärt. Der Beklagte hafte persönlich und sei somit passivlegitimiert. Er könne sich nicht auf eine Überleitung des Anspruches gemäß Art. 34 Satz 1 GG auf den Freistaat Sachsen berufen, da eine solche Anspruchsüberleitung durch entsprechende Anwendung von § 1 Abs. 3 des Preußischen Beamtenhaftungsgesetz vom 01.08.1909 (BeamtHaftG PR) ausgeschlossen sei. Zur Begründung könne insoweit auf eine Entscheidung des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 09.08.2006, Az: 6 U 407/06, (vgl. dazu Oberlandesgericht Dresden Urt. v. 09.08.2006, Az: 6 U 407/06, juris) verwiesen werden, nach der eine vergleichbare Interessenlage eine entsprechende Anwendung dieser Grundsätze gebiete.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Gegen dieses ihm am 02.02.2021 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit am selben Tag beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz vom 12.02.2021 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 11.03.2021, der am selben Tag bei Gericht eingegangen ist, wie folgt begründet:
Zu Unrecht sei das Landgericht von einer persönlichen Haftung des Beklagten ausgegangen. Tatsächlich sei eine Passivlegitimation nicht gegeben. Der Beklagte sei weder Reichsbeamter, noch finde das Preußische Beamtenhaftungsgesetz Anwendung. Auch eine Analogie komme nicht in Frage. Entgegen der Rechtsansicht des Landgerichts fehle es an einer Vergleichbarkeit. In der Entscheidung des 6. Zivilsenates des Oberlandgerichts Dresden sei es um einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur in Sachsen gegangen, der mit dem Beklagten als Bezirksschornsteinfeger nicht vergleichbar sei. Bei dem Sächsischen Vermessungsgesetz handle es sich um ein Landesgesetz, während für den Beklagten ein Bundesgesetz maßgeblich sei. Dieses enthalte weder den Begriff des Beliehenen noch sei darin eine Pflicht zum Abschluss einer Versicherung vorgesehen. Nach Art. 34 GG solle jeder geschützt werden, der durch eine Amtshandlung Schaden erleide. Wenn der Schädiger nicht liquide sei, sei dies jedoch nicht gewährleistet. Auch andere Gerichte hätten daher eine persönliche Haftung eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers abgelehnt (OLG München Urt. v. 29.01.2004, Az: 1 U 4881/03, OLG Karlsruhe, Urt. v. 31.08.2006, Az: 12 U 60/06, jeweils juris, Thüringer Oberlandesgericht, Urt. v. 07.01.1998, Az: 4 U 768/97, u.a. Landgerichte). Im Übrigen hätte das Zwischenurteil auch nicht ergehen dürfen, weil ein erhebliches Mitverschulden des Ehemanns der Versicherungsnehmerin anzunehmen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 11.03.2021 Bezug genommen.
Der Beklagte beantragt:
Das Zwischenurteil über den Grund vom 27.01.2021 des Landgerichts Görlitz, Az: 1 O 388/17 wird aufgehoben und die Klage insgesamt kostenpflichtig abgewiesen.
Die Klägerin beantragt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil:
Zu Recht sei das Erstgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte passivlegitimiert sei. Die vom Landgericht zugrunde gelegte Entscheidung des 6. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Dresden sei auch weiterhin zutreffend. Soweit der Senat darauf hinweise, dass F... nie zu Preußen gehört habe, könne dies von der Klägerin nicht ohne weitere Informationen bewertet werden. Nach dem Wiener Kongress habe zumindest die Hälfte der Oberlausitz, zu der auch F... zähle, zu Preußen gehört. Zu welcher Hälfte F... gehört habe, sei für sie nicht ersichtlich. Im ...