Leitsatz (amtlich)
Ergibt eine Feuerstättenschau die Notwendigkeit des Ausbrennens eines Kamins, so wird der Bezirksschornsteinfeger auch beim Ausbrennen hoheitlich tätig.
Im Bereich des früheren Landes Baden besteht für Bezirksschornsteinfeger keine Ausnahme von der Haftungsüberleitung des Art. 34 Satz 1 GG.
Verfahrensgang
LG Mannheim (Entscheidung vom 20.01.2006; Aktenzeichen 4 O 26/04) |
Tenor
1.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 20.01.2006 - 4 O 26/04 - wird zurückgewiesen.
2.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der beklagte Bezirksschornsteinfeger stellte bei einer Feuerstättenschau fest, dass sich im Kamin des Lokals der Klägerin stark fetthaltiger Ruß (sog. "Glanzruß") niedergeschlagen hatte. Die hierdurch bedingte erhöhte Brandgefahr wollte der Beklagte durch ein sog. "kontrolliertes laminares Ausbrennen" beheben. Das Feuer geriet dabei außer Kontrolle. Der Umfang der Brandschäden ist zwischen den Parteien ebenso streitig wie die Verantwortlichkeit des Beklagten. Das Landgericht hat die Klage mangels Schadensnachweis abgewiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klägerin, die in M. ein Restaurant mit griechischer Küche betreibt, begehrt vom Beklagten, einem Bezirksschornsteinfegermeister, Ersatz eines Brandschadens.
Am 04.12.2002 stellte der Beklagte anlässlich einer Feuerstättenschau fest, dass sich im Kamin stark fetthaltiger Ruß (sog. "Glanzruß") niedergeschlagen hatte. Die hierdurch bedingte erhöhte Brandgefahr wollte der Beklagte am 17.04.2003 gegen 9.20 Uhr durch ein sog. "kontrolliertes laminares Ausbrennen" beheben. Hierbei wird eine Schale mit brennendem Material von oben in den Kamin eingeführt und langsam herabgelassen. Auf diese Weise soll erreicht werden, dass sich der an den Kaminwänden sitzende Ruß entzündet und langsam abbrennt. Das Feuer geriet allerdings außer Kontrolle. Unter anderem schlugen die Flammen auch in das im Erdgeschoss liegende Restaurant. Der Umfang der hierdurch verursachten Schäden ist zwischen den Parteien ebenso streitig wie die Verantwortlichkeit des Beklagten.
Die Klägerin hat behauptet, sie habe das Restaurant wegen der Schäden in der Zeit vom 17.04.2003 bis 22.5.2003 nicht betreiben können. Die Beklagte macht für diese Zeit einen Gewinnausfall von 55.669,09 EUR geltend. Hierauf wurde vom Versicherer der Klägerin ein Betrag von 21.455.- EUR erstattet. Die Differenz von 34.214,09 EUR ist Gegenstand der Klage. Für die Zeit vom 23.05.2003 bis zum 31.12.2003 macht die Klägerin einen weiteren Schaden in Höhe von 38.231,58 EUR geltend. Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie ohne das Schadensereignis bereits im Jahr 2003 einen Rohertrag von 302.597,05 EUR hätte erwirtschaften können. Die Differenz zwischen dem tatsächlich erzielten Rohertrag (217.300,15 EUR) und dem ohne das Schadensereignis erzielbaren Rohertrag (302.597,05 EUR) beträgt 38.213,58 EUR.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 72.445,67 EUR nebst Zinsen seit dem 17.4.2003 aus 34.214,09 EUR und aus 38.231,58 EUR seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bestreitet, dass der Schaden von ihm zu vertreten ist. Der Brand sei entstanden, weil sich eine für ihn unvorhersehbare große Menge Fett im Kamin befunden habe. Dieses habe sich kurz nach dem Beginn des Abrennvorgangs gelöst und entzündet. Der Schaden sei allein von der Klägerin zu vertreten. Jedenfalls treffe die Klägerin ein überwiegendes Mitverschulden. Denn die Grillanlage habe sich nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand befunden. In der Gaststätte seien zudem keine Schäden entstanden. Lediglich die Grillanlage sei beschädigt worden. Der Schaden habe innerhalb weniger Tage beseitigt werden können.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Die Haftung des Beklagten richte sich nach § 839 Abs.1 Satz 1 BGB ergeben, denn der Beklagte sei bei der Feuerstättenschau, wie sie hier stattgefunden habe, Beamter im haftungsrechtlichen Sinn, denn die Feuerstättenschau sei nach § 3 Abs.2 Satz 2 des Schornsteinfegergesetzes (SchfG) den öffentlichen Aufgaben zugeordnet und damit hoheitliche Tätigkeit. Für Amtspflichtverletzungen im Zusammenhang mit solchen Tätigkeiten hafte der Bezirksschornsteinfegermeister persönlich. Es liege auch eine objektive Amtspflichtverletzung vor, da der Zustand der Anlage dem Ausbrennen entgegengestanden habe (§ 2 Abs.1 Satz 2 KÜV). Ob der Beklagte den Brand auch verschuldet habe, bedürfe keiner Aufklärung, weil die Klägerin jedenfalls nicht bewiesen habe, dass...