Verfahrensgang
LG Dresden (Aktenzeichen 6-O-3780/06) |
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 16.000,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.01.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert beträgt 63.100,00 EUR.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz nach Durchführung einer zahnärztlichen Behandlung.
Das Landgericht Dresden hat die Klage, mit der die Klägerin Schmerzensgeld (mindestens 50.000,00 EUR), Ersatz materieller Schäden i.H.v. 3.100,00 EUR sowie Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden verlangte, mit Urteil vom 26.09.2008 abgewiesen. Auf das Urteil wird, auch zur näheren Darstellung des Sachverhalts, Bezug genommen.
Mit rechtskräftigem Grund- und Teilurteil des Senats, vom 24.09.2009, auf das insbesondere auch zur Darstellung des Berufungsvorbringens verwiesen wird, wurde die Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld dem Grunde, nach für gerechtfertigt erklärt, der Beklagte – unter Abweisung im Übrigen – zum Ersatz der materiellen Schäden i.H.v. 1.100,00 EUR nebst Zinsen verurteilt sowie – ebenfalls unter Abweisung im Übrigen – die Feststellung für künftige materielle Schäden ausgesprochen. Nun streiten die Parteien um die Höhe des angemessenen Schmerzensgeldes.
Die Klägerin behauptet, sie habe über die akute Frakturbehandlung hinaus Dauerschäden erlitten. Sie leide insbesondere unter einer Hypaesthesie der linken Unterlippe, Missempfindungen bei der Aufnahme scharf gewürzter Speisen, herunterhängenden Mundwinkeln, Schiefhaltung des Kopfes mit der Folge von Skelett- und Muskelbeschwerden, Asymmetrie des Gesichts, Narbenspannungsgefühl, Kiefergelenkschmerzen sowie Reiben und Knacken des linken Kiefergelenkes und permanenten Schmerzen.
Sie beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, wobei das Schmerzensgeld mindestens eine Höhe von 50.000,00 EUR haben sollte.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bestreitet die Kausalität der streitgegenständlichen Behandlungen für die behaupteten Folgeschäden und vertritt die Auffassung, das geltend gemachte Schmerzensgeld sei weit übersetzt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens und Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. H. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 22.09.2010 und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.03.2011, wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrens und das wechselseitige Parteivorbringen auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Auf der Grundlage der rechtskräftigen Verurteilung des Beklagten dem Grunde nach zur Zahlung von Schmerzensgeld wegen eines nicht durch eine wirksame Einwilligung gerechtfertigten Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit der Klägerin und unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalles erachtet der Senat ein Schmerzensgeld i.H.v. 16.000,00 EUR für angemessen, aber auch ausreichend.
Der Anspruch auf Schmerzensgeld soll dem Geschädigten einen Ausgleich für die erlittenen immateriellen Schäden gewähren und ihm zugleich Genugtuung für das ihm zugefügte Leid geben (vgl. BGH GrZS, Beschluss vom 06.07.1955, Az.: GSZ 1/55 – zitiert nach juris). Maßgeblich für die Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes ist daher die Gesamtbetrachtung der immateriellen Beeinträchtigungen unter besonderer Berücksichtigung der Stärke und der Dauer der Schmerzen und Leiden, des Maßes und der Dauer der Lebensbeeinträchtigung, der Dauer der Behandlung und der Arbeitsunfähigkeit, der Übersehbarkeit des weiteren Krankheitsverlaufes, der Möglichkeit der endgültigen Heilung sowie nicht zuletzt des Grades des Verschuldens des Schädigers (vgl. BGH, a.a.O.; Urteil vom 12.05.1998, Az.: VI ZR 182/97; Urteil vom 16.02.1993, VI ZR 29/92; KG Berlin, Urteil vom 06.07.1995, Az.: 12 U 2299/94; zitiert nach juris).
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat der Senat zunächst berücksichtigt, dass die Unterkieferfraktur der Klägerin über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr behandelt werden musste: Unstreitig wurde der gebrochene Unterkiefer der Klägerin nach der zahnärztlichen Behandlung durch den Beklagten am 07.04.2003 durch eine sog. intermaxilläre Immobilisation (Verschnürung des Kiefers) für mehr als sechs Wochen ruhiggestellt. Am 10.06.2003 musste die Klägerin wegen der Fraktur, insbesondere zur Entfernung des Distraktors und Trans...