Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbquote der russischen Ehefrau nach einem eingebürgerten Kasachen
Verfahrensgang
AG Mettmann (Beschluss vom 26.01.2011; Aktenzeichen 7 VI 259/10) |
Tenor
Auf die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 1) und zu 2) wird der Be-schluss des AG Mettmann - Rechtspfleger - vom 26.1.2011 - 7 VI 259/10 - geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Tatsachen, die zur Erteilung des beantragten gemeinschaftlichen Erb-scheins zu Grundbuchberichtigungszwecken erforderlich sind, werden für festgestellt erachtet.
Beantragter Erbschein:
Es wird zu Grundbuchberichtigungszwecken bezeugt, dass der am 11.12.2009 verstorbene O. H., zuletzt wohnhaft in W., von seiner Tochter, V. B., geborene H., geboren am 1.12.1953, zu ½ und seiner Ehefrau, R. H., geborene B., geboren am 20.3.1932, zu ½ gemeinschaftlich beerbt worden ist.
Das AG Mettmann - Nachlassgericht - wird angewiesen, den bean-tragten Erbschein zu Grundbuchberichtigungszwecken gemäß dem vorstehenden Wortlaut zu erteilen.
Gründe
I. Der Erblasser, geboren am 15.4.1923, der seit seiner Einbürgerung am 10.12.1992 (Bl. 22 R GA) Deutscher war, war in erster Ehe mit der am 27.12.1979 gestorbenen O. H., geborene M., verheiratet (vgl. Sterbeurkunde in der Hülle, Bl. 8 GA). Aus dieser Ehe ist ein Kind hervorgegangen, die am 1.12.1953 geborene Tochter V. - die Beteiligte zu 2) ((Ersatz-)Geburtsurkunde in der Hülle, Bl. 8 GA).
Der Erblasser hat am 22.1.1982 die Beteiligte zu 1) in A./Republik Kasachstan geheiratet (vgl. die Heiratsurkunde in der Hülle Bl. 8 GA).
Der Erblasser wurde am 10.12.1992 in die Bundesrepublik Deutschland eingebürgert (vgl. Bl. 22 R GA). Er war zuvor am 20.5.1992 von Kasachstan aus in die Bundesrepublik Deutschland gekommen und ist ausweislich des Ausweises für Vertriebene und Flüchtlinge vom 22.9.1992 (Bl. 22 GA) als Spätaussiedler anerkannt.
Am 11.12.2009 verstarb der Erblasser (vgl. Sterbeurkunde in der Hülle Bl. 8 GA). Verfügungen von Todes wegen sind nicht vorhanden.
Mit notariellem Erbscheinsantrag vom 13.4.2010 (Urkunden-Nr. 529/2010 des Notars Dr. S. in V.) beantragten die Beteiligten zu 1) und 2) die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins dahin, dass der Erblasser von ihnen, den Beteiligten zu 1) und 2) - zu ½ beerbt worden ist.
Das AG Mettmann - Nachlassgericht, Rechtspfleger - wies durch Beschluss vom 6.1.2011 den Antrag zurück, weil nicht festgestellt werden könne, dass der Erbe bzw. die Beteiligte zu 1) bei ihrer Heirat im Jahre 1982 bereits die deutsche Staatsangehörigkeit gehabt hätte. Sie hätte vielmehr die russische Staatsbürgerschaft gehabt, so dass russisches Recht auf den Güterstand aus der Ehe des Erblassers mit der Beteiligten zu 1) anwendbar sei. Es ließe sich deshalb nicht feststellen, ob der Erbteil der Beteiligten zu 1) nach § 1931 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BGB i.V.m. § 1371 Abs. 1 BGB sich um ¼ erhöhe.
Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten durch den Notar Dr. S. am 21.1.2011 Beschwerde (Bl. 44, 45 GA) eingelegt, der das AG durch Beschluss vom 26.1.2011 (Bl. 46 GA) nicht abgeholfen hat.
II. Die gem. §§ 58 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 FamFG befristete Beschwerde ist zulässig und begründet. Den Beteiligten zu 1) und 2) ist der von ihnen beantragte gemeinschaftliche Erbschein zu erteilen. Es hat deshalb nach § 352 Abs. 1 und 2 FamFG zunächst ein Feststellungsbeschluss zu ergehen, der aber, da kein anderer Beteiligter widersprochen hat, nach § 352 Abs. 1 Satz 2 FamFG sofort wirksam geworden ist.
1. Die Rechtsnachfolge von Todes wegen unterliegt nach Art. 25 Abs. 1 EGBGB dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte. Dies ist das Recht der Bundesrepublik Deutschland, da der Erblasser seit seiner Einbürgerung am 10.12.1992 (vgl. Einbürgerungsurkunde, Bl. 22 R GA) Deutscher war.
2. Die Beteiligte zu 1) ist neben der Beteiligten zu 2) zu ¼ Erbin geworden (§ 1931 Abs. 1 Satz 1 BGB); ihr Erbteil hat sich jedoch nach § 1931 Abs. 1 Satz und Abs. 3 i.V.m. § 1371 Abs. 1 BGB auf ½ erhöht.
a. Die in § 1371 BGB angeordnete Erhöhung des gesetzlichen Erbteils gilt nur dann, wenn die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben; denn § 1371 Abs. 1 BGB regelt die Beendigung des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 Abs. 1 BGB) durch den Tod eines Ehegatten (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Aufl., § 1371 BGB Rz. 1), und zwar dahin, dass der Zugewinn des überlebenden Ehegatten erbrechtlich pauschal ausgeglichen wird, indem seine Grundquote von ¼ um ein weiteres ¼ auf ½ erhöht wird (§ 1931 Abs. 1 und 3 BGB i.V.m. § 1371 Abs. 1 BGB).
b. Dies gilt allerdings nur dann, wenn auf die Ehe des Erblassers und seiner Ehefrau - der Beteiligten zu 1) - in güterrechtlicher Hinsicht deutsches Recht Anwendung findet. Dies ist hier jedoch - entgegen der Auffassung des AG Mettmann - Nachlassgericht, Rechtspfleger - der Fall.
aa. Deutsches Recht käme unabhängig von Art. 15 EGBGB (vgl. Art. 15 Abs. 4 EGBGB) zur Anwendung, wenn das Gesetz über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen ...