Leitsatz (amtlich)

Bei berufsmäßiger Führung der Verfahrenspflegschaft erhält der Verfahrenspfleger in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern eine Vergütung nach seiner Qualifikation, die von der Art seiner Ausbildung abhängig ist (hier: Stundensatz von 25 EUR bei Vorliegen besonderer Kenntnisse, die nicht das Niveau eines abgeschlossenen Hochschulstudiums oder einer vergleichbaren Ausbildung erreichen).

 

Normenkette

BGB § 1836 Abs. 1, § 3; FamFG § 277; VBVG §§ 1-2, 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, § 3 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Geldern (Beschluss vom 15.01.2015; Aktenzeichen 26 VI 578/13)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des AG Geldern vom 15.1.2015 geändert. Die dem Beteiligten zu 3) für seine Tätigkeit als Verfahrenspfleger aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung wird auf 34,21 EUR festgesetzt. Der weiter gehende Vergütungsantrag wird zurückgewiesen.

Von der Auferlegung von Kosten wird abgesehen.

Beschwerdewert: 11,64 EUR

 

Gründe

I. Das Nachlassgericht Geldern hat am 10.9.2013 über den Nachlass der Erblasserin Nachlasspflegschaft und zugleich Verfahrenspflegschaft angeordnet. Zum Nachlasspfleger hat es den Beteiligten zu 2) und zum Verfahrenspfleger mit dem Wirkungskreis u.a. Festsetzung der Vergütung des Nachlasspflegers den Beteiligten zu 3) bestellt. Zugleich hat es festgestellt, dass sowohl die Verfahrenspflegschaft als auch die Nachlasspflegschaft berufsmäßig geführt werden.

Dem Vergütungsantrag des Beteiligten zu 2) entsprach das AG Geldern nach vorheriger Stellungnahme des Beteiligten zu 3).

Mit Schreiben vom 30.10.2014 beantragte der Beteiligte zu 3) seinerseits die Festsetzung der Vergütung für seine Tätigkeit als Verfahrenspfleger i.H.v. 45,85 EUR und zwar auf der Grundlage eines Zeitaufwandes von einer Stunde und neun Minuten und eines Stundenvergütungssatzes von 33,50 EUR netto.

Zur Begründung des Stundensatzes hat der Beteiligte zu 3) geltend gemacht, er verfüge über eine abgeschlossene Ausbildung zum Groß- und Einzelhandelskaufmann, deren Prüfung er am 21.1.1987 vor der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer abgelegt habe. Zudem habe er im Jahre 1991 die Ausbilderprüfung vor der Industrie- und Handelskammer bestanden. In den Folgejahren habe er erfolgreich an Fortbildungsmaßnahmen der Fachhochschule Münster im Fachbereich Sozialwesen für Betreuer teilgenommen und in diesem Zusammenhang insgesamt 285 Stunden absolviert, hierüber wurden ihm am 13.2.2001 Teilnahmebescheinigungen erteilt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Sein Studium der Theologie habe er bis zur 1. Hauptprüfung geführt, die er im Jahre 1973 abgelegt habe.

Das Nachlassgericht hat die Vergütung mit Beschluss vom 15.1.2015 antragsgemäß auf 45,85 EUR festgesetzt (§ 277 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 3 Abs. 1 VBVG analog) und zur Begründung ausgeführt, die vom Beteiligten zu 3) erworbenen Zusatzkenntnisse seien denen eines Hochschulabschlusses vergleichbar. Er verfüge über besondere - über Grundwissen deutlich hinausgehende - Kenntnisse, die für die Führung der Verfahrenspflegschaft - sowohl allgemein als auch im konkreten Fall - nutzbar seien.

Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 1) die vom Nachlassgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Beschwerde eingelegt und zu deren Begründung ausgeführt, die Ausbildung zum Berufsbetreuer genüge nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG. Die im Rahmen einer Weiterbildung erworbenen Kenntnisse seien mit dem Abschluss eines Hochschulstudiums nicht vergleichbar. Der Beschwerdeführer hat beantragt, dem Beteiligten zu 3) eine Vergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von lediglich 25 EUR zuzubilligen.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1) ist als befristete Beschwerde gem. §§ 58, 59, 61 Abs. 2 FamFG statthaft, weil sie vom AG gem. § 61 Abs. 3 FamFG mit Bindungswirkung gegenüber dem Beschwerdegericht zugelassen worden ist. Sie genügt den weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen gem. §§ 63 Abs. 1, 64 FamFG. Nachdem das AG ihr nicht abgeholfen hat, ist sie gem. § 68 Abs. 1, Abs. 2 FamFG i.V.m. § 119 Abs. 1 Nr. 1b) GVG bei dem Senat zur Entscheidung angefallen.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Der Beteiligte zu 2) war als Nachlasspfleger kraft Gesetzes von der Vertretung der unbekannten Erben ausgeschlossen, soweit es die Festsetzung seiner eigenen Vergütung ging.

Es kann dahin stehen, ob das Nachlassgericht deshalb zur sachgerechten Vertretung der unbekannten Erben in diesem Fall einen Ergänzungsnachlasspfleger hätte bestellen müssen (vgl. nur Palandt/Weidlich, BGB, 74. Aufl., § 1960, 25; Fröhler, BWNotZ 2014, 70, 90; MünchKomm/Schwab, 6. Aufl., § 1913, 5; LG Berlin, FamRZ 2008, 1481) oder ob die Bestellung des Beteiligten zu 3) als Verfahrenspfleger ausreichend war (vgl. insoweit Keidel/Zimmermann, FamFG, 17. Aufl., § 345, 83; Heinemann, DNotZ 2009, 6, 26 mit d...

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