Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Fristversäumung wegen unrichtiger Adressierung des Beschwerdeschriftsatzes in einer Familienstreitsache
Leitsatz (amtlich)
Keine Wiedereinsetzung bei unrichtig adressiertem Beschwerdeschriftsatz (an das OLG statt an das AG) Eine Wiedereinsetzung bei versehentlich unrichtig adressiertem Beschwerdeschriftsatz und unterbliebener rechtzeitiger Einreichung bei dem Ausgangsgericht gem. § 64 Abs. 1 FamFG ist eine Wiedereinsetzung nicht möglich; § 17 Abs. 2 FamFG ist in Familiensachen nicht anwendbar (§ 113 Abs. 1 S. 1 FamFG).
Normenkette
FamFG § 64 Abs. 1, § 17 Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Solingen (Beschluss vom 31.03.2010; Aktenzeichen 37 F 536/09) |
Tenor
Die als Berufung statthafte Beschwerde sowie die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG Solingen vom 31.3.2010 werden als unzulässig verworfen.
Der Wiedereinsetzungsantrag des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens.
Beschwerdewert: 4.537 EUR.
Gründe
I. Mit dem angefochtenen, nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen und dem Antragsgegner am 13.4.2010 zugestellten Beschluss hat das AG dem Antragsgegner aufgegeben, an die Antragstellerin ab November 2009 monatlich im Voraus bis zum 3. eines jeden Monats nachehelichen Unterhalt i.H.v. 349 EUR zu zahlen und den weiter gehenden Antrag zurückgewiesen.
Hiergegen hat der anwaltlich vertretene Antragsgegner mit an das OLG Düsseldorf adressiertem und am 14.5.2010 bei diesem eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt.
Unter dem 21.5.2010 hat der Senatsvorsitzende darauf hingewiesen, dass die "Berufung" unzulässig ist, weil sie nicht innerhalb der Monatsfrist beim AG eingelegt ist, sondern beim OLG. Auf die beabsichtigte Verwerfung als unzulässig wurde ebenfalls hingewiesen.
Sodann hat der Antragsgegner mit am 7.6.2010 beim OLG eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung beantragt, er stützt seinen Antrag auf die unterbliebene Rechtsmittelbelehrung und auf § 17 Abs. 2 FamFG. An diesem Tage ist auch die an das AG Solingen gerichtete Beschwerdeschrift des Antragsgegners dort eingegangen.
II. Das gem. § 58 FamFG statthafte Rechtsmittel gegen einen Beschluss in einer Unterhaltssache ist die Beschwerde, welche nach § 64 FamFG aber bei dem Gericht einzulegen ist, dessen Entscheidung angefochten wird, also beim AG. Dort ist aber die Beschwerde erst am 7.6.2010 und mithin deutlich zu spät eingegangen, da § 63 FamFG hierfür eine Monatsfrist vorsieht. Nur vorsorglich wird ausgeführt, dass auch durch zweckdienliche Maßnahmen des OLG, wie das Übersenden der "Berufung" an das AG, die Beschwerdefrist nicht hätte gewahrt werden können, da der Schriftsatz beim OLG erst am letzten Tage der Beschwerdefrist eingegangen ist.
Daher ist das Rechtsmittel - insoweit sind Berufung und Beschwerde als einheitliches Rechtsmittel anzusehen - gem. §§ 117 Abs. 1 S. 3 FamFG, 522 Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
Auch ist dem Antragsgegner Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Beschwerdefrist zu versagen. In Familienstreitsachen, zu denen auch der vorliegende Streitfall gem. §§ 112 Nr. 1, 231 Nr. 2 FamFG gehört, richtet sich die Wiedereinsetzung in solchen Fällen nach §§ 117 Abs. 5 FamFG, 233, 234 Abs. 1 S. 2 ZPO entsprechend. § 17 FamFG, auf den der Antragsgegner sein Wiedereinsetzungsgesuch maßgeblich stützt, ist indes gem. § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG gerade nicht anwendbar (vgl. auch Zöller/Philippi ZPO, 28. Aufl., § 117 FamFG Rz. 5), so dass sich der Antragsgegner nicht auf die entsprechende Vermutung berufen kann.
Der Antragsgegner, der sich das Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen muss (§ 85 Abs. 2 ZPO), war nämlich nicht gem. § 233 ZPO ohne sein Verschulden gehindert, die Beschwerdefrist einhalten zu können, auch wenn entgegen § 39 FamFG, dessen Anwendbarkeit in Familienstreitsachen nicht ausgenommen ist (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG) der angefochtene Beschluss nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war.
Es mangelt nämlich an der notwendigen Kausalität zwischen fehlender Rechtsmittelbelehrung und der Fristversäumnis. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 2002, 2171) sind im Hinblick auf dieses Kausalitätserfordernis nämlich diejenigen Fälle von der Wiedereinsetzung auszunehmen, in denen ein Beteiligter wegen ohnehin vorhandener Kenntnis zur effizienten Verfolgung seiner Rechte nicht der Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung bedarf. Hierdurch wird bei anwaltlicher Vertretung eines Beteiligten dessen geringerer Schutzbedürftigkeit Rechnung getragen. Dem schließt sich der Senat an. Der Gesetzgeber hat in § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG ausdrücklich und bewusst bestimmte allgemeine Vorschriften des FamFG von der Anwendung in Familienstreitsachen ausgenommen, u.a. auch eben eine Regelung zur Folgen einer unterbliebenen Rechtsmittelbelehrung. Nach der allgemeinen Gesetzeslage sowie der zur Beurte...