Leitsatz
Das OLG Düsseldorf hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage auseinandergesetzt, wie mit einem Wiedereinsetzungsantrag nach unrichtig adressiertem Beschwerdeschriftsatz gegen einen erstinstanzlichen Beschluss ohne Rechtsmittelbelehrung umzugehen ist.
Sachverhalt
Dem Antragsgegner war mit Beschluss vom 13.4.2010 aufgegeben worden, an die Antragstellerin ab November 2009 nachehelichen Unterhalt zu zahlen. Der weitergehende Antrag war zurückgewiesen worden. Der Beschluss war nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen.
Gegen den erstinstanzlichen Beschluss hat der anwaltlich vertretene Antragsgegner mit an das OLG Düsseldorf adressiertem und am 14.5.2010 bei diesem eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt.
Mit Datum vom 21.5.2010 hat der Senatsvorsitzende darauf hingewiesen, dass die "Berufung" unzulässig sei, weil sie nicht innerhalb der Monatsfrist beim AG, sondern beim OLG eingelegt worden sei. Im Übrigen wurde auf die beabsichtigte Verwerfung als unzulässig verwiesen.
Der Antragsgegner hat sodann mit einem am 7.6.2010 beim OLG eingegangenen Schriftsatz Wiedereinsetzung beantragt und seinen Antrag auf die unterbliebene Rechtsmittelbelehrung und auf § 17 Abs. 2 FamFG gestützt. An diesem Tag sei auch die an das AG gerichtete Beschwerdeschrift des Antragsgegners dort eingegangen.
Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG hat das Rechtsmittel als unzulässig verworfen.
Auch dem Wiedereinsetzungsantrag des Antragsgegners wegen der Versäumung der Beschwerdefrist sei nicht stattzugeben. In Familienstreitsachen, zu denen auch der vorliegende Streitfall gemäß §§ 112 Nr. 1, 231 Nr. 2 FamFG gehöre, richte sich die Wiedereinsetzung in solchen Fällen nach §§ 117 Abs. 5 FamFG, 233, 234 Abs. 1 S. 2 ZPO entsprechend. § 17 FamFG, auf den der Antragsgegner sein Wiedereinsetzungsgesuch maßgeblich stütze, sei indes gemäß § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG gerade nicht anwendbar, so dass sich der Antragsgegner nicht auf die entsprechende Vermutung berufen könne (vgl. auch Zöller/Philippi ZPO, 28. Aufl., § 117 FamFG Rz. 5).
Der Antragsgegner, der sich das Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen müsse, sei nicht gemäß § 233 ZPO ohne sein Verschulden gehindert gewesen, die Beschwerdefrist einzuhalten, auch wenn entgegen § 39 FamFG der angefochtene Beschluss nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen gewesen sei.
Es fehle im vorliegenden Fall jedenfalls an der notwendigen Kausalität zwischen fehlender Rechtsmittelbelehrung und Fristversäumnis. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH NJW 2002, 2171) seien im Hinblick auf dieses Kausalitätserfordernis diejenigen Fälle von der Wiedereinsetzung auszunehmen, in denen ein Beteiligter wegen ohnehin vorhandener Kenntnis zur effizienten Verfolgung seiner Rechte nicht der Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung bedürfe. Hierdurch werde bei anwaltlicher Vertretung eines Beteiligten dessen geringerer Schutzbedürftigkeit Rechnung getragen. Dieser Auffassung schloss sich das OLG an. Der Gesetzgeber habe in § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG ausdrücklich und bewusst bestimmte allgemeine Vorschriften des FamFG von der Anwendung in Familienstreitsachen ausgenommen, u.a. auch eine Regelung zu Folgen einer unterbliebenen Rechtsmittelbelehrung.
Nach der allgemeinen Gesetzeslage sowie der zur Beurteilung des Verschuldens bei der Nichteinhaltung bestimmter Fristen ergangenen Rechtsprechung sei die Differenzierung der Sorgfaltsanforderungen nach Schutzbedürftigkeitsgesichtspunkten sachgerecht.
Bei anwaltlicher Vertretung jedenfalls in Familienstreitsachen könne daher erwartet und davon ausgegangen werden, dass ein Verfahrensbevollmächtigter die Regelungen für ein Rechtsmittel kenne und befolge. Dies gelte gerade dann, wenn die erstinstanzliche Entscheidung keinerlei Hinweis auf Statthaftigkeit und Zulässigkeit eines Rechtsmittels enthalte.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.07.2010, II-7 UF 79/10