Leitsatz (amtlich)
1. Zur Grundlage der Verteilung der Verfahrenskosten gemäß § 81 FamFG nach billigem Ermessen (Fortführung der Rechtsprechung des Senats z.B. ErbR 2019, 374; FGPrax 2016, 103), wobei ein Ermessensfehler der Vorinstanz (ausschließliches Abstellen auf das Maß von Obsiegen und Unterliegen) die vom Senat vorzunehmende Gesamtabwägung dahin eröffnet, dass trotz Erfolglosigkeit des den abgelehnten Antrag auf Erteilung eines Erbscheins nach gesetzlicher Erbfolge weiterverfolgenden Rechtsmittels mit Blick auf die Verfahrensführung die Gerichtskosten den in einem besonderen Näheverhältnis zu einander stehenden Beteiligten (Vater/Sohn) je zur Hälfte auferlegt und die allein dem Rechtsmittelgegner (Vater) entstandenen außergerichtlichen Kosten nicht erstattet werden, weil dieser bewusst wahrheitswidrig die Frage nach dem Vorhandensein eines Testaments verneint, hierdurch Zweifel an der Echtheit des später vorgelegten Testaments genährt und die Einholung eines Schriftgutachtens durch das Nachlassgericht provoziert hat.
2. Zur Auslegung des Rechtsmittels gegen eine Kostenentscheidung in einer Nachlasssache dahin, dass sich dasselbe nicht nur gegen die Auferlegung der Gerichtskosten (Gutachten- und Verfahrenskosten), sondern gegen die Belastung mit Kosten insgesamt, mithin auch gegen die außergerichtlichen Kosten (Aufteilung der Verfahrenskosten unter den Beteiligten), richtet.
Normenkette
BGB § 2259 Abs. 1; FamFG § 58 ff., § 81
Verfahrensgang
AG Duisburg (Aktenzeichen 42a VI 94/17) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 vom 27. Jan. 2018 wird die Kostenentscheidung im Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Duisburg vom 23. Jan. 2018 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Gerichtskosten erster Instanz tragen der Beteiligte zu 1 und der Beteiligte zu 2 zu je 1/2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 2.
Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren:
die im ersten Rechtszug entstandenen Gerichtskosten zuzüglich der außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 2.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 2 ist der Ehemann der am 11. Jan. 2016 verstorbenen Erblasserin, die Beteiligten zu 1 und zu 3 sind ihre Kinder.
Der Beteiligte zu 1 ließ am 27. April 2017 notariell einen Erbscheinsantrag nach gesetzlicher Erbfolge beurkunden, den die Notarin am 16. Mai 2017 beim Nachlassgericht einreichte. Zuvor hatte er seinen Vater, den Beteiligten zu 2 wiederholt gefragt, ob es ein Testament gebe. Dies hatte der Beteiligte zu 2 verneint. Er hatte es auch abgelehnt, dem Beteiligten zu 1 Geburts- und Heiratsurkunde der Erblasserin auszuhändigen.
Tatsächlich gab es ein gemeinschaftliches Testament der Erblasserin und des Beteiligten zu 2 vom 31. Okt. 2004, in dem diese sich gegenseitig zu Vollerben eingesetzt und ihre beiden Kinder als Schlusserben nach dem Längstlebenden.
Dieses Testament übergab der Beteiligte zu 2 erst am 12. Mai 2017 dem Nachlassgericht zur Eröffnung, nachdem er erfahren hatte, dass der Beteiligte zu 1 einen Erbscheinsantrag vorbereitete, und anwaltlichen Rat gesucht hatte. Das Testament wurde am 17. Mai 2017 eröffnet. Die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2 hatten dem Beteiligten zu 1 mit Schreiben vom 15. Mai 2017 mitgeteilt, es gebe ein gemeinsames Testament der Eltern.
Nach einem Hinweis des Nachlassgerichts hierauf hat der Beteiligte zu 1 seinen Erbscheinsantrag aufrecht erhalten. Es sei für ihn fragwürdig, ob das Testament von seinem Vater und seiner Mutter jeweils selbst geschrieben worden und ob die Unterschrift seiner Mutter echt sei. Es erschließe sich ihm nicht, dass sein Vater plötzlich ein Testament aus dem Hut zaubere, dessen Bestehen er im März 2016 und im März 2017 vehement verneint habe. Er bitte darum, einen Beweis der Echtheit des Testaments zu führen.
Im Anhörungstermin vor dem Nachlassgericht hat der Beteiligte zu 1 darauf hingewiesen, dass sein Name und der seiner Schwester (wie) nachträglich eingefügt aussähen. Der Beteiligte zu 2 hat eingeräumt, er habe seinen Sohn belogen; er habe Sorge gehabt, dass er sonst das Testament an sich nehme und nicht wieder zurückgebe. Seiner Tochter hatte er das Testament gezeigt. Das Nachlassgericht hat ein Schriftgutachten eingeholt und gestützt darauf den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1 kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Kostenentscheidung beruhe auf § 81 FamFG und entspreche unter Berücksichtigung des Unterliegens des Beteiligten zu 1 billigem Ermessen.
Mit seiner Beschwerde akzeptiert der Beteiligte zu 1, dass das Testament echt sei. Die Kostenverteilung könne er nur bedingt akzeptieren. Es sei nicht verwunderlich, dass bei ihm aufgrund des Verhaltens seines Vaters Zweifel an der Echtheit des Testaments aufgekommen seien. Daher beantrage er, dass die Gutachten- und die Verfahrenskosten hälftig geteilt würden.
Der Beteiligte zu 2 meint, der Beteiligte zu 1 hätte den Erbscheinsantrag im eigenen Interesse zurücknehmen können und müssen. Da er das nicht ...