Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Form der Jahresabrechnung sowie Eigentümer als Beirat
Verfahrensgang
AG Kleve (Aktenzeichen 2 UR II 3/91 WEG) |
LG Kleve (Aktenzeichen 4 T 260/91) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird abgeändert. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluß des Amtsgerichts abgeändert. Die in der Versammlung der Wohnungseigentümer vom 12.6.1991 zu 1, 2 und 5 gefaßten Beschlüsse der Wohnungseigentümer werden für ungültig erklärt.
Die Beteiligten zu 2) tragen die gerichtlichen Kosten des Verfahrens.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 32.000 DM
(Beschluß Nr. 1: |
25.000 |
DM, |
Beschluß Nr. 2: |
5.000 |
DM, |
Beschluß Nr. 5: |
2.000 |
DM). |
Gründe
Die Beteiligte zu 1) hat die in der Wohnungseigentümerversammlung vom 12.6.1991 unter den Punkten 1, 2 und 5 gefaßten Beschlüsse zur „Jahresabrechnung 1990”, zur „Entlastung der Verwalterin” und zur „Wahl neuer Beiratsmitglieder” angefochten und dazu vorgetragen,
- Die Hausabrechnung der Verwalterin sei unzureichend und unrichtig. Die in 1990 gezahlten Wohngelder seien nicht aufgeführt; zwei Beträge von 7.410 und 1.641,60 DM seien als Ausgaben ausgewiesen, obwohl sie erst in 1991 gezahlt worden seien. Die Position „Sonderausgaben Garten” über 7.626,60 DM gehöre nicht in die Jahresabrechnung, weil diese Ausgabe nicht von der Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigt worden sei. Die Position „Erträge” weise zu Unrecht einen gutgeschriebenen Betrag von 4.703,24 DM auf, die Vermögensübersicht sei ebenfalls unrichtig,
- unter Berücksichtigung der fehlerhaften Jahresabrechnung und der unberechtigten Ausgabe von 7.626,60 DM sei eine Entlastung der Verwalterin nicht gerechtfertigt,
- der in den Beirat gewählte Herr U. sei nicht Wohnungseigentümer, so daß seine Wahl gegen § 29 WEG verstoße.
Die Beteiligte zu 1) hat demgemäß beantragt,
die Beschlüsse der Eigentümer Versammlung vom 12.6.1991 zu den Tagesordnungspunkten 3, 4 und 5, im Protokoll aufgeführt unter TOP 1, 2 und 5, für ungültig zu erklären.
Die Beteiligten zu 2) haben um Zurückweisung der Anträge gebeten.
Sie haben eingewendet, die Jahresabrechnung genüge ungeachtet einzelner Fehler den an eine ordnungsgemäße Abrechnung zu stellenden Anforderungen. Die Entlastung der Verwalterin sei berechtigt gewesen. Herr U. sei nur zum „beratenden” Mitglied ohne Stimmrecht gewählt worden, so daß § 29 WEG nicht entgegenstehe.
Das Amtsgericht hat – ohne mündlich zu verhandeln – die Anträge zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1) hat sofortige Beschwerde eingelegt, die unterlassene mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht gerügt und ergänzend ausgeführt, die Zahlung von 817,10 DM an Herrn U. als außenstehenden Dritten für die Vorbereitung und Durchführung einer Wohnungseigentümerversammlung sei keine Gemeinschaftsverbindlichkeit gewesen und deshalb nicht gerechtfertigt.
Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und dabei bezüglich der Jahresabrechnung ausgeführt, ein Beschluß über die Genehmigung der Jahresabrechnung sei noch nicht gefaßt worden.
Die Beteiligte zu 1) hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt und unter Aufrechterhaltung des früheren Vorbringens gerügt, das Landgericht habe bezüglich der Jahresabrechnung überraschend dahin entschieden, eine Genehmigung der Jahresabrechnung sei nicht beschlossen worden, obwohl keiner der Beteiligten dies angenommen oder vorgetragen habe.
Die übrigen Beteiligten sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.
II.
Die gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG, 22, 27, 29 FGG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde hat Erfolg, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften im Sinne der §§ 27 FGG, 550, 551 ZPO.
1.) Daß das Landgericht ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 10.3.1992 in nicht-öffentlicher Sitzung mündlich verhandelt hat, nötigt noch nicht zur Aufhebung seiner Entscheidung. Allerdings ist – auch wenn das Verfahrensrecht der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine Bestimmungen über die Öffentlichkeit oder Nichtöffentlichkeit von Verhandlungen enthält – inzwischen allgemein anerkannt, daß jedenfalls in den Wohnungseigentums-Verfahren, in denen über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen i. S. des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK zu entscheiden ist, in öffentlicher Sitzung zu verhandeln und, wenn die Entscheidung in einer Sitzung verkündet wird, auch diese öffentlich sein muß (OLG Hamm, NJW – RR 1988, 849; BayObLGZ 1988, 436, 438; 1990, 173, 175; Keidel/Kuntze, FGG, 13. Aufl., Rn. 36 zu § 27 m.w.N.). Zu diesen Verfahren gehören dabei nicht nur die Streitigkeiten nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WEG (Keidel/Kahl, FGG, 13. Aufl., Rn. 7 a Vorb. zu §§ 8 bis 18), sondern auch die Beschlußanfechtung nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG (vgl. BayObLGZ 1988, 438).
Der Verfahrensfehler des Landgerichts zwingt aber deshalb nicht zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht „aufgrund der mündlichen V...