Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Entscheidung vom 06.03.2007; Aktenzeichen 4 KLs 23/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Nebenklägerin gegen den Beschluss der 4. Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 6. März 2007 (4 KLs 23/06) wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dort entstandenen notwendigen Auslagen des Angeschuldigten fallen der Beschwerdeführerin zur Last.
Gründe
Die Anklage wirft dem Angeschuldigten vor, in der Nacht zum 9. November 2004 seine getrennt lebende und kurz darauf geschiedene Ehefrau (Nebenklägerin) in ihrer Wohnung in ......... vergewaltigt und dabei ein gefährliches Werkzeug (Messer) verwendet zu haben. Das Landgericht hat die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, weil kein hinreichender Tatverdacht bestehe. Die zulässige (§ 400 Abs. 2 Fall 1 StPO) sofortige Beschwerde der Nebenklägerin hat keinen Erfolg.
1.
Nach § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig erscheint. "Hinreichender Tatverdacht" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der einen nicht unerheblichen Beurteilungsspielraum eröffnet, zumal es sich dabei um eine Prognoseentscheidung handelt (BVerfG NJW 2002, 2859, 2860). Die ermittelten Tatsachen müssen es nach praktischer Erfahrung wahrscheinlich machen, dass der Angeschuldigte in einer Hauptverhandlung mit den Beweismitteln, die zur Verfügung stehen, verurteilt wird. Entscheidend ist letztlich die - vertretbare - Prognose des Gerichts, dass die Hauptverhandlung wahrscheinlich mit einem Schuldspruch enden wird, wenn das Ermittlungsergebnis nach Aktenlage sich in der Beweisaufnahme als richtig erweist (vgl. BGH NJW 2000, 2672, 2673; Roxin DRiZ 1997, 109, 114; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl. [2007], § 170 Rdnr. 1 f mwN; jeweils zur Prognose aus der Sicht der Staatsanwaltschaft).
2.
Die dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegende Einschätzung, dass eine Verurteilung des Angeschuldigten nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht wahrscheinlich sei, hält sich innerhalb dieses Beurteilungsspielraums. Wahrscheinlich ist ein Ereignis nur, wenn mehr dafür als dagegen spricht, dass es eintritt. Hier spricht auch aus der Sicht des Senats bei vorläufiger Bewertung des Ermittlungsergebnisses nicht mehr für als gegen eine Verurteilung des Angeschuldigten:
a)
Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass schon zweifelhaft ist, ob die Aussagen der Nebenklägerin den funktionalen (objektiv zweckdienlichen) und finalen (subjektiv zweckgerichteten) Zusammenhang belegen, der in allen Fällen sexueller Nötigung (§§ 177, 240 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 StGB) nach dem Willen (der Vorstellung) des Täters zwischen dem angewendeten Nötigungsmittel (hier: Einsatz eines Messers), dem Verhalten des Opfers (hier: Dulden des Beischlafs) und der Handlung des Täters (hier: Vollzug des Beischlafs) erforderlich ist (BGHSt 50, 359, 368 = NJW 2006, 1146 [26]; BGH NStZ 2005, 268 [3]; NStZ-RR 2006, 269, 270; NStZ 2007, 31; vgl. auch BGH NStZ 2006, 508). Nach der im Zweifel ausschlaggebenden ersten Aussage der Nebenklägerin - am 9. November 2004, unmittelbar nach der (behaupteten) Tat - hatte der Angeschuldigte das Messer nur im Auto und dort (durch Druck der Messerspitze gegen ihre linke Körperseite) nur verwendet, um sie zu der Erklärung zu zwingen, dass sie "die Scheidung zurücknehme". In der Wohnung hatte er weder Gewalt angewendet noch Drohungen ausgesprochen.
b)
Allerdings kann einmal angewandte Gewalt als Drohung (Nötigungsmittel) fortwirken und dazu führen, dass das Opfer nur aus Furcht vor weiterer Gewalt keinen nennenswerten Widerstand mehr leistet (BGH NStZ 2005, 268 [3]; NStZ-RR 2006, 269, 270). Eine Bestrafung setzt dann aber voraus, dass der Täter sich dieser Wirkung bewusst ist oder zumindest damit rechnet und das billigend in Kauf nimmt. Das wird im Zweifel nicht nachzuweisen sein. Der Angeschuldigte hat sich unmittelbar nach der (behaupteten) Tat zur Sache eingelassen. Danach hat die Nebenklägerin freiwillig mit ihm verkehrt und den Beischlaf nicht nur "über sich ergehen lassen", sondern aktiv mitgewirkt. Seine Darstellung hatte den Haftrichter veranlasst, den Haftbefehlsantrag abzulehnen, weil Aussage gegen Aussage stehe, Sachbeweise nicht vorlägen und der Beschuldigte (Angeschuldigte) sich widerspruchsfrei eingelassen habe. Diese Einschätzung war zu dem Zeitpunkt offensichtlich richtig und ist auch jetzt noch, wenn auch im Lichte weiterer Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, in die "Verurteilungsprognose" einzubeziehen. Dass die Rollenverteilung der beteiligten Personen im Strafverfahren - auf der einen Seite die nach ihrem Vorbringen geschädigte Antragstellerin als Zeugin, auf der anderen der Angeschuldigte - die Prüfung, wer von ihnen die Wahrheit sagt, nicht beeinflussen darf, liegt auf der Hand (vgl. BGH NStZ 2004, 635 mwN) und gilt in jeder Lage des Verfahrens.
c)
Die angeblich ständig vorhandene Gewaltbereitschaft (zum "Klima ständ...