Leitsatz (amtlich)
1. Der Antrag auf Einleitung des Spruchverfahrens soll auch Angaben über die Zahl der gehaltenen Anteile enthalten. Fordert das Gericht die Antragsteller auf, Angaben zum Aktienbesitz zu machen, kann die Zahl der gehaltenen Anteile bzw. die an die Angaben in der Antragsbegründung anknüpfende Vermutung bis zum Ablauf einer hierzu gesetzten Frist widerlegt werden. Nach der Entscheidung über die Festsetzungsanträge können abweichende Angaben grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt werden.
2. Der Wert für die anwaltliche Tätigkeit im Spruchverfahren ist grundsätzlich nur dann festzusetzen, wenn und soweit die Festsetzung beantragt wurde; über das in dem Antrag zum Ausdruck kommende Begehren des Antragstellers darf das Gericht nach dem Grundsatz "ne ultra petita" nicht hinausgehen.
Normenkette
BRAGO § 10 Abs. 3 S. 3, § 8 Abs. 1a; RVG § 33 Abs. 3, § 31 Abs. 1; SpruchG § 4 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
LG Dortmund (Beschluss vom 20.08.2014; Aktenzeichen 20 O 57/04 [AktE]) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 8.07.2015 und unter Zurückweisung der Anschlussbeschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zu 17) vom 28.10.2014/15.12.2014 wird der Beschluss der 20. Zivilkammer - VI. Kammer für Handelssachen des LG Dortmund vom 20.08.2014 - 20 O 57/04 AktE - in Verbindung mit dem Teilabhilfebeschluss vom 10.06.2015 wie folgt abgeändert:
Die Wertfestsetzungen für die anwaltliche Vergütung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerinnen zu 1) und 2), der Antragsteller zu 5) bis 8), 28) und der Antragstellerin zu 29) werden aufgehoben.
Die Gegenstandswerte für die anwaltliche Vergütung in erster Instanz werden wie folgt festgesetzt:
Antragsteller zu |
218.277 EUR |
Antragstellerin zu |
8.731 EUR |
Antragsteller zu |
61.117 EUR |
Antragstellerin zu |
8.731 EUR |
Antragstellerin zu |
5.000 EUR |
Gründe
I. In dem im Juni 2004 eingeleiteten Spruchverfahren haben 29 Antragsteller die gerichtliche Überprüfung der Angemessenheit der Kompensationsleistungen aus dem Gewinnabführungsvertrag vom 12.02.2004 geltend gemacht. Mit Beschluss vom 4.07.2012 hat das LG die Barabfindung um rd. 46 EUR auf 399,27 EUR je Stückaktie, den Ausgleich auf 18,01 EUR je Stückaktie erhöht und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragsteller sowie der Vergütung und Auslagen des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre auferlegt. Den Geschäftswert hat es auf 7,5 Mio. EUR festgesetzt. Durch Senatsbeschluss vom 25.07.2013 ist der Ausgleich weiter erhöht worden auf 25,14 EUR brutto je Stückaktie; die landgerichtliche Kostenentscheidung blieb unverändert (vgl. Senat, Beschluss v. 25.07.2013, I-26 W 16/12 (AktE) S. 29).
Bereits vor Abschluss des Beschwerdeverfahrens hatte u.a. der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerinnen zu 1) und 2) die Festsetzung des Gegenstandswerts für seine anwaltliche Tätigkeit in der ersten Instanz beantragt und - unmittelbar nach Einleitung des Beschwerdeverfahrens - mit Schriftsatz vom 14.08.2012 an die noch ausstehende Bescheidung seines Antrags erinnert. Da der Honoraranspruch erst mit dem Kostenfestsetzungsantrag zu verzinsen sei und "der Geschäftswert aufgrund der nachgewiesenen Aktienstückzahl feststehe" bat er um baldige Erledigung des dem Schriftsatz beigefügten Kostenfestsetzungsantrags, mit dem er zugleich beantragte, die den Antragstellerinnen erstattungsfähigen Kosten aus einem Gegenstandswert von 19.350 EUR (450 Stück nachgewiesene Aktien zu je 43 EUR) auf insgesamt 2.895,35 EUR (10/10 Prozessgebühr, 10/10 Terminsgebühr, 10/10 Beweisgebühr, Reisekosten, Post- und Telekommunikationspauschale, Kopierkosten über 293 Kopien, Umsatzsteuer i.H.v. 19 %) festzusetzen.
Mit Beschluss vom 11.09.2012 hat das LG den Gegenstandswert antragsgemäß festgesetzt; die Rechtspflegerin hat die angemeldeten Kosten mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.09.2012 in voller Höhe als erstattungsfähig anerkannt. Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 18.09.2012, dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerinnen zu 1) und 2) am 21.09.2012 förmlich zugestellt worden.
Nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens hat das LG mit Beschluss vom 20.08.2014 die Gegenstandswerte für die anwaltliche Vergütung sämtlicher Antragsteller - darunter auch die Antragstellerinnen zu 1) und 2) - festgesetzt; dabei ist es davon ausgegangen, dass die Antragsteller insgesamt mit 798 Aktien am Verfahren beteiligt sind. Dabei hat es u.a. für die Antragsteller zu 3) und 4), die Antragsteller zu 10) -14), 18) und 23) und die zu 17) und 20), zu 28) und 29) den Mindestbesitz von je 1 Aktie (= 9.398,50 EUR) zugrunde gelegt. Bei den Antragstellern zu 1) und 2) ist das LG von einem Besitz von 450 Aktien ausgegangen, bei der Antragstellerin zu 9) von 50 Aktien und bei dem Antragsteller zu 16) von 10 Aktien. Wegen der Ausführungen im Einzelnen wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Gegen diesen Beschluss haben sich der Ver...