Leitsatz (amtlich)
Sind sowohl die Voraussetzungen der Herausgabe an den Verletzten (§ 111n Abs. 2 StPO) als auch die Voraussetzungen der Herausgabe an den letzten Gewahrsamsinhaber (§ 111n Abs. 1 StPO) offenkundig erfüllt, hat die Herausgabe grundsätzlich vorrangig an den Verletzten zu erfolgen.
Normenkette
StPO § 111n Abs. 1-2, § 111o Abs. 1, § 304 Abs. 1
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer betrieb mit der Zeugin A. im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bis zum 30. April 2018 ein Kosmetikstudio in dem gemeinsam angemieteten Ladenlokal ... in D.
Ab dem 1. Mai 2018 führte die Zeugin A. das Kosmetikstudio alleine weiter. Der Beschwerdeführer übergab die Originalschlüssel. Der gemeinsame Mietvertrag mit dem Vermieter blieb bestehen. Eine Auseinandersetzung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts fand nicht statt.
Am Morgen des 11. Oktober 2018 zeigte die Zeugin A. an, dass in der Zeit zwischen Ladenschluss am 10. Oktober 2019, 18.00 Uhr, und Ladenöffnung am 11. Oktober 2018, 09.30 Uhr, drei hochwertige Behandlungsgeräte aus dem Kosmetikstudio entwendet worden seien. Einbruchspuren wurden nicht festgestellt. Die Zeugin A. verdächtigte den Beschwerdeführer, sich mit einem Nachschlüssel Zutritt zu dem Kosmetikstudio verschafft und die drei Behandlungsgeräte entwendet zu haben.
Bei einem der drei Behandlungsgeräte handelte es sich um den HydraFacial MD Tower der Fa. ..., Seriennummer ..., den die Zeugin A. im Dezember 2017 zum Kaufpreis von 16.000 Euro gebraucht für das Kosmetikstudio angeschafft hatte. Dieses Gerät wurde am 21. Februar 2019 im unmittelbaren Besitz des Beschwerdeführers sichergestellt, als er es nach einer Ebay-Annonce an die Käuferin übergeben wollte.
Das Amtsgericht D. hat den Beschwerdeführer am 18. Mai 2021 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt. Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Beschwerdeführer am 10./11. Oktober 2018 zwischen Ladenschluss und Ladenöffnung mit einem Nachschlüssel Zutritt zu dem Kosmetikstudio verschafft und die drei Behandlungsgeräte entwendet. Seiner Einlassung, die Zeugin A. habe ihm die drei Behandlungsgeräte bereits im März 2018 im Vorgriff auf die Auseinandersetzung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts überlassen, hat die Tatrichterin keinen Glauben geschenkt. Die Mitangeklagte B., die im Ermittlungsverfahren eine entsprechende Vereinbarung mit der Zeugin A. bestätigt hatte und bei der Übergabe des ersten Gerätes zugegen gewesen sein will, ist erstinstanzlich wegen Strafvereitelung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt worden.
In der Berufungshauptverhandlung vom 5. November 2021 ist das Verfahren gegen den Beschwerdeführer und die Mitangeklagte B. jeweils gegen Zahlung eines Geldbetrages gemäß § 153a Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden. Nach Zahlung der Geldbeträge wurde das Verfahren mit Beschluss des Berufungsgerichts vom 5. Januar 2022 endgültig eingestellt.
Zwischenzeitlich hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom 9. Dezember 2021 angeordnet, dass das am 21. Februar 2019 sichergestellte Gerät HydraFacial MD an die Zeugin A. herauszugeben ist (§ 111n Abs. 2 StPO).
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers, der geltend macht, dass das Gerät HydraFacial MD zum Inventar und Betriebsvermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gehört habe und daher an diese herauszugeben sei, und zwar vertreten durch seine Person als Liquidator.
Das Gerät befindet sich noch in behördlicher Verwahrung.
II.
Die nach § 304 Abs. 1 StPO zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Die 8. kleine Strafkammer des Landgerichts Duisburg hat zu Recht entschieden, dass das Gerät HydraFacial MD gemäß § 111n Abs. 2 StPO an die Zeugin A. herauszugeben ist.
1.
Das Berufungsgericht war gemäß § 111o Abs. 1 StPO als das mit der Sache befasste Gericht für die am 9. Dezember 2021 getroffene Entscheidung zuständig. Das Befasstsein endete erst mit dem Beschluss vom 5. Januar 2022, durch den das Verfahren nach § 153a Abs. 2 StPO endgültig eingestellt wurde.
2.
Nach § 111n Abs. 1 StPO wird eine bewegliche Sache, die beschlagnahmt oder auf andere Weise sichergestellt worden ist und für Zwecke des Strafverfahrens nicht mehr benötigt wird, an den letzten Gewahrsamsinhaber herausgegeben. Bei Anwendung dieser Vorschrift wäre das Gerät HydraFacial MD an den Beschwerdeführer, der es zuletzt, nämlich bei der Sicherstellung am 21. Februar 2019, in seinem unmittelbaren Besitz hatte, herauszugeben.
Abweichend von Abs. 1 bestimmt § 111n Abs. 2 StPO, dass die Sache an denjenigen herausgegeben wird, dem sie durch die Straftat unmittelbar entzogen worden ist, wenn dieser bekannt ist. Diese Voraussetzungen sind in der Person der Zeugin A. offenkundig im Sinne des § 111n Abs. 4 StPO erfüllt (dazu II.2.a).
Im Verhältnis zu der Regelung des § 111n Abs. 1 StPO gebührt der Herausgabe an den Verletzten grundsätzlich der Vorrang (dazu II.2.b).
a)
Da ke...