Entscheidungsstichwort (Thema)
Mobiliarvollstreckung wegen Bagatellforderung
Leitsatz (redaktionell)
Unbeschadet des besonderen Grundrechtsschutzes der Wohnung verletzt die Mobiliarvollstreckung auch wegen einer Bagatellforderung nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel.
Einerseits ist für das Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung der vergebliche Versuch einer Mobiliarvollstreckung in der Wohnung eines Schuldners nachzuweisen und andererseits hat es auch ein Schuldner in bedrängten Verhältnissen durch Aufbringung der Bagatellbeträge in der Hand, die mit der Zwangsvollstreckung verbundenen Härten abzuwenden.
Auch im Hinblick auf andere Vollstreckungsmöglichkeiten können Maßnahmen wie Lohnpfändungen – wegen der Gefahr des Arbeitsplatzverlustes – und die Offenbarungsversicherung – wegen der Eintragung ins Schuldnerverzeichnis – im Ergebnis einschneidendere Folgen haben als die Mobiliarvollstreckung in die Wohnung des Schuldners.
Normenkette
ZPO § 758 Abs. 2, § 761
Verfahrensgang
AG Düsseldorf (Aktenzeichen 38 C 45/79) |
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 25 T 312/79) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Amtsgerichts Düsseldorf vom 15. Oktober 1979 werden abgeändert:
Dem Gerichtsvollzieher wird gestattet, zum Zwecke der Zwangsvollstreckung aus dem am 31. Juli 1979 verkündeten Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf – 38 C 45/79 – die Wohnung des Schuldners gemäß § 758 Abs. 2 ZPO zu durchsuchen.
Die Kosten hat der Schuldner zu tragen.
Gründe
Die Gläubigerin hat beantragt, dem Gerichtsvollzieher die Durchsuchung der Wohnung des Schuldners zum Zwecke der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 31. Juli 1979 – 38 C 45/79 – gemäß § 758 Abs. 2 ZPO zu gestatten. Durch das Urteil ist der Schuldner verurteilt worden, an die Gläubigerin 22,17 DM nebst 5% Zinsen von 4 DM seit dem 28. November 1978 zu zahlen.
Den Antrag hat der Richter des Amtsgerichts durch Beschluß vom 15. Oktober 1979 zurückgewiesen, „weil die Beeinträchtigung des Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung … angesichts der Geringfügigkeit der Forderung … nicht gerechtfertigt” sei.
Gegen diese, der Gläubigerin nicht förmlich zugestellte Entscheidung hat sie am 2. November 1979 „das zulässige Rechtsmittel” eingelegt und zur Begründung u.a. vorgetragen, sie habe aufgrund der Entscheidung des Amtsgerichts versucht, ein Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in Gang zu bringen, ihrem Antrag sei jedoch nicht stattgegeben worden mit dem Hinweis, daß ohne den Nachweis der erfolglosen Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners ein Termin nicht bestimmt werden könne.
Daraufhin hat das Amtsgericht durch Beschluß vom 5. November 1979 entschieden, der Beschluß vom 15. Oktober 1979 bleibe aus seinen Gründen aufrechterhalten.
Auch dagegen hat die Gläubigerin „das zulässige Rechtsmittel” eingelegt. Das Landgericht hat die Eingaben der Gläubigerin als sofortige Beschwerde angesehen und diese zunächst durch seinen Beschluß vom 14. Dezember 1979 als unzulässig wegen Fristversäumnis verworfen. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Gläubigerin hat der Senat diesen Beschluß aufgehoben und. die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Nunmehr hat das Landgericht durch den angefochtenen Beschluß die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 15. Oktober 1979 als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Gläubigerin am 15. Februar 1980 sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Das Rechtsmittel ist statthaft, weil die Entscheidung des Landgerichts gegenüber der des Amtsgerichts einen neuen selbständigen Beschwerdegrund enthält, § 568 Abs. 2 ZPO.
Die Entscheidung des Landgerichts stimmt zwar im sachlichen Ergebnis mit der des Amtsgerichts überein. Das Landgericht hat aber neues erhebliches Vorbringen der Gläubigerin – sie benötige die Erlaubnis zur Zwangsvollstreckung in der Wohnung des Schuldners, um eventuell beim Amtsgericht ein Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung einleiten zu können – unberücksichtigt gelassen. Dies ist ein wesentlicher Verfahrensfehler des Beschwerdeverfahrens, denn das Landgericht hat dieses neue Vorbringen nicht etwa als rechtlich unerheblich gewürdigt, sondern unbeachtet gelassen. Dies ergibt sich daraus, daß es der Gläubigerin ausdrücklich vorgeworfen hat, sie habe außer der Mobiliarpfändung in der Wohnung des Schuldners keine andere Vollstreckungsmaßnahme versucht.
Ein schwerer Verfahrensfehler des Beschwerdeverfahrens eröffnet aber nach gefestigter Rechtsprechung als neuer selbständiger Beschwerdegrund im Sinne des § 568 Abs. 2 den dritten Rechtszug (siehe Nachweise bei Baumbach-Lauterbach, 38. Aufl., Anm. 2 B c zu § 568 ZPO).
Allerdings hat im vorliegenden Falle das Beschwerdevorbringen der Gläubigerin schon dem Amtsgericht vorgelegen und dieses hat sich ausweislich seines Beschlusses vom 5. November 1979 nicht veranlaßt gesehen, deshalb von seiner Auffassung über die Unverhältnismäßigke...