Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Beschluss vom 08.08.1979; Aktenzeichen 28 T 165/79)

AG Düsseldorf (Aktenzeichen 64 M 2175/79)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Die Erstbeschwerde des Obergerichtsvollziehers K. wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des 2. und 3. Rechtszuges werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

Der Beschwerdewert beträgt 3.000 DM.

 

Gründe

Die Schuldner sind, durch rechtskräftiges Versäumnisurteil zur Räumung ihrer Wohnung verurteilt worden. Der zuständige Gerichtsvollzieher hat unter Hinweis auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 1979 (NJW 1979, 1539) die Zwangsräumung aus diesem Urteil ohne besondere richterliche Genehmigung gemäß § 758 ZPO abgelehnt. Mit Beschluß vom 4. Juli 1979 hat das Amtsgericht auf die. Erinnerung der Gläubigerin den Gerichtsvollzieher angewiesen, „die beantragte Räumung ohne besondere richterliche Genehmigung gemäß § 758 ZPO durchzuführen”. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Gerichtsvollziehers ist vom Landgericht als unzulässig verworfen worden. Es hat angenommen, daß dem Beschwerdeführer ein eigenes Beschwerderecht gegen die Entscheidung des Amtsgerichts nicht zustehe, weil er durch diese lediglich in seiner Stellung als Vollstreckungsorgan nicht dagegen in seinen eigenen Rechten betroffen werde. Gegen die Entscheidung des Landgerichts hat der Gerichtsvollzieher sofortige weitere Beschwerde erhoben, um deren Zurückweisung die Gläubigerin bittet.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 568, 569, 577, 793 ZPO). Die Berechtigung des Beschwerdeführers zur Einlegung der weiteren Beschwerde ergibt sich bereits daraus, daß das Landgericht seine Erstbeschwerde verworfen hat.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts war der Beschwerdeführer als der von der vorausgegangenen Entscheidung des Amtsgerichts betroffene Gerichtsvollzieher auch zur Einlegung der Erstbeschwerde befugt.

Im Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO können neben dem Schuldner und dem Gläubiger auch dritte Personen ein Rechtsmittel einlegen, soweit sie ein berechtigtes Interesse haben und ihre Rechte durch die Entscheidung beeinträchtigt worden sind (Beschluß des Senats vom 3.2.1978 – 3 W 366/77 – DGVZ 1978, 73 mit weiteren Rechtssprechungsnachweisen). Ein berechtigtes Interesse des Beschwerdeführers liegt hier jedenfalls darin, daß er, wenn der Beschluß des Amtsgerichts entsprechend seiner, des Beschwerdeführers, Ansicht nicht ausreicht, bei der Zwangsvollstreckung rechtswidrig handeln und deshalb Notwehrhandlungen des Schuldners ausgesetzt sein würde (KG in DVGZ 1975, 57). Eine andere Beurteilung ist auch nicht geboten, weil die Richterin des Amtsgerichts die vom Beschwerdeführer für erforderlich gehaltene richterliche Genehmigung, wenn auch in verschlüsselter Form, erteilt hätte. Diese hat vielmehr, wie die Gründe ihrer Entscheidung ergeben, die Erteilung einer Genehmigung gemäß § 758 ZPO ausdrücklich abgelehnt und den Beschwerdeführer für verpflichtet gehalten, aus dem Räumungstitel auch ohne eine solche Genehmigung zu vollstrecken. Die Überprüfung dieser nach seiner Ansicht unrichtigen Rechtsauffassung konnte der Beschwerdeführer mit der Erstbeschwerde verlangen.

Seine Erstbeschwerde ist aber sachlich nicht begründet.

Nach § 758 ZPO ist der Gerichtsvollzieher befugt, die Wohnung und die Behältnisse des Schuldners zu durchsuchen, soweit der Zweck der Vollstreckung es erfordert (Abs. 1). Er darf auch die verschlossenen Haustüren, Zimmertüren und Behältnisse öffnen lassen (Abs. 2). Wenn er Widerstand findet, kann er Gewalt anwenden und zu diesem Zwecke die Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane nachsuchen (Abs. 3). Diese Vorschriften gelten, wie schon ihre Stellung in dem „Allgemeine Vorschriften” überschriebenen ersten Abschnitt des 8. Buches der Zivilprozeßordnung zeigt, für alle Arten der Zwangsvollstreckung, also auch für die Zwangsräumung. Sie erfordern an sich nichts andere als einen, zur Zwangsvollstreckung geeigneten zugestellten Titel, mag dieser von einem Richter, einem Rechtspfleger oder einer Verwaltungsbehörde erlassen sein. Demgegenüber bestimmt Artikel 13 GG, der die Unverletzlichkeit der Wohnung zum Gegenstand hat, in seinem Absatz 2, daß – abgesehen von dem Fall der Gefahr im Verzuge – Durchsuchungen einer Wohnung nur durch einen Richter angeordnet werden können. § 758 ZPO wird daher durch Artikel 13 Abs. 2 GG dahin ergänzt, daß eine Durchsuchung der Wohnung des Schuldners im Wege der Zwangsvollstreckung, soweit nicht Gefahr im Verzuge ist, der besonderen Anordnung durch einen Richter bedarf (BVerfG a.a.O.). Die insoweit abweichende frühere Auffassung des Senats (NJW 1978, 221) wird nicht mehr aufrechterhalten.

Zwar erfordert die Räumung der Wohnung, zu der die Schuldner im vorliegenden Falle rechtskräftig verurteilt sind, im Wege der Zwangsvollstreckung nicht notwendig auch die Durchsuchung der Wohnung. Aber selbst wenn man das Betreten der Wohnung ohne oder gegen den Willen der Schuldner als vom Schutzzweck des Artikel 13 Abs. 2 GG mitumfaßt...

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