Leitsatz (amtlich)
Dem Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs kommt neben dem Antrag auf Zug um Zug-Leistung ein selbständiger Wert nicht zu.
Normenkette
ZPO §§ 3, 5, 260; GKG § 48
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 04.04.2008; Aktenzeichen 10 O 238/06) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der im Urteil der 10. Zivilkammer des LG Duisburg - Einzelrichter - vom 4.4.2008 bestimmte Streitwert anderweitig auf insgesamt 27.959,07 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das LG hat den (abgewiesenen) Antrag, mit welchem der Kläger (Leasingnehmer) aus abgetretenem Recht des Leasinggebers nach erklärter Wandlung des Kaufvertrags neben dem Begehren auf Rückzahlung des Kaufpreises (27.959,07 EUR Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Kaufsache) den Verzug der Beklagten (Verkäuferin/Lieferantin) mit der Annahme des Kraftfahrzeugs festgestellt haben wollte, mit 2.500 EUR besonders bewertet. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, mit welcher er erreichen will, dass die Feststellung des Annahmeverzugs ohne Wertansatz bleibt. Die Beklagte hält die Streitwertfestsetzung nach Grund und Höhe für richtig.
II. Die Beschwerde ist gem. §§ 63 Abs. 2, 68 Abs. 1 GKG, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und wegen der Überschreitung der notwendigen Beschwer von mehr als 200 EUR (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) auch im Übrigen zulässig. Über sie entscheidet der Senat gem. § 122 Abs. 1 GVG nach Übertragung durch den Einzelrichter (§ 568 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO) in seiner vollen Besetzung.
III. Die Beschwerde ist auch begründet. Der angegriffene Streitgegenstandsteil ist gebührenrechtlich nicht gesondert zu bewerten, so dass der Streitwert in Höhe des zurückgeforderten Kaufpreises mit 27.959,07 EUR anderweitig festzusetzen ist.
1. Allerdings geht das LG im rechtlichen Ansatz zunächst zutreffend davon aus, dass grundsätzlich der Wert mehrerer in einer Klage verbundener Ansprüche (vgl. § 260 ZPO) auch gebührenrechtlich zusammengerechnet werden. Das folgt aus § 48 Abs. 1 Satz 1, Halbs. 1 GKG, der mangels einer abweichenden, spezifisch kostenrechtlichen Bestimmung für die gebührenrechtliche Wertbestimmung auf § 5 Halbs. 1 ZPO verweist. Das LG hat aber übersehen, dass § 5 Halbs. 1 ZPO seinem Sinn und Zweck entsprechend einschränkend auszulegen ist. Mit dieser Regelung soll erreicht werden, dass das bei einer Anspruchshäufung regelmäßig vorliegende höhere wirtschaftliche Interesse nicht nur prozessrechtlich (vgl. RGZ 126, 18, 21; Schumann NJW 1982, 2800 f. sub Nr. IV, Frank, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht 1985, S. 164 ff.; Wieczorek/Gamp, ZPO, 3. Aufl., § 5 Rz. 3; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 5 Rz. 1 und 5; Musielak/Heinrich, ZPO, 6. Aufl., § 5 Rz. 7), sondern über § 48 Abs. 1 S. 1 GKG eben auch gebührenrechtlich erfasst wird (vgl. Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl. Rz. 3433 ff.). Es genügt für eine Wertaddition also nicht, dass prozessrechtlich mehrere selbständige Streitgegenstände vorliegen. Hinzu kommen muss vielmehr, dass die gehäuften Ansprüche auch wirtschaftlich selbständig sind (vgl. die Schriftumsnachweise, a.a.O.). Fehlt ihnen ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert, findet keine Wertaddition statt.
2. In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schriftum ist umstritten, ob dem auf Feststellung des Annahmeverzugs gerichteten Antrag neben dem Zug-um-Zug-Leistungsantrag ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt. Es stehen sich im Prinzip zwei Auffassungen gegenüber.
a) Nach der einen Meinung hat ein solcher Feststellungsantrag einen eigenständigen wirtschaftlichen Wert, der deshalb gem. § 5 Halbs. 1 ZPO zum Leistungsinteresse zu addierenden sei. Dabei ist allerdings wiederum umstritten, wie dieser Wert zu bemessen ist. Die einen vertreten die Auffassung, der Wert sei nur geringfügig, nämlich nur mit einem Bruchteil von maximal 1 % des Leistungsinteresses (OLG Bremen OLGReport Bremen 2007, 625; OLG Düsseldorf JurBüro 1994, 496; OLG Celle, Urt. v. 13.10.1988, Az: 7 U 3/88, zit. nach BGH NJW-RR 1989, 826 = MDR 1989, 732; Schneider MDR 1990, 197, 198; Anders/Gehle/Kunze, Streitwertlexikon, 4. Aufl., Feststellungsausspruch Feststellungsklage" Rz. 13) oder sogar stets nur mit einem geringen Festbetrag von höchstens 100 DM (heute ca. 50 EUR) zu bewerten (OLG Frankfurt JurBüro 1991, 410). Die in diesem Lager vertretene Gegenmeinung, der auch das LG folgt, vertritt die Auffassung, maßgeblich für den zu addierenden Wert seien die Kosten, die der Gläubiger in der Zwangsvollstreckung des Zug-um-Zug-Urteils gem. §§ 756, 765 ZPO erspare, indem er wegen des im Feststellungsausspruch beurkundeten Annahmeverzugs die Gegenleistung nicht nochmals tatsächlich anbieten müsse (OLG Naumburg OLGReport Naumburg 2000, 368; LG Essen MDR 1999, 1226; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., Anh. § 3 Rz. 7; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 3 Rz. 16, Stichw. Annahmeverzug").
b) Die inzwischen wohl überwiegend vertretene Gegenmeinung sieht eine (wirtschaftliche) Identität zwischen der Hauptforderung und dem Feststellungsbegehr...