Leitsatz (amtlich)
In der Frage, ob dem auf Feststellung des Annahmeverzugs gerichteten Antrag neben dem Leistungsantrag ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, schließt sich der Senat der Ansicht an, dass eine wirtschaftliche Identität zwischen der Hauptforderung und dem Feststellungsbegehren besteht, so dass der Feststellungsantrag keinen eigenständigen Gegenstandswert hat und ein Additionsverbot besteht.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Beschluss vom 10.01.2012; Aktenzeichen 5 O 46/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 10.1.2012 teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Der Streitwert für die erste Instanz wird festgesetzt auf 4.800 EUR.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer hat in dem Verfahren vor dem LG Magdeburg auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Beschwerdegegnerin auf Herausgabe einer Prothese zunächst mit eigenem Schriftsatz vom 26.11.2011 widerklagend beantragt, die Beschwerdegegnerin zu verurteilen, an ihn 5.948,23 EUR Werklohn für eine Beinprothese zu zahlen. Darüber hinaus hat er beantragt, festzustellen, dass sich die Beschwerdegegnerin seit dem 15.11.2011 im Annahmeverzug hinsichtlich des Beinprothesenwerkstückes befinde. In der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2011 erklärte der anwaltlich nicht vertretene Beschwerdeführer, er mache aus der Klage einen erstrangigen Teilbetrag i.H.v. 4.800 EUR geltend.
Mit Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 21.12.2011 wurde die Widerklage von dem Ursprungsverfahren 5 O 1703/11 abgetrennt. Der Gebührenstreitwert für das neue Verfahren wurde mit Beschluss vom 10.1.2012 auf die Gebührenstufe bis 6.000 EUR festgesetzt, wobei der Feststellungsantrag mit 300 EUR bewertet wurde. Der Beschwerdeführer nahm mit Schreiben vom 22.1.2012 seine Widerklage zurück und legte Streitwertbeschwerde ein. Zur Begründung führt er aus, bei einem Streitwert von 4.800 EUR sei generell das AG zuständig. Das LG Magdeburg half der Beschwerde mit Beschluss vom 22.2.2012 nicht ab und legte sie dem OLG zur Entscheidung vor.
II. Die Beschwerde ist gem. §§ 63 Abs. 2, 68 Abs. 1 GKG, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und wegen der Überschreitung der notwendigen Beschwer von mehr als 200 EUR (§ 68 Abs. 1 S. 1 GKG) auch im Übrigen zulässig.
1. Der Zulässigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Nach § 78 ZPO besteht zwar grundsätzlich für Beschwerden vor dem OLG Vertretungszwang. Aus §§ 78 Abs. 3 ZPO, 66 Abs. 5 Satz 1, 68 As. 2 S. 6 GKG und § 569 Abs. 3 ZPO folgt jedoch, dass für das Verfahren über die Beschwerde gegen Festsetzung des Streitwertes kein Vertretungszwang besteht, da diese zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden kann (Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 569 Rz. 13, Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 78 Rz. 28).
2. Die Beschwerde ist auch begründet. Der vom LG festgesetzte Streitwert in der Gebührenstufe bis 6.000 EUR ist zu hoch. Allerdings geht das LG im rechtlichen Ansatz zunächst zutreffend davon aus, dass grundsätzlich der Wert mehrerer in einer Klage verbundener Ansprüche (§ 260 ZPO) auch gebührenrechtlich zusammengerechnet werden. Das folgt aus § 48 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 GKG, der mangels einer abweichenden, spezifisch kostenrechtlichen Bestimmung für die gebührenrechtliche Wertbestimmung auf § 5 Halbs. 1 ZPO verweist. Allerdings ist § 5 Halbs. 1 ZPO seinem Sinn und Zweck entsprechend einschränkend auszulegen. Mit dieser Regelung soll erreicht werden, dass das bei einer Anspruchshäufung regelmäßig vorliegende höhere wirtschaftliche Interesse nicht nur prozessrechtlich (Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 5 Rz. 1 und 5; Musielak/Heinrich, ZPO, 8. Aufl., § 5 Rz. 7), sondern über § 48 Abs. 1 S. 1 GKG eben auch gebührenrechtlich erfasst wird (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl. Rz. 2316 f. mit Darstellung des Meinungsstandes). Es genügt für eine Wertaddition also nicht, dass prozessrechtlich mehrere selbständige Streitgegenstände vorliegen. Hinzu kommen muss vielmehr, dass die gehäuften Ansprüche auch wirtschaftlich selbständig sind. Fehlt ihnen ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert, findet keine Wertaddition statt.
In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum ist umstritten, ob dem auf Feststellung des Annahmeverzugs gerichteten Antrag neben dem Leistungsantrag ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt. Es stehen sich im Prinzip zwei Auffassungen gegenüber.
a) Nach der einen Meinung hat ein solcher Feststellungsantrag einen eigenständigen wirtschaftlichen Wert, der deshalb gem. § 5 HS. 1 ZPO zum Leistungsinteresse zu addierenden sei. Dabei ist allerdings wiederum umstritten, wie dieser Wert zu bemessen ist. Die einen vertreten die Auffassung, der Wert sei nur geringfügig, nämlich nur mit einem Bruchteil von maximal 1 % des Leistungsinteresses (OLG Bremen O...