Verfahrensgang
Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster (Entscheidung vom 25.01.2011; Aktenzeichen VK 10/10) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster vom 25. Januar 2011 (VK 10/10) teilweise aufgehoben.
Der Antragsgegnerin wird untersagt, im vorliegenden Vergabeverfahren einen Zuschlag zu erteilen, ohne zuvor unter Bekanntgabe neuer Zuschlagskriterien neue Angebote der an dem Verfahren beteiligten Bieter einzuholen und zu werten.
Im Übrigen werden die Beschwerde und der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer tragen ebenso wie die Kosten des Beschwerdeverfahrens die Antragstellerin und die Antragsgegnerin zu je 50 %. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Aufwendungen der Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer sowie im Beschwerdeverfahren werden der Antragsgegnerin zu 50 % auferlegt. Die Aufwendungen der Beigeladenen zu 1) trägt die Antragstellerin, die der Beigeladenen zu 2) die Antragsgegnerin. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Der Streitwert wird auf bis zu 40.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Im Juli 2010 schrieb die Antragsgegnerin Planungsleistungen nach HOAI für die Sanierung eines Blockheizkraftwerks im Verhandlungsverfahren nach VOF europaweit aus. Zusätzlich zu den Leistungsphasen 1 - 4 wurden die Leistungsphasen 5 - 9 optional abgefragt. Den Auftragswert für die Ingenieurleistungen schätzte die Antragsgegnerin auf ca. 680.000 €. Unter Ziff. IV.1.2 der Bekanntmachung legte sie fest, dass die Zahl der Wirtschaftsteilnehmer, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollten, mindestens 3 betragen und 5 nicht übersteigen sollte. Zugleich wurde bestimmt:
"Objektive Kriterien für die Auswahl der begrenzten Zahl von Bewerbern: Nach Überprüfung der formalen Kriterien werden folgende Kriterien im Rahmen einer Punktebewertung geprüft:
Referenzen gemäß Pkt. III.2.3 (Gewichtung 50 %),
Lebensläufe des Projektleiters und der federführenden Projektmitarbeiter (40 %),
Bewertete Kapazitäten (Höchstpunktzahl bei Büromindestgröße) (10 %).
Gemäß Ziffer IV.2.1 der Bekanntmachung sollte der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot gemäß den nachstehenden Kriterien erteilt werden:
Qualität und Strukturierung der Lösungsvorschläge für die Aufgabenstellung gemäß Aufgabenbeschreibung, Gewichtung 30 %
Kommunikationsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft des Projektleiters, Gewichtung 25 %
Nachweis der Kosten und Terminsicherheit, Gewichtung 25 %
Preis im Rahmen des geltenden Preisrechtes des HOAI, Gewichtung 15 %
Verfügbarkeit und örtliche Präsenz, Gewichtung 5 %."
Die Eignungsprüfung nahm die Antragsgegnerin anhand einer Bewertungsmatrix vor, in der die in der Bekanntmachung genannten Eignungskriterien durch weitere gewichtete Unterkriterien inhaltlich ausgefüllt wurden. Diese Bewertungsmatrix war den Bietern nicht bekannt gegeben worden.
Nach Abschluss der Eignungsprüfung forderte die Antragsgegnerin aus dem Teilnehmerfeld von 12 Teilnehmern 5 Bewerber, darunter die Antragstellerin, die Beigeladene zu 2) sowie die PG… GmbH zur Abgabe eines Angebots auf.
Diese hatte in der Erklärung zur wirtschaftlichen Verknüpfung und Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen nach § 4 Abs. 2 VOF ausgeführt:
"Innerhalb der PD... GmbH werden derzeit gesellschaftsrechtliche Änderungen vorbereitet mit der Zielsetzung, P... als Unternehmen in Deutschland größer und noch leistungsfähiger zu machen. Mitte des Jahres 2010 werden einzelne P... Gesellschaften - u.a. PG… GmbH - zur PD... GmbH verschmolzen. Die operativen Einheiten einschließlich der Verantwortlichen in der Führung bleiben unverändert. Die Ihnen bekannten Ansprechpartner behalten ihre Funktion und Aufgaben. Rechtsnachfolgerin der heutigen PG… GmbH wird dann die PD... GmbH.
Die Verschmelzung der heutigen P...-Gesellschaften in Deutschland wird in 2011 abgeschlossen sein. PD... GmbH erreicht dann eine Leistungsstärke von rd. 850 Mitarbeitern und bei einer Bilanzsumme von ca. 60 Mio Euro ein jährliches Umsatzvolumen von mehr als 100 Mio Euro."
Von den eingegangenen Angeboten lag das Angebot der Beigeladenen zu 2) zunächst auf dem ersten Rang, das Angebot der PG… GmbH folgte auf dem zweiten Rang und das Angebot der Antragstellerin nahm die dritte Rangstelle ein. Die Antragsgegnerin forderte die Antragstellerin und die PG… GmbH, nicht aber die Beigeladene zu 2) zu einer Überarbeitung ihres Honorarangebots auf. Unter dem 14. Oktober 2010 unterbreitete die PD... GmbH, die jetzige Beigeladene zu 1), ein überarbeitetes Honorarangebot. In ihrem Anschreiben erklärte sie:
"Wir möchten vorwegschicken, dass alle Erklärungen und Leistungsinhalte unseres ursprünglichen Angebots vom 28.09.2010 und die Erklärungen zum Angebotsumfang vom 06.10.2010 unverändert Bestand haben."
Die PG… GmbH war zwischenzeitlich mit ihren Schwestergesellschaften auf die Beigeladene zu 1) verschmolzen worden. Bereits vor der Verschmelzung stand sie als Enkelge...