Leitsatz (amtlich)

1. Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens sind im Rahmen des Kostenausgleichs des Hauptprozesses festsetzbar, wenn zwischen den jeweiligen Parteien und Streitgegenständen im selbständigen Beweisverfahren und Hauptverfahren Identität besteht, ohne dass es auf die Verwertung des Beweisergebnisses ankäme.

2. Für eine Kostenentscheidung ist im selbständigen Beweisverfahren kein Raum, wenn der Antragsteller Klage erhoben hat, das Prozessgericht aus Rechtsgründen aber das im selbständigen Beweisverfahren eingeholte Gutachten nicht verwertet.

 

Normenkette

ZPO §§ 485, 494a Abs. 2, § 103

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Beschluss vom 25.06.2009; Aktenzeichen 1 O 128/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Kleve - Rechtspfleger - vom 25.6.2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

Beschwerdewert: 554,71 EUR

 

Gründe

Die gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1, 568 Satz 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Die von der Klägerin zur Festsetzung angemeldeten Gerichtskosten und ihre außergerichtlichen Kosten des selbständigen Beweisverfahrens AG Rheinberg 12 H 5/05 gehören zu den notwendigen Kosten dieses Rechtsstreits, die nach der Kostengrundentscheidung im Urteil vom 7.12.2007 zu 90 % von der Klägerin und zu 10 % von dem Beklagten zu tragen sind.

1. Voraussetzung für die Festsetzbarkeit der Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens im Rahmen des Kostenausgleichs des Hauptprozesses ist nach der Rechtsprechung des BGH die Identität der jeweiligen Parteien und Streitgegenstände im selbständigen Beweisverfahren und Hauptverfahren (vgl. BGH NJW-RR 2006, 810; Rpfleger 2003, 264; OLG Düsseldorf Rpfleger 2007, 228).

Hier ist sowohl die Identität zwischen den Streitparteien als auch zwischen den Streitgegenständen gegeben. Beide Verfahren wurden zwischen denselben Parteien geführt und dienten der Durchsetzung von vermeintlichen Schadensersatzansprüchen der Klägerin.

2. Auf die Frage, ob das aus dem selbständigen Beweisverfahren gewonnene Ergebnis verwertet wurde, kommt es nicht an. Vielmehr ist ausschließlich auf die Identität der jeweiligen Parteien und Streitgegenstände abzustellen (BGH NJW-RR, a.a.O.). Dass die Gerichtskosten nur bei entsprechender Verwertung zu erstatten seien, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Eine entsprechende Einschränkung würde überdies zu Wertungswidersprüchen führen. Denn für die Kosten eines Gutachtens im Hauptprozess kommt es auch nicht auf dessen Verwertung an. Zudem ist ein vorgerichtliches Parteigutachten schon dann erstattungsfähig, wenn die Einholung des Gutachtens aus der maßgeblichen "ex-ante" Sicht der Partei zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war, ohne dass es auf die spätere Verwertung im Prozess ankommt (OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2005, 526).

Im selbständigen Beweisverfahren, das zu keiner Streitentscheidung führt und daher keine obsiegende oder unterlegene Partei kennt, findet grundsätzlich kein Kostenausgleich entsprechend §§ 91 ff. ZPO statt. Erst im Hauptsacheprozess können und sollen die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens in die Entscheidung über die Prozesskosten einbezogen werden (OLG Düsseldorf, a.a.O.; vgl. Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 494a Rz. 1). Nur wenn die Hauptsacheklage nicht erhoben wird, kann nach § 494a Abs. 2 ZPO eine selbständige Kostengrundentscheidung ergehen (vgl. OLG Düsseldorf MDR 2008, 1060); dies soll dem Antragsgegner des Beweisverfahrens ermöglichen, bei unterbliebener Klage so gestellt zu werden, als habe er in der Hauptsache obsiegt. Ob § 494a ZPO im Wege der Analogie auf die Fälle auszudehnen ist, in denen die Hauptsacheklage zwar erhoben, jedoch zurückgenommen oder als unzulässig abgewiesen wurde (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., Rz. 4 m.w.N.), mag hier dahinstehen. Jedenfalls kann § 494a ZPO nicht auch auf diejenigen Fälle erstreckt werden, in denen sich das Gericht mit dem Vorbringen des Antragstellers im Beweisverfahren in der Sache befasst, aus Rechtsgründen aber das Ergebnis des im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachtens nicht verwertet; dies ließe sich mit Sinn und Zweck von § 494a ZPO nicht mehr vereinbaren (vgl. BGH Rpfleger 2003, 264).

3. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens waren hier zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Klägerin notwendig i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO. Aus ihrer Sicht waren die Kosten als zweckmäßig anzusehen, auch wenn ihre Ansprüche verjährt waren. Denn die Verjährungseinrede lag im Hinblick auf die Ausführungen des LG im Urteil vom 7.12.2007 und des Senats im Beschluss vom 16.2.2009 (bei JURIS Nr. JURE090042723) nicht so klar auf der Hand, dass die Klägerin eine Beweissicherung für sinnlos und überflüssig halten musste. Im Übrigen hat sich das LG in seinen Hilfserwägungen auf das Beweissicherungsgutachten bezogen und dessen Kosten ausdrücklich, wenn auch nicht mit bindender Wirkung für die Kostenfestsetzung, als Kosten der Hau...

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