Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet auf Kosten des Betroffenen verworfen.

 

Gründe

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die die Einzelrichterin durch Beschluss vom 26.04.2010 zur Fortbildung des Rechts auf den Senat übertragen hat, ist nicht begründet.

II.

1.

Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils befuhr der Betroffene am 20. April 2009 um 10.46 Uhr die Bundesautobahn A52 in Fahrtrichtung Düsseldorf auf Höhe km 67,73 als Fahrer des Pkw Mercedes mit dem Kennzeichen E - WE 3212 mit einer Geschwindigkeit vom 107 km/h. Er hielt dabei den erforderlichen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug von 53,5 m nicht ein, sondern lediglich einen solchen von 23,21 m. Die Abstandsunterschreitung ereignete sich über eine Wegstrecke von mindestens 350 m, wobei innerhalb dieser Strecke weder eine Abstandsverringerung durch Abbremsen noch durch Einscheren eines anderen Kraftfahrzeuges erfolgte. Die Messung von Abstand und Geschwindigkeit erfolgte mittels des Videobrücken-Abstandsmessungsverfahrens "VibrAM".

2. Der Betroffene wendet ein, durch die Verwertung der Videoaufzeichnung in seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt zu sein. Die Aufzeichnung habe im Bußgeldverfahren nicht verwertet werden dürfen.

III.

Entgegen der Ansicht des Betroffenen liegt kein Beweisverwertungsverbot vor.

a)

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.08.2009 (NJW 2009, 3293f.) stellen Datenaufzeichnungen, die eine Identifizierung von Kennzeichen und Fahrer ermöglichen, einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Lediglich der ungezielten und allein technikbedingten Datenerfassung ohne weiteren Erkenntnisgewinn mangelt es bereits an der Eingriffsqualität (BVerfGE 115, 320, 343). Liegt ein Eingriff in das Grundrecht vor, darf dieser darf zwar im überwiegenden Allgemeininteresse erfolgen, bedarf jedoch einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.

b)

In der obergerichtlichen Rechtsprechung sind nach der Beschlussfassung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.08.2009 verschiedene Entscheidungen zur Frage der Beweisverwertung von Videoaufzeichnungen in verkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren ergangen.

So hat das OLG Oldenburg (DAR 2010, 32, 33 betr. das System VKS 3.0) die Verwertbarkeit von Videoaufzeichnung für unzulässig erachtet, wenn eine durchgängige Aufnahme des fließenden Verkehrs derart erfolgt, dass die Fahrzeuge mit Kennzeichen erfasst werden und die Fahrer identifizierbar sind. Ähnlich argumentiert das OLG Dresden (DAR 2010, 210 f, ebenfalls betr. VKS 3.0). Eine Ermächtigungsgrundlage für einen derartigen Eingriff wurde hier nicht gesehen.

Demgegenüber wird in der übrigen Rechtsprechung (OLG Bamberg, NZV 2010,98 betr. das System VAMA, OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.01.10 [4 Ss 1525/09] betr. VriBrAM, OLG Jena, Beschluss vom 06.01.10 [1 Ss 291/10], OLG Koblenz, Beschluss vom 04.03.10 [1 Ss BS 23/10] betr. JVC, OLG Düsseldorf (1. Strafsenat) Beschluss vom 15.03.10 [IV-1 RBs 23/10]) betr. VibrAM, jeweils zitiert nach juris) die Verwertung von verdeckt erstellten Videoaufzeichnungen im Straßenverkehr für zulässig gehalten. Als Ermächtigungsgrundlage für den Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung wird überwiegend § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO angesehen.

c)

Auch der Senat hält § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO, der gem. § 46 Abs. 1 und 2 OWiG entsprechende Anwendung im Bußgeldverfahren findet, für eine taugliche Ermächtigungsgrundlage zur Einschränkung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. Danach dürfen Bildaufnahmen auch ohne Wissen der Betroffenen außerhalb von Wohnungen hergestellt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise weniger erfolgversprechend oder erschwert wäre. Anders als der Einsatz schwerwiegenderer Observationsmittel nach § 100h Abs. 1 Nr.2 StPO erfordert die Bildherstellung gerade nicht das Vorliegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung (OLG Dresden DAR 2010, 210, OLG Düsseldorf (1. Strafsenat) Beschluss vom 15.03.10 [IV-1 RBs 23/10] m.w.N auch zur gegenteiligen Auffassung). Dafür, dass § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO Bildaufnahmen lediglich zu Observations-, hingegen nicht zu Beweissicherungszwecken zulässt (so Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 100h Rn.1., KK-Nack, StPO, 6. Aufl., § 100h Rn.2), bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte (ausführlich dazu OLG Düsseldorf (1. Strafsenat) Beschluss vom 15.03.10 [IV-1 RBs 23/10]).

aa)

Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Eingriffs nach vorgenannter Norm ist zum einen ein bestehender Anfangsverdacht gegen den Betroffenen. Werden Verkehrsteilnehmer verdachtsunabhängig gefilmt und ein möglicher Verkehrsverstoß später anhand des Bildmaterials ausgewertet, sind die Voraussetzungen dieser Eingriffsnormen nicht erfüllt.

Nach Ansicht des 3. Senats für Bußgeldsachen des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 09.02.10 [IV-3 RBs 8/10], zitiert nach juris) erfolgt die Auswertung bei...

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