Leitsatz (amtlich)

1. Ergibt sich aus der Satzung eines Vereins, dass er mit der (hier: Evangelischen) Kirche in besonderer Verbindung steht, so tangiert die in der Satzungsbestimmung liegende Selbstbeschränkung, wonach Satzungsänderungen, die den Zweck des Vereins, die Zusammensetzung oder die Zuständigkeit seiner Organe oder die Bestimmungen über die Zuordnung zur Kirche verändern, nur mit den Stimmen dreiviertel der Mitglieder zulässig sind und der Zustimmung des Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde bedürfen, nicht den Kernbereich der Vereinsautonomie und ist daher wirksam.

2. Das Zustimmungserfordernis kann nicht allein durch Satzungsänderung mit der qualifizierten Stimmenmehrheit beseitigt werden.

 

Normenkette

BGB §§ 25, 33, 40, 138, 242; GG Art. 4, 9 Abs. 1, Art. 140; WRV Art. 137 Abs. 2, 4

 

Verfahrensgang

AG Viersen (Aktenzeichen 10 VR 0313)

LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 5 T 218/07)

 

Tenor

Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das AG - Rechtspfleger - angewiesen wird, von seinen Bedenken gegen die Eintragung der Änderung des § 13 (Streichung des Abs. 6) der Satzung vom 16.11.1982 Abstand zu nehmen.

Die der Beteiligten zu 2 im Verfahren notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten werden dem Beteiligten zu 1 zu 4/5 auferlegt.

Beschwerdewert 5.000 EUR.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1 ist ein eingetragener Verein, der ein Altenheim betreibt.

Vereinszweck ist es, "im Dienste praktischer Ausübung christlicher Nächstenliebe im Sinne der Diakonie als Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche auf dem Gebiet der Altenhilfe Einrichtungen zu errichten und zu betreiben, in denen hilfesuchende Menschen ohne Rücksicht auf Rasse Nationalität und Glauben aufgenommen und betreut werden."

Die Beteiligte zu 2 ist eine Kirchengemeinde, die dem Beteiligten zu 1 das Grundstück für das Altenheim zu günstigen Bedingungen zur Verfügung gestellt hat.

Die Satzung des Beteiligten zu 1 vom 16.11.1989 enthält u. A. folgende Bestimmungen:

"§ 4

(1) Mitglied des Vereins kann jede natürliche oder juristische Person werden, die den Vereinszweck bejaht und ihn zu fördern bereit ist. Natürliche Personen sollen in der Regel einer Kirche evangelischen Bekenntnisses angehören.

Die Beitrittserklärung ist ggü. dem Vorstand abzugeben, der über die Aufnahme entscheidet. Die Aufnahme bedarf der Zustimmung des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde D. ...

§ 11 ...

(5) Satzungsänderungen, die den Zweck des Vereins, die Zusammensetzung oder die Zuständigkeit seiner Organe oder die Bestimmungen über die Zuordnung zur Kirche verändern, sind nur mit den Stimmen dreiviertel der Mitglieder zulässig und bedürfen der Zustimmung des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde D."

§ 13

(6) Entgeltliche Verträge zwischen dem Verein und den Mitgliedern bedürfen der vorherigen Zustimmung des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde D. ..."

Der Beteiligte zu 1 beabsichtigt, die vorgenannten Zustimmungserfordernisse im Wege der Satzungsänderung zu streichen.

Am 28.9.2006 hielt der Beteiligte zu 1 eine außerordentliche Mitgliederversammlung ab, in der 20 von 24 Mitgliedern erschienen waren. Die 4 nicht erschienenen Mitglieder wurden durch 4 anwesende Mitglieder aufgrund schriftlicher Vollmacht vertreten. Die Mitgliederversammlung beschloss mit 20 Ja- und 4 Nein-Stimmen:

"Die Bestimmungen der Satzung des Vereins zu den Zustimmungs-Regelungen in § 4 Abs. 1, Satz 4, § 11 Abs. 5, letzter Halbsatz, § 13 Abs. 6 werden ersatzlos gestrichen."

Am 23.1.2007 beantragte Notar Dr. O., die Neufassung der Satzung in das Vereinsregister gemäß Beschluss der Mitgliederversammlung vom 28.9.2006 aufgrund der Anmeldung der Vorstandsmitglieder S. und K. vom gleichen Tage einzutragen.

Das AG hat die Eintragungsanträge durch Zwischenverfügung vom 29.1./12.4.2007 beanstandet und ausgeführt, jedenfalls die - unstreitig nicht erteilte - Zustimmung der Beteiligten zu 2 zur Satzungsänderung gem. § 11 Abs. 5 der bestehenden Satzung führe zur Unwirksamkeit des Beschlusses.

Hiergegen hat sich der Beteiligte zu 1 beschwert.

Er hat gemeint, die Zustimmung der Beteiligten zu 2 sei nicht erforderlich, da jedenfalls die "Kompetenz-Kompetenz" bei der Mitgliederversammlung verbleibe, das heißt, sie müsse die Möglichkeit haben, das Einflussrecht des Dritten im Wege der Satzungsänderung wieder zu beseitigen. Andernfalls sei das Selbstbestimmungsrecht des Vereins derart stark eingeschränkt, dass die Grenze des Zulässigen überschritten sei.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

Während des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 1 am 29.11.2007 eine weitere Mitgliederversammlung abgehalten, in der 24 von 28 Mitgliedern erschienen waren. In der Mitgliederversammlung wurde die Abstimmung über die Satzungsänderung entsprechend der Mitgliederversammlung vom 28.9.2006 wiederholt und mit 23 Ja-Stimmen und einer Enthaltung angenommen.

Das LG hat am 19.3.2008 die Beschwerde zurückgewiesen, woge...

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