Leitsatz (amtlich)
1. Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren des Insolvenzverwalters kommt nicht in Betracht, wenn die Durchsetzung des mit der beabsichtigten Anfechtungsklage verfolgten Anspruchs nicht dazu geeignet, eine eingetretene Massekostenarmut zu beheben.
2. Bei der Prognose der voraussichtlichen Verfahrenskosten im Rahmen der Prozesskostenhilfe ist auf die gesetzliche Regelvergütung einschließlich der Auslagen abzustellen. Ein (nur) im Prozesskostenhilfeverfahren hilfsweise erklärter Verzicht des Insolvenzverwalters auf einen Teil seiner Vergütung ist bei der Frage der Beseitigung der Massekostenarmut jedenfalls nicht zu berücksichtigen, da eine solche Erklärung den Insolvenzverwalter nicht bindet.
Normenkette
ZPO § 116 S. 1 Nr. 1, S. 2
Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 7 O 38/21) |
Tenor
Eine Entscheidung über die Gerichtskosten ist nicht veranlasst; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers zu Recht zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen des § 116 S. 1 Nr. 1, S. 2 i.V.m. § 114 Abs. 1 S. 1, letzter Halbs. ZPO nicht vorliegen.
Der Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten des Rechtsstreits aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen (§ 116 S. 1 Nr. 1 ZPO). Wie jede andere Partei auch kann der Insolvenzverwalter allerdings nur dann Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe in Anspruch nehmen, wenn seine Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig ist. Würde eine vermögende Partei, die für die Kosten selbst aufkommen müsste, auf die entsprechende Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung vernünftigerweise auch dann verzichten, wenn diese Rechtsverfolgung oder -verteidigung für sich gesehen Erfolg versprechend wäre, ist auch dem Insolvenzverwalter Prozess-/Verfahrenskostenhilfe zu versagen. Dass der aus einer Anfechtung zu erzielende Erlös wegen der vorweg zu befriedigenden (§ 53 InsO) Verfahrenskosten und der sonstigen Masseverbindlichkeiten nicht zu einer Verteilung an die Insolvenzgläubiger führt, steht zwar der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht entgegen (BGH, Beschl. v. 18.09.2003 - IX ZB 460/02, NZI 2004, 26, 27). Ist jedoch die Durchsetzung des mit der beabsichtigten Anfechtungsklage verfolgten Anspruchs nicht dazu geeignet, eine eingetretene Massekostenarmut zu beheben, muss dem Insolvenzverwalter in Fällen der Massekostenarmut PKH versagt werden (BGH, Beschl. v. 12.11.2015 - IX ZB 82/14, ZInsO 2016, 270 Rn. 4 m.w.N.). Stellt sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens heraus, dass die Insolvenzmasse nicht einmal mehr ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken, stellt das Insolvenzgericht das Verfahren ein, wenn nicht ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a InsO gestundet werden (§ 207 Abs. 1 InsO). Der Verwalter hat nach Wegfall der Verpflichtung zur Verwertung von Massegegenständen (§ 207 Abs. 3 S. 2 InsO) nur noch die vorhandene liquide Masse zu verteilen. Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren des Verwalters kommt bei dieser Sachlage nicht in Betracht. Fordert das Gesetz die alsbaldige Einstellung des Insolvenzverfahrens (§ 207 Abs. 1 InsO), kann nicht ein Anspruch auf Finanzierung eines erst noch durchzuführenden Rechtsstreits bestehen (BGH, Beschl. v. 22.11.2012 - IX ZB 62/12, NZI 2013, 79 Rn. 7).
Das Landgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die beabsichtigte Anfechtungsklage nicht geeignet ist, die bestehende Massekostenarmut zu beseitigen, weil selbst bei einem vollen Klageerfolg die voraussichtlichen Verfahrenskosten, die sich nach der Berechnung des Antragstellers unter Einschluss der Auslagenpauschale auf ... belaufen, nicht gedeckt sind. Hinsichtlich der tatsächlichen Grundlagen der Massekostenarmut gelten die gleichen Grundsätze wie für diejenigen der Deckung der Verfahrenskosten (BGH, Beschl. v. 16.07.2009 - IX ZB 221/08, WM 2009, 1673, 1674 Rn. 9). Ob das Vermögen des Schuldners gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 InsO voraussichtlich ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken, berechnet sich durch einen Vergleich zwischen dem verwertbaren, d.h. dem in angemessener Zeit in Geld umwandelbaren Vermögen des Schuldners mit den voraussichtlichen Kosten für das gesamte Insolvenzverfahren (BGH, Beschl. v. 17.06.2003 - IX ZB 476/02, ZIP 2003, 2171, 2172, juris Rn. 7). Es ist also eine Prognoseentscheidung erforderlich, bei der - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - ein objektiver Maßstab anzulegen ist. Für die Massekostenarmut orientiert sich der Begriff der Massekosten ausschließlich an § 54 InsO. Sie umfassen neben den Gerichtskosten auch die Vergütungen und die Auslagen des (vorläufigen) ...