Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 10. Februar 2017 (VK 1-3/17) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich des Verfahrens nach § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB werden der Antragstellerin auferlegt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerinnen, vertreten durch t. GmbH als Vergabestelle, haben mit EU-Bekanntmachung vom 08.11.2016 ein europaweites offenes Verfahren zum Abschluss von Rabattvereinbarungen nach § 130a Abs. 8 SGB V für insgesamt 40 nach Wirkstoffen gegliederte Fachlose eingeleitet. Streitbefangen ist Fachlos 37 (Tiotropiumbromid); bei diesem soll der Zuschlag an ein einziges Unternehmen erfolgen.

In den Vergabeunterlagen finden sich unter anderem folgende Regelungen:

Zuschlagskriterium ist der höchste angegebene Rabattsatz. Für den Fall, dass nach Prüfung und Wertung der Angebote mehrere Bieter einen identischen höchsten Rabattsatz angeboten haben, entscheidet das Los (Ziffer 2.9.2 der Vergabeunterlagen).

Angebote, die nicht mindestens einen Rabattsatz von 5 % bieten, werden von der Prüfung ausgeschlossen. Ziffer 2.8.2 der Vergabeunterlagen bestimmt hierzu:

"2.8.2 Gebot: Rabattsatz auf die vorgegeben Preisanker nach ApU

Basis für die abzugebenden Gebote sind die vorgegebenen Preisanker nach ApU sowie die hinter den einzelnen Artikeln stehenden Verordnungsmengen für den Zeitraum 01.07.2015 bis 30.06.2016.

Der Bewerber hat auf die Preisanker für die verschiedenen Artikel des Fachloses einen prozentualen Anteil anzubieten, der für alle vorgegebenen Preisanker der einzelnen Artikel des Fachloses gleich ist. Das Angebot umfasst somit alle im Fachlos aufgeführten Artikel bzw. Handelsformen.

Das Mindestgebot beträgt hierbei 5 %. Der Rabattsatz kann auf bis zu zwei Nachkommastellen angegeben werden. Angebote, die die genannte Voraussetzung nicht beinhalten, werden zwingend von der Prüfung ausgeschlossen.

Durch das Gebot in Form des prozentualen Rabattsatzes auf den Preisanker können fiktive Herstellerabgabepreise errechnet werden. Diese dienen als Grundlage für die spätere Berechnung des nach dem Rabattvertag zu errechnenden Rabattes."

Zudem behalten sich die Antragsgegnerinnen unter bestimmten Voraussetzungen die Aufhebung des Vergabeverfahrens vor, unter anderem, wenn sich "das Marktumfeld nicht so wie erwartet entwickelt und damit Verträge zu erwarten sind, welche (...) unwirtschaftlich werden" (Ziffer 2.11 der Vergabeunterlagen).

Die ausgeschriebene Rabattvereinbarung (RV) regelt zur Lieferfähigkeit, die der Auftragnehmer für die Dauer des Vertrags gewährleisten muss, dass "in Fällen höherer Gewalt" keine Lieferpflicht besteht (§ 3 Abs. 1 Satz 3 RV). Darüber hinaus enthält die Rabattvereinbarung unter anderem folgende Regelungen zu Vertragsstrafen (§ 10 RV) und einem Sonderkündigungsrecht der Antragsgegnerinnen (§ 12 RV):

"§ 10

Vertragsstrafe

(1) Bei schwerwiegenden oder wiederholten schuldhaften Vertragsverstößen können die Krankenkassen bzw. t. eine angemessene Vertragsstrafe festsetzen.

(2) Die Vertragsstrafe kann insbesondere bei folgenden Vertragsverstößen festgelegt werden:

(a) Lieferverzögerung oder -unfähigkeit,

(b) Verstoß gegen Verpflichtungen des pharmazeutischen Unternehmens zur Einhaltung des Datenschutzes,

(c) Verstoß gegen die Vertraulichkeitsverpflichtung.

(3) Im Fall einer Lieferverzögerung oder -unfähigkeit beträgt die Vertragsstrafe für jede vollendete Woche ab Beginn der Lieferverzögerung bzw. -unfähigkeit 0,5 % des Wertes des Teils der Leistung, welcher nicht genutzt werden kann, maximaximal jedoch 8 %. Der Wert des Teils der Leistung, welcher nicht genutzt werden kann, wird anhand der Menge, welche der pharmazeutische Unternehmer in einem dem Zeitraum der Lieferverzögerung bzw. -unfähigkeit entsprechenden Referenzzeitraum, in welchem volle Lieferfähigkeit bestand, abgegeben hat, berechnet. Grundlage der Berechnung ist der aktuell geltende ApU gemäß Lauertaxe.

(4) Die Vertragsstrafe beträgt mit Ausnahme der in Absatz 3 geschilderten Fälle der Lieferverzögerung und -unfähigkeit max. 50.000 EURO p.a..

(5) Die Krankenkassen bzw. t. können Ansprüche aus verwirkter Vertragsstrafe bis zur Jahresendabrechnung geltend machen.

(6) Der pharmazeutische Unternehmer hat den beteiligten Krankenkassen und t., unabhängig von einer Vertragsstrafe, den Schaden zu ersetzen, der durch die schuldhafte Vertragsverletzung entstanden ist. Jedoch wird eine Vertragsstrafe auf solche Schadensersatzansprüche angerechnet."

"§ 12

Sonderkündigungsrecht nach Wirtschaftlichkeitsprüfung

(1) Die Rabattvereinbarung kann von den Krankenkassen bzw. t. fachlosbezogen zum Ende des ersten Vertragsjahres gekündigt werden, wenn in Folge der in Absatz 2 geregelten Wirtschaftlichkeitsprüfung festgestellt wird, dass die durch die Ausschreibung erzielten Umsätze unwirtschaftlich sind.

(2) Die Wirtschaftlichkeitsprüfung wird von t. fachlosbezogen in den Vertragsmonaten 6, 7, 8 nach Vertragsbeginn erfolgen. Während dieses Zeitraums werden die aktuellen Apothekenverkaufspreise ...

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