Tenor

Den Antragsgegnerinnen wird in dem Vergabeverfahren "GKVBW-2017-Kontrastmittel" zum Abschluss von Verträgen über die Versorgung mit Kontrastmitteln im Sprechstundenbedarf für den Zeitraum vom 01.10.2017 bis zum 30.09.2019 vorab gestattet, den Zuschlag für die Fachlose C 1, C 2 und M 2 zu erteilen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist Herstellerin von mehreren Kontrastmitteln.

Die Antragsgegnerinnen sind die (Verbände der) gesetzlichen Krankenkassen in Baden-Württemberg. Sie beabsichtigen, im Rahmen eines offenen Verfahrens Verträge über die Belieferung von radiologisch tätigen Vertragsärzten in Baden-Württemberg mit Kontrastmitteln im Rahmen des Sprechstundenbedarfs für den Zeitraum vom 01.10.2017 bis zum 30.09.2019 zu vergeben (Vergabeverfahren "GKVBW-2017-Kontrastmittel"). Diese Absicht machten sie am 8. März 2017 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union unionsweit bekannt (ABl. EU 2017/S 047-085941; berichtigt durch ABl. EU 2017/S 066-124173 und 2017/S 050-091901). Die Antragsgegnerinnen haben den Beschaffungsbedarf in 28 Fach- und Teillose aufgeteilt. Im Beschwerdeverfahren von Interesse sind (nur noch) die Fachlose C 1, C 2 (Wirkstoff jeweils Iohexol) und M 2 (Wirkstoff Gadotersäure).

Die Antragsgegnerinnen forderten die Bieter auf, in der Anlage 4 zu den Bewerbungsbedingungen je Fachlos einen Erstattungsbetrag in Höhe von mindestens 15 % und zwar bezogen auf den preisgünstigsten Wettbewerbspreis des jeweiligen Produkts gemäß Lauer-Taxe, Stand 01.01.2017, einzutragen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Bewerbungsbedingungen, insbesondere Ziff. 4 und 5, sowie auf die Anlage 4 zu den Bewerbungsbedingungen Bezug genommen. Die für den Zuschlag maßgebliche Wirtschaftlichkeitsbewertung sollte je Fachlos nach Maßgabe des Zuschlagskriteriums der Wirtschaftlichkeit der Summe der gewichteten Erstattungsbeträge erfolgen (Abschnitt A. IV. 3 der Bewerbungsbedingungen). Entscheidend für die Gewichtung war die Menge der im Referenzzeitraum 01.11.2015 bis 31.10.2016 von den Vertragsärzten in Baden-Württemberg als Sprechstundenbedarf bezogenen Kontrastmittel, die der jeweiligen Versorgungsbedarfsgruppe (VBG) zuzuordnen sind. Wegen weiterer Einzelheiten wird auch insoweit auf die Bewerbungsbedingungen und die Anlage 2 "Abrechnungsvolumina" Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat unter anderem Angebote für die Fachlose C 1, C 2 und M 2 abgegeben.

Mit Bieterfrage vom 29.03.2017 monierte sie die Vorgabe eines Mindesterstattungssatzes in Höhe von 15 % als vergaberechtsfehlerhaft. Zudem beanstandete sie die Bewertungsformel, weil 10er-Packungen bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots nicht berücksichtigt würden.

Nach Nichtabhilfe ihrer Rügen beantragte sie Nachprüfung bei der zuständigen Vergabekammer des Bundes, die mit Beschluss vom 11. Mai 2017 den Nachprüfungsantrag für begründet hielt, soweit er die Vorgabe eine Mindesterstattungsbetrags in Höhe von 15 % zum Gegenstand hatte. Im Übrigen wies sie den Nachprüfungsantrag zurück, weil die Bewertungsmethode der Antragsgegnerinnen nicht zu beanstanden sei.

Gegen diesen Beschluss haben sowohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegnerinnen sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Antragsgegnerinnen haben zudem beantragt, ihnen vorab den Zuschlag hinsichtlich der Fachlose C 1, C 2 und M 2 zu gestatten. Den Zuschlag erhalten soll in allen drei Fachlosen die C... GmbH.

II. Der auf Vorabentscheidung über den Zuschlag gerichtete Antrag der Antragsgegnerinnen hat Erfolg.

Nach § 176 Abs. 1 Satz 1 GWB kann das Gericht den weiteren Fortgang des Vergabeverfahrens und den Zuschlag gestatten, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Mit Blick auf den Anspruch der Bieter auf effektiven Rechtsschutz im Vergabenachprüfungsverfahren sind die Erfolgsaussichten der Beschwerde das vorrangig zu bewertende Kriterium, dem bei der Gesamtabwägung das wesentliche Gewicht zukommt (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 09.07.2012, VII-Verg 18/12). Je größer die Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der sofortigen Beschwerde des Auftraggeber oder des für den Zuschlag vorgesehenen Bieters im Sinne einer Zurückweisung des Nachprüfungsantrags ist, umso höher ist in der Regel auch das Interesse an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens zu gewichten und umgekehrt.

Der Senat ist hier auf der Grundlage der vorzunehmenden Interessenabwägung zu dem Ergebnis gelangt, dass das Interesse der Antragsgegnerinnen und der Allgemeinheit an einem raschen Fortgang und Abschluss des Vergabeverfahrens dem Interesse der Antragstellerin, den Abschluss des Vergabeverfahrens bis zur Hauptsacheentscheidung im Beschwerdeverfahren hinauszuschieben und solange ihre Chancen auf die Erteilung des Zuschlags für die Fachlose C 1, C 2 und M 2 zu wahren, überwiegt. Bei der erforderlichen Gesamtabwägung hat der Senat vor allem berücksichtigt, dass die Erfolgs...

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