Leitsatz (amtlich)
Mehrere als Streitgenossen verklagte Rechtsanwälte dürfen nur dann eine getrennte Vergütung für die Eigenvertretung beanspruchen, wenn für diese Art der Rechtsverteidigung sachliche Gründe vorhanden waren.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 2 S. 4
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 06.09.2006; Aktenzeichen 6 O 463/04) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten zu 3) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der 6. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Rechtspfleger - vom 6.9.2006 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 2.210,39 EUR.
Gründe
Der Kläger hatte die Sozietät der beklagten Rechtsanwälte, der auch der Beschwerdeführer angehört, im Jahre 2004 in einer arbeitsgerichtlichen Angelegenheit beauftragt. Sachbearbeiter war der Beklagte zu 1).
Mit seiner Klage nahm der Kläger die Beklagten wegen anwaltlicher Pflichtverletzung auf Schadensersatz als Gesamtschuldner in Anspruch. Er machte
ihnen zum Vorwurf, die Erhebung einer Kündigungsschutzklage versäumt zu haben. Durch Urteil vom 8.2.2006 hat das LG die Klage insgesamt kostenfällig abgewiesen. Durch den Kostenfestsetzungsbeschluss IX vom 11.7.2006 hat der Rechtspfleger antragsgemäß die außergerichtlichen Kosten gegen den Kläger festgesetzt, die der Beklagte zu 3) aus Anlass seiner Eigenvertretung mit Kostenfestsetzungsgesuch vom 15.5.2006 i.H.v. insgesamt 2.455 EUR geltend gemacht hatte. Gleiche Kostenfestsetzungsanträge haben elf der übrigen 17 Beklagten mit Erfolg gestellt. Darüber wurde in den Kostenfestsetzungsbeschlüssen I bis X und XII entschieden. Insgesamt wurden 12 mal 2.455 EUR gegen den Kläger festgesetzt. Für die Beklagte zu 18) wurden durch den Kostenfestsetzungsbeschluss XIII weitere 1.491,99 EUR gegen den Kläger festgesetzt, insgesamt mithin 30.951,99 EUR.
Dagegen hat der Kläger mit der Begründung, die Beklagten handelten rechtsmissbräuchlich und hätten nicht einmal einen Mehrvertretungszuschlag verdient, Erinnerung eingelegt. Der Rechtspfleger hat der Erinnerung durch die angefochtene Entscheidung teilweise abgeholfen und lediglich einen Betrag von 4.403 EUR als erstattungsfähig festgesetzt, welcher neben Verfahrens- und Terminsgebühr (VV 3100, 3104 RVG) auch den höchsten Mehrvertretungszuschlag gemäß VV 1008 RVG umfasst. Dagegen haben der Zweitbeklagte (Beschwerdeverfahren I-24 W 74/06) und der Drittbeklagte sofortige Beschwerde eingelegt. Außerdem ist dem Senat das Rechtsmittel des Klägers angefallen, soweit ihm nicht abgeholfen worden ist (Beschwerdeverfahren I-24 W 80/06).
2. Die gem. §§ 567 Abs. 1, 568 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten zu 3) hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Senat folgt der Auffassung des Rechtspflegers, das weitergehende Festsetzungsverlangen des Beklagten zu 3) verstoße gegen Treu und Glauben. Mit Recht hat der Rechtspfleger darauf abgestellt, dass die Selbstvertretung aller Mitglieder einer Anwaltssozietät nicht ohne Weiteres als eine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Maßnahme i.S.d. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO angesehen werden kann.
a) Der Kläger hat alle 18 Beklagten einheitlich als Gesamtschuldner auf Schadensersatz wegen fehlerhafter anwaltlicher Beratung durch den Beklagten zu 1) in Anspruch genommen. Als Streitgenosse i.S.d. § 61 ZPO war jeder Beklagte zu einer selbständigen Prozessführung befugt. Auch ergibt sich aus § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO, dass jedem Rechtsanwalt in eigener Sache die Gebühren eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes zu erstatten sind. Indes kann allein aus der Tatsache, dass keinem Mitglied der Sozietät eine Eigenvertretung verwehrt werden darf, nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der unterlegene Gegner jedem Mitglied dann zwangsläufig auch Erstattung nach § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO zu gewähren hat. Es sind nämlich durchaus Fälle denkbar, in welchen die Verfahrensweise der Selbstvertretung eines jeden einzelnen Sozius gewählt wurde, um zu Lasten des erstattungspflichtigen Gegners höhere Kosten zu verursachen (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, RVG, 16. Aufl., RVG-VV 1008 Rz. 49, 50). In der Rechtsprechung und im Schrifttum ist deshalb anerkannt, dass mehrere als Streitgenossen verklagte Rechtsanwälte nur dann eine getrennte Vergütung für die Eigenvertretung beanspruchen dürfen, wenn für diese Art der Rechtsverteidigung sachliche Gründe vorhanden waren oder wenn sie nicht - wie etwa bei völliger Interessengleichheit - rechtsmissbräuchlich ist (OLG Düsseldorf, 10. Zivilsenat v. 5.6.1997 - 10 W 78/97, OLGReport Düsseldorf 1997, 294 = MDR 1997, 981; OLG Hamburg v. 18.1.1980 - 8 W 222/79, MDR 1980, 501; OLG Stuttgart v. 31.1.1980 - 8 W 558/79, 8 W 559/79, Rpfleger 1980, 194; OLG Schleswig JurBüro 1988, 1030; LG Münster JurBüro 1989, 223; Zöller/Herget, Kommentar zur ZPO, 25. Aufl., § 91 Rz. 13 Stichwort "Sozietät"; Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 91 Rz. 69).
Auch nach der Rechtsprechung des für Kostensachen grundsätzlicher Art zuständigen 10. Zivilsenats des OLG hindert die sich aus dem Prozessrecht ergebende Verneinung eines Z...