Verfahrensgang
AG Düsseldorf (Aktenzeichen 31 C 4911/02) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 26.7.2002 verkündete Urteil des AG Düsseldorf wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Gründe
Die bei dem OLG eingelegte Berufung des Klägers – nur hierüber hatte der Senat zu entscheiden, da die wegen funktioneller Zuständigkeit erfolgte Verweisung an das OLG nicht bindend ist – hat in der Sache keinen Erfolg, da sie nicht innerhalb der Berufungsfrist eingelegt worden und damit unzulässig ist (§ 522 Abs. 1 S. 2 ZPO).
Die Berufung ist bei dem hierfür gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1b) n.F. GVG zuständigen OLG erst am 17.12.2002 (Bl. 125) und damit nach Ablauf der Berufungsfrist des § 517 ZPO eingegangen, die am 26.9.2002 endete, weil das Urteil dem Kläger am 26.8.202 zugestellt worden ist (Bl. 61), § 517 ZPO.
Der von dem Kläger wegen der Versäumung der Berufungsfrist gestellte Wiedereinsetzungsantrag ist zurückzuweisen. Denn der Kläger war nicht ohne sein Verschulden gehindert, die Frist einzuhalten (§ 233 ZPO). Die Fristversäumung resultierte daraus, dass der Klägervertreter Berufung zunächst bei dem – hierfür in Fällen, in denen eine Partei ihren Wohnsitz bei Rechtshängigkeit im Ausland hat, nach der Änderung durch das Zivilprozessreformgesetz nicht mehr zuständigen – LG eingelegt hat. Das hierin liegende Verschulden seines Vertreters ist dem Kläger gem. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen. Dem Vertreter des Klägers hätte die Gesetzesänderung, die zum fraglichen Zeitpunkt bereits seit über 1/2 Jahr in Kraft war, bekannt sein müssen. Der Rechtsanwalt ist gehalten, sich über Gesetzesänderungen in angemessener Frist zu informieren (vgl. nur Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rz. 23 „Rechtsirrtum”).
Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass das LG seine Berufung innerhalb der Berufungsfrist an das zuständige OLG hätte weiterleiten müssen und daher die Fristversäumung nicht in seinen Verantwortungsbereich falle. Zwar kann es die aus dem Gebot eines fairen Verfahrens folgende Fürsorgepflicht ggü. den Prozessparteien gebieten, Schriftsätze an das zuständige Gericht weiterzuleiten. In diesem Sinne hat das BVerfG das Gericht, das im vorangegangenen Rechtszug mit der Sache befasst war, zur Weiterleitung fehlerhaft bei ihm eingereichter Rechtsmittelschriften für verpflichtet erachtet, weil diesem Gericht die Zuständigkeit für das Rechtsmittel gegen seine eigene Entscheidung bekannt sei und daher die Ermittlung des richtigen Adressaten keinen besonderen Aufwand verursache (BVerfGE 1993, 99 [114 f.]). Vorliegend ist die Berufung indessen nicht bei dem erstinstanzlichen Gericht, sondern bei dem bislang mit der Sache nicht befassten LG eingelegt worden. Schon aus diesem Grund kann sich der Kläger für seine Auffassung nicht auf die von ihm zitierte Entscheidung des BVerfG stützen. Ein jedes Gericht für verpflichtet zu halten, bei ihm eingegangene Rechtsmittelschriftsätze umgehend darauf hin zu prüfen, ob möglicherweise die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist, und sodann alsbald Maßnahmen zur Weiterleitung zu ergreifen, würde eine Überspannung der Fürsorgepflicht bedeuten (vgl. auch BGH, NJW 1972, 684; VersR 1987, 48 [49]; BGH v. 22.10.1986 – VIII ZB 40/86, MDR 1987, 315 = NJW 1987, 440 [441]).
Dass die Zuständigkeit des OLG im vorliegenden Fall erst durch eine Gesetzesänderung begründet worden ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Änderung galt bereits seit über 1/2 Jahr; innerhalb dieses Zeitraums hat sich ein seinen Sorgfaltsverpflichtungen genügender Rechtsanwalt über Neuregelungen auch der Gerichtsorganisation zu informieren. In dem von dem BVerfG zu entscheidenden Fall hatte der Rechtsmittelführer den fraglichen Schriftsatz dagegen am ersten Tag des Inkrafttretens der Neuorganisation der Gerichte in den neuen Bundesländern eingereicht.
Eine Partei kann zudem allenfalls dann auf eine Weiterleitung ihres Schriftsatzes innerhalb der jeweiligen Frist vertrauen, wenn die fristgerechte Weiterleitung im ordentlichen Geschäftsgang ohne weiteres erwartet werden kann (vgl. BVerfGE 1993, 99 [115]). Auch dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Berufungsschrift ist am 18.9.2002 (Bl. 65) bei dem LG eingegangen. Wie es dem normalen Geschäftsgang entspricht, sind daraufhin am 20.9.2002 (einem Freitag) zunächst durch die Geschäftsstelle die Akten bei dem AG angefordert worden. Vor diesem Hintergrund konnte der Klägervertreter nicht erwarten, dass die Berufungsschrift nebst Akten innerhalb der Berufungsfrist, die am 26.9.2002 ablief, einem Richter zur Zuständigkeitsprüfung vorgelegt werden würden. Hinzu kommt, dass sich allein aus der Berufungsschrift sowie dem angefochtenen Urteil die Unzuständigkeit des LG nicht entnehmen ließ, da entscheidend hierfür der Wohnsitz des Klägers zur Zeit der Rechtshängigkeit war.
Die Fristversäumung ist mithin allein dem Klägervertreter anzulasten, so dass eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht kommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
St...