Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer vorläufigen Anordnung zur Regelung des Umgangsrechtes der leiblichen Eltern nach § 1684 Abs. 3 BGB handelt es sich nicht um eine gebührenauslösende „Entscheidung” i.S.d. § 94 Abs. 1 Nr. 4 KostO, sondern um eine Zwischenentscheidung, für die mangels gesetzlicher Grundlage keine Kostenpflicht entsteht.
2. Der über den Aufwand für ein „klassisches” Gutachten hinausgehende Aufwand eines Sachverständigen ist nach dem ZSEG nicht erstattungsfähig.
3. Die Höhe des nach § 3 Abs. 3b 2. Alt. ZSEG zwischen 1 % und 50 % anzusiedelnden Zuschlages für einen Berufssachverständigen orientiert sich an dem Maß des Erwerbsverlustes, den der Berufssachverständige durch die Gutachtenerstellung für die Justiz erleidet. Hierfür ist vor allem von Bedeutung, in welchem Verhältnis die Tätigkeit des Berufssachverständigen für die Justiz zu den sonstigen Tätigkeiten des Sachverständigen steht. Macht der Sachverständige hierzu trotz Hinweises keine Angaben, kann lediglich der Mindestzuschlag von 1 % gewährt werden.
Normenkette
BGB § 1684 Abs. 3; KostO § 3 Nr. 1, § 94 Abs. 1 Nr. 4 u. Abs. 3 S. 2; ZSEG § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 2, 3b 2. Alt
Verfahrensgang
AG Ratingen (Beschluss vom 11.04.2002; Aktenzeichen 3 F 90/98) |
Tenor
Unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerde der Kostenschuldner wird der Beschluss des AG Ratingen – FamG – vom 11.4.2002 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Unter Zurückweisung der weiter gehenden Erinnerung der Kostenschuldner wird der Kostenansatz des AG Ratingen vom 30.8.2001 (Bd. I, Bl. II GA) zu Kassenzeichen … i.V.m. der zu diesem Kassenzeichen ggü. den Kostenschuldnern ergangenen Gerichtskostenrechnung insoweit aufgehoben, als hierin zu Lasten der Kostenschuldner Kosten von mehr als insgesamt 4.158,22 DM in Ansatz gebracht worden sind.
Das Verfahren über die Erinnerung und die Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die gem. § 14 Abs. 3 S. 1 KostO zulässige Beschwerde der Kostenschuldner gegen den Beschluss des AG Ratingen vom 11.4.2002, mit welchem ihrer Erinnerung gegen den im Tenor bezeichneten Kostenansatz nicht abgeholfen wurde, hat teilweise Erfolg. Für die „einstweilige Anordnung” darf keine Gebühr nach KV 1701 erhoben werden. Die in Ansatz gebrachte Sachverständigenentschädigung durfte nur i.H.v. 4.120,22 DM zu Lasten der Kostenschuldner festgesetzt werden. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.
1. Der Kostenbeamte hat die Kostenschuldner zu Recht auf Grundlage der gerichtlichen Kostenentscheidung im Beschluss des AG Ratingen vom 10.1.2001 zu 1/2 als Kostenschuldner herangezogen. Insoweit machen die Kostenschuldner ohne Erfolg unter Verweis auf die Entscheidung des OLG Koblenz v. 3.5.2000 – 13 WF 120/00, FamRZ 2001, 297 f. geltend, dass die gerichtlichen Auslagen vom Kostenbeamten unabhängig von der gerichtlichen Kostenentscheidung zu erheben gewesen wären.
a) Es mag dahinstehen, ob die Kostenschuldner Interessenschuldner nach § 2 Nr. 2 KostO sind. Sie wurden gem. § 3 Nr. 1 KostO zu Kostenschuldnern aufgrund der im Beschluss des AG Ratingen vom 10.1.2001 getroffenen Kostengrundentscheidung (Bl. 500 GA).
Diese beruht auf der vorrangigen, besonderen Vorschrift des § 94 Abs. 3 S. 2, Abs. 1 Ziff. 4 KostO i.V.m. § 1684 Abs. 3 BGB und macht die Kostenschuldner zu Entscheidungsschuldnern i.S.d. § 3 Nr. 1 KostO. Die Kostenentscheidung bewirkt eine Auferlegung der Kosten gem. § 3 Nr. 1 KostO. Die hierfür nötige formelle Beteiligung ist vorliegend gegeben, da die Kostenschuldner als Pflegeeltern am Verfahren formell beteiligt worden sind. Sie sind darüber hinaus auch materiell beteiligt, weil ihre Rechten und Pflichten – insb. ihr eigenes Umgangsrecht (§ 1685 Abs. 2 BGB) – durch die Regelung der Angelegenheit unmittelbar betroffen werden.
Es schadet nicht, dass die Grundlagen der Kostenentscheidung im genannten Beschluss des AG nur unvollständig angegeben worden sind. Der dort zitierte § 3 Nr. 1 KostO (Bl. 511 GA) beinhaltet selbst keine Rechtsgrundlage für eine Kostenregelung, sondern setzt eine gerichtliche Entscheidung über die Kosten voraus. Eine solche gerichtliche Kostenentscheidung ist vorliegend – wie dargelegt – auf Grundlage der §§ 94 Abs. 3 S. 2, Abs. 1 Ziff. 4 KostO, 1684 Abs. 3 BGB ergangen.
b) Die Kostenentscheidung nach § 94 Abs. 3 S. 2 KostO erstreckt sich nicht nur auf die Verfahrensgebühren, sondern auch auf die gerichtlichen Auslagen, zu denen u.a. das Entgelt für den vom Gericht eingeschalteten Sachverständigen gehört (§ 137 Nr. 6 KostO). Dies ergibt sich seit dem 1.1.2002 aus dem geänderten Wortlaut des § 94 Abs. 3 S. 2 2. Halbsatz KostO. Danach hat das Gericht die Befugnis, von der Erhebung nicht nur der „Gebühr” (wie in der bis dato geltenden Fassung), sondern der „Kosten” – gem. § 1 KostO also Gebühren und Auslagen – abzusehen. Hieraus ist zu folgern, dass sich bereits die Befugnis gem. § 94 Abs. 3 S. 2 1. Halbs. KostO, den Zahlungspflichtigen zu bestimmen, auch auf die Auslagenverteilung erstreckt (vgl. Har...