Leitsatz (amtlich)

Vor der Beiordnung eines nicht am Prozessgericht niedergelassenen Anwalts "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" hat das Gericht zu prüfen, ob die bedürftige Partei Anspruch auf die Beiordnung eines Verkehrsanwalts hätte.

 

Normenkette

ZPO § 121

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Beschluss vom 10.03.2011; Aktenzeichen 9 O 54/10)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 10.3.2011 insoweit abgeändert, als die Beschränkung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" entfällt und Rechtsanwalt X. aus Husum mit der Maßgabe beigeordnet wird, dass die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass er seine Kanzlei nicht am Ort des Prozessgerichts hat, nur bis zur Höhe der Vergütung eines Verkehrsanwalts am Wohnort des Klägers erstattungsfähig sind.

Eine Gerichtsgebühr ist für das Beschwerdeverfahren nicht zu erheben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der in Heeslingen (Schleswig-Holstein) wohnende Kläger nimmt den in Düsseldorf ansässigen Beklagten auf Rückzahlung von Geldern in Anspruch, die er diesem treuhänderisch zur Verfügung gestellt hat. Nachdem das LG - Einzelrichterin - die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zunächst abgelehnt hatte, legte der Kläger, nachdem der Beschwerdeführer zunächst das Mandat niedergelegt hatte, sofortige Beschwerde ein. Auf diese hin änderte der Senat, auf den die Entscheidung gem. § 568 S. 2 ZPO übertragen worden war, den die Bewilligung versagenden Beschluss des LG vom 5.8.2010 ab und bewilligte dem Kläger mit Beschluss 23.9.2010 ratenfreie Prozesskostenhilfe. In der Folgezeit bestellte sich der in Husum geschäftsansässige Beschwerdeführer erneut für den Kläger. Mit Beschluss vom 10.3.2011 ordnete das LG diesen zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts bei.

Unter dem 21.3.2011 legte der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde ein, soweit die Beiordnung lediglich zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts erfolgt sei. Zur Begründung führt er aus, im Rahmen eines Kostenvergleichs sei festzustellen, dass die Reisekosten geringer seien als die Kosten der zusätzlichen Beiordnung eines Rechtsanwalts als Verkehrsanwalt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 21.3.2011 Bezug genommen. Dieser Beschwerde hat das LG mit Beschluss vom 27.5.2011 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Beschränkung der Beiordnung ist nach § 127 Abs. 2 ZPO zulässig. Insbesondere ist der Prozessbevollmächtigte nicht gehindert, aus eigenem Recht Beschwerde einzulegen (vgl. hierzu Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 127 Rz. 19), zumal seinem Antrag nicht entnommen werden konnte, dass er mit der beschränkten Beiordnung gem. § 121 Abs. 3 ZPO einverstanden war (vgl. hierzu mit zutreffender Begründung auch Zöller/Geimer, a.a.O., § 121 Rz. 13 f. mit zahlreichen Nachweisen).

Die Beschwerde hat insoweit Erfolg, als die vom LG genannte Beschränkung mit der aus dem Tenor ersichtlichen Eingrenzung abzuändern war. Das LG ist im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe nach § 121 Abs. 1 und 3 ZPO in der Regel ein bei dem Prozessgericht niedergelassener Rechtsanwalt beizuordnen ist. Ein nicht am Prozessgericht niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch keine weiteren Kosten entstehen. Bei der Entscheidung über die Beiordnung eines nicht am Prozessgericht niedergelassenen Anwalts hat das Gericht aber immer auch zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen und die betroffene Partei Anspruch auf die Beiordnung eines Verkehrsanwalts hätte.

Ist dies der Fall, darf das Gericht die Beiordnung des auswärtigen Anwalts nicht auf die Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts einschränken (BGH FamRZ 2004, 1362; NJW 2006, 3783; OLG Hamm NJW 2005, 1724; OLG Köln FamRZ 2008, 525; OLG Braunschweig FamRZ 2006, 800; KG JurBüro 2010, 537 ff.). Diese Prüfung, die das LG offenbar unterlassen hat, führt dazu, dass dem Kläger der in der Nähe seines Wohnortes niedergelassene Anwalt ohne die vom LG gemachte Einschränkung "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" beizuordnen ist. Bei der Prüfung, ob die Beiordnung eines weiteren Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO wegen besonderer Umstände erforderlich ist, ist auf die rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten des Rechtsstreits und die subjektiven Fähigkeiten der Parteien abzustellen (KG, a.a.O.; Zöller/Geimer, a.a.O., § 121 Rz. 20). Im Rahmen der durch Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip gebotenen weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung ihres Rechtsschutzes (vgl. BVerfG NJW 2004, 1789; s. auch KG, a.a.O.) ist bei der Auslegung auch die neuere Rechtsprechung des BGH zur Erstattung der Kosten für Verkehrsanwälte zu beachten. Danach is...

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