Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe bei Leben des Antragstellers in Bedarfsgemeinschaft mit seinem Lebensgefährten und dessen Kindern
Leitsatz (amtlich)
Ein Antragsteller im PKH-Verfahren, der mit seinem Lebensgefährten und dessen Kindern in einer Bedarfsgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 Nr. 3, § 9 SGB II lebt, kann die Kosten, mit denen er zur Deckung des Bedarfs der Gemeinschaft herangezogen wird, als besondere Belastung (§ 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 ZPO) geltend machen. Die Wohnkosten der gesamten Bedarfsgemeinschaft sind als "Kosten der Unterkunft" i.S.d. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ZPO berücksichtigungsfähig.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1 S. 1 Nrn. 3-4; SGB II § 7 Abs. 3 Nrn. 3, 9
Verfahrensgang
AG Wesel (Beschluss vom 16.02.2009) |
Tenor
Der Beschluss des AG Wesel vom 16.2.2009 wird auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Gründe
Dem Antragsteller wird mit Wirkung ab Antragstellung Prozess-kostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H. aus W. bewilligt.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, da sie bereits am 19.3.2009 und damit innerhalb der Monatsfrist per Fax bei Gericht einging. Sie hat auch in der Sache Erfolg, da der Antragsteller jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung für das beabsichtigte Scheidungsverfahren selbst ganz oder teilweise aufzubringen.
Der Antragsteller bildet mit seiner Lebensgefährtin und deren drei Kindern, die über kein eigenes Einkommen verfügen, eine "Bedarfsgemeinschaft" i.S.d. §§ 7 Abs. 3 Nr. 3, § 9 SGB II. Der zu deckende Bedarf nach SGB II beläuft sich ohne Wohnkosten auf 323 EUR für die Lebenspartnerin (90 % der Regelleistung), je 287 EUR für die Kinder K. und D. (80 % der Regelleistung) und 215 EUR für das Kinde M. (70 % der Regelleistung).
Die Sozialleistungen nach dem SGB II wurden der Lebenspartnerin und ihren Kindern ab September 2009 wegen der bestehenden Bedarfsgemeinschaft mit dem Antragsteller versagt, so dass die vorstehenden Beträge - insgesamt 1.112 EUR - sowie die gesamten Wohnkosten der Bedarfsgemeinschaft von dem Antragsteller aufzubringen sind. Dieser faktischen Belastung könnte der Antragsteller nur durch die Beendigung der Bedarfsgemeinschaft mit seiner Lebensgefährtin entziehen. Dies kann ihm jedoch zur Finanzierung der Prozesskosten nicht zugemutet werden.
Der Regelbedarf der Lebensgefährtin und ihrer Kinder ist deshalb bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens als außergewöhnliche Belastung nach § 115 Abs. 1 Nr. 4 ZPO abzugsfähig. Die auf die Lebensgefährtin und deren Kinder entfallenden Wohnkosten sind als "Kosten der Unterkunft und Heizung" i.S.d. § 115 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu berücksichtigen, was das AG in der angefochtenen Entscheidung bereits getan hat.
Damit verbleibt dem Antragsteller kein Einkommen zur Finanzierung der Prozesskosten, wie sich aus der anliegenden Berechnung ergibt: ...
Fundstellen
FamRZ 2010, 141 |
FuR 2009, 694 |