Leitsatz (amtlich)
Ist dem Notar nach dem von ihm beurkundeten Kaufvertrag über ein zu errichtendes und zu vermietendes Gebäude die Auszahlungsreife des auf dem Notaranderkonto hinterlegten Kaufpreises durch Vorlage eines Übergabeprotokolls nachzuweisen, das "keine Mängel oder Restarbeiten beinhalten darf, die den Mieter berechtigen, die Miete nicht in voller Höhe zu entrichten", so kann der Verkäufer die Voraussetzung für die Auszahlung des hinterlegten Kaufpreises nicht durch eine einseitige Bestätigung der Mängelfreiheit ohne Mitwirkung des Mieters schaffen.
Normenkette
BNotO § 15 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 19 T 118/09) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1 hat der Beteiligten zu 2 die ihr im Verfahren der weiteren Beschwerde notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Wert: 188.000 EUR.
Gründe
I. Am 8.5.2007 schlossen die Beteiligten zu UR-Nr. 1281/2007 des Notars Dr. I. P. einen Kaufvertrag, nach dem die Beteiligte zu 1 der Beteiligten zu 2 ihren GmbH-Geschäftsanteil als Alleingesellschafterin an der T1-GmbH, nunmehr firmierend unter T2-GmbH ("Gesellschaft") verkauft. Die Gesellschaft beabsichtigte, auf einem ihr gehörenden Grundstück ein Pflegeheim zu errichten, welches sie mit Vertrag vom 2.7.2007 für die Dauer von 25 Jahren ab Fertigstellung an die L. mbH in Hamburg ("Mieterin") vermietet hat.
Im Hinblick auf den (vorläufigen) Kaufpreis von 1.880.000 EUR trafen die Beteiligten zu 1 und 2 unter Abschnitt I. Ziff. 5 und 6 des Kaufvertrages folgende Regelung:
"5. Der vorläufige Kaufpreis ist spätestens zum 31.5.2007 auf dem dafür vom beurkundenden Notar einzurichtenden Notar-Anderkonto zu hinterlegen. Der beurkundende Notar soll den zu hinterlegenden Betrag jeweils als Festgeld mit 2-monatiger Fälligkeit anlegen. Die Zinsen des Notar-Anderkontos nach Abzug der Kontoführungsgebühren stehen bis zum Stichtag dem Käufer, danach dem Verkäufer zu. Stichtag ist der Tag des vertragsgemäßen Beginns der Mietzahlungen nach Übergabe des zu errichtenden Pflegeheims an den Mieter. Dieser Stichtag ist dem amtierenden Notar durch Vorlage des Übergabeprotokolls nachzuweisen.
Dieses Übergabeprotokoll darf keine Mängel oder Restarbeiten beinhalten, die den Mieter berechtigten, die Miete nicht in voller Höhe an die Gesellschaft zu zahlen.
Alternativ kann der Käufer hinsichtlich seiner Verpflichtung zur Zahlung des vorläufigen Kaufpreises bis zum 31.5.2007 eine unwiderrufliche und einredefreie Bankbürgschaft einer Deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse bei dem amtierenden Notar hinterlegen. [...]
6. Mit Eintritt und Nachweis des Stichtages ist der Verkäufer berechtigt, die Auszahlung des auf dem Notar-Anderkonto hinterlegten Betrages nebst anteiliger Zinsen an sich zu verlangen, alternativ die Herausgabe der Bankbürgschaft. Die Zahlung des Kaufpreises hat auf das Konto des Verkäufers [...] zu erfolgen. Mit Zahlung des Kaufpreises ist die Bürgschaftsurkunde an den Käufer zurückzugeben."
Am 2.12.2008 hinterlegte die Beteiligte zu 2 anstelle einer zuvor gegebenen Bankbürgschaft den vorläufigen Kaufpreises i.H.v. 1.880.000 EUR auf dem Notar-Anderkonto und erteilte dem Notar diesbezüglich einen Treuhandauftrag.
Mit Schreiben vom 30.12.2008 teilte die Beteiligte zu 1 dem Notar unter Hinweis auf ein von der Vermieterin am 29.12.2008 erstelltes und allein von ihr unterzeichnetes "Übergabeprotokoll" mit, dass das Objekt ohne zur Mietkürzung berechtigende Mängel an den Mieter übergeben worden sei, und bat um Auszahlung des hinterlegten Kaufpreises. Außerdem legte sie dem Notar zum Nachweis der Mängelfreiheit des Objekts Bauzustandsbescheinigungen der Stadt Oberhausen vom 22.9. und 3.11.2008 und 23.1.2009 sowie ein Privatsachverständigengutachten vom 28.4.2009 vor.
Die Beteiligte zu 2 hat der Auszahlung des Kaufpreises widersprochen, weil zum Nachweis der Übergabe die Vorlage eines auch von der Mieterin unterzeichneten Übergabeprotokolls geschuldet, die Mieterin indes wegen vorhandener Mängel nicht zur Übernahme des Objektes bereit sei.
Der Notar hat mit Vorbescheid vom 06. und 12.5.2009 erklärt, er sehe sich an einer Auszahlung des hinterlegten Kaufpreises gehindert, und hat um Vorlage eines ebenfalls vom Mieter unterzeichneten Übergabeprotokolls, aus dem sich keine zur Mietkürzung berechtigenden Mängel oder Restarbeiten ergeben, oder einer schriftlichen Zustimmungserklärung der Beteiligten zu 2 zur Auszahlung des hinterlegten Betrages gebeten.
Im Übrigen sei er, der Notar, an den Treuhandvertrag der S. Flensburg gebunden.
Die Beteiligte zu 1 hat gegen den Vorbescheid Beschwerde eingelegt.
Das LG hat das Rechtsmittel am 22.6.2009 zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1, mit der sie geltend macht, das LG habe zu Unrecht den Kaufvertrag der Beteiligten inhaltlich gewürdigt und dahin ausgelegt, dass der Nachweis der Auszahlungsvoraussetzungen nicht geführt sei und nur durch ein auch vom Mieter unterschriebenes Übergabepro...