Leitsatz (amtlich)

1. Ist der Mandant Versicherungsnehmer einer Rechtsschutzversicherung und ist dies dem Rechtsanwalt bekannt, darf der Mandant erwarten, ungefragt über nicht gedeckte Honoraransprüche aufgeklärt zu werden.

2. Zur Verursachung von Kostenschäden des Mandanten durch verfrühte oder überflüssige Klageerhebungen im Arbeitsgerichtsprozess (hier bejaht für Urlaubsabgeltungsansprüche und unterlassene Verbindung von Kündigungsschutzklagen).

 

Normenkette

BGB §§ 280, 611, 675

 

Verfahrensgang

LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 10 O 58/06)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Der auf den 20.5.2008 avisierte Senatstermin findet nicht statt.

 

Gründe

Die Berufung des Klägers hat keine Aussicht auf Erfolg. Das landgerichtliche Urteil ist richtig und aus der Berufungsbegründung ergeben sich keine Gründe für die beantragte Abänderung.

I. Dem Kläger steht kein über das vom LG ausgeurteilte Honorar hinausgehender Anspruch zu. Denn der Beklagte kann sich mit Erfolg auf Schadensersatzansprüche gem. § 280 Abs. 1 BGB aus dem zwischen den Parteien geschlossenen anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag (§§ 611, 675 BGB) berufen, die ggü. den Honorarforderungen einen Freistellungsanspruch begründen.

Der Kläger hat es zum einen versäumt, den Beklagten rechtzeitig über die mit seiner Tätigkeit verbundenen und von der Nebenintervenientin (im Folgenden: Rechtsschutzversicherung) nicht übernommenen Kosten aufzuklären. Zum anderen hat er unnötige Kosten durch seine außergerichtliche Tätigkeit und die Erhebung zweier Kündigungsschutzklagen, die in einem Verfahren hätten verbunden werden können, verursacht.

1. Honoraransprüche aus der Rechnung Nr. 08080 vom 10.5.2005 über den noch streitgegenständlichen Betrag von 1.432,60 EUR stehen dem Kläger nicht zu.

a) Der Kläger hat mit der Geltendmachung der Urlaubsabgeltungsansprüche pflichtwidrig gehandelt und dadurch beim Beklagten einen Kostenschaden verursacht, von welchem dieser freizustellen ist.

aa) Das pflichtwidrige Handeln des Klägers folgt aus mehreren Gesichtspunkten.

(1) Der Kläger hat es zum einen unterlassen, den Beklagten über die Gebührenpflichtigkeit seiner Tätigkeit aufzuklären. Der Senat verkennt bei dieser Beurteilung nicht, dass ein Rechtsanwalt grundsätzlich nicht verpflichtet ist, den rechtssuchenden Mandanten über das Entstehen von gesetzlichen Gebühren und deren Höhe aufzuklären. Das System der gesetzlichen Gebühren beruht gerade auf dem Gedanken, das Beratungsgespräch eingangs nicht gleich mit Fragen der Honorierung zu belasten (OLG Düsseldorf NJW 2000, 1650 f.). Unabhängig von einer berufsrechtlichen, in § 49b Abs. 5 RVG normierten Hinweispflicht (vgl. hierzu BGH NJW 2008, 371 (372)), gelten für die Aufklärungspflicht Besonderheiten bei erkennbar aufklärungsbedürftigen Mandanten. Derartige Besonderheiten bestanden auch hier, da der Kläger rechtsschutzversichert ist. Denn der Nehmer einer Rechtsschutzversicherung hat regelmäßig ein Interesse an Kostenfragen, nämlich insoweit, ob er Gebührenansprüche des Rechtsanwalts aus eigenem Vermögen zu begleichen hat oder ob sie aus dem Deckungsschutzanspruch ggü. der Rechtsschutzversicherung befriedigt werden können (vgl. OLG Düsseldorf NJW 2000, 1650). Deshalb darf ein Rechtsanwalt vor der Kostenzusage des Rechtsschutzversicherers nur dann Klage erheben, wenn der Mandant ihn damit ausdrücklich in der Kenntnis beauftragt hat, dass er damit Gefahr läuft, die Kosten des Rechtsstreits selber tragen zu müssen (OLG Düsseldorf VersR 1976, 892; OLG Celle, Urt. v. 19.3.2008 - 3 U 242/07, veröffentlicht in juris. de; Sieg in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl., Rz. 652).

Das besondere Interesse des Beklagten an derartiger Aufklärung lag auch im hier zu entscheidenden Fall auf der Hand. Dem Kläger war das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung unstreitig bekannt. Denn der Beklagte hatte ihm bereits beim ersten Beratungsgespräch mitgeteilt, dass er bereits eine mündliche Deckungszusage für den Kündigungsschutzprozess erhalten habe und ihm die zu diesem Vorgang gehörende Schadensnummer mitgeteilt. Da erstmals der Kläger die Thematik der weiteren Ansprüche des Beklagten gegenüber seinem Arbeitgeber ansprach, war zugleich eindeutig, dass insoweit noch keine Deckungszusage von Seiten der Rechtsschutzversicherung vorliegen konnte. Unstreitig hat der Kläger jedoch die Kostenübernahme durch die Rechtsschutzversicherung nicht thematisiert und den Beklagten nicht über die ihn möglicherweise treffende Kostenlast aufgeklärt.

Soweit der Kläger behauptet, er habe zu einem späteren Zeitpunkt den Beklagten darüber in Kenntnis gesetzt, dass dieser bei unterlassener Deckung durch die Rechtsschutzversicherung seine Honoraransprüche zu befriedigen habe, ändert dies an der zuvor begangenen Pflichtverletzung nichts. Denn die pflichtwidrige Handlung (unterlassene Aufklärung vor Kl...

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