Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfeantrag für beabsichtigtes Umgangsverfahren; Erfolgsaussichten und Mutwilligkeit des Antrages
Leitsatz (amtlich)
1. Die nach §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 ZPO für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht für ein beabsichtigtes Sorgerechts- oder Umgangsverfahren ist bereits dann zu bejahen, wenn das Familiengericht aufgrund des eingeleiteten Verfahrens den Sachverhalt zu ermitteln hat und sich nicht darauf beschränken kann, den Antrag ohne weiteres, also ohne jede Ermittlung und ohne jede Anhörung der Beteiligten zurückzuweisen.
2. Bei der Prüfung, ob die Rechtsverfolgung (oder Rechtsverteidigung) mutwillig im Sinne des § 114 Abs. 2 ZPO ist, ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles darauf abzustellen, ob zur Durchsetzung der Rechte des Antragstellers/der Antragstellerin das Beschreiten des Rechtsweges unverzichtbar erscheint und sich eine bemittelte Person in derselben Weise verhalten würde (Anschluss an BGH, Beschluss vom 13.4.2016, XII ZB 238/15). Unabhängig von der vorherigen Inanspruchnahme staatlicher und sonstiger geeigneter Beratungsstellen erweist sich ein Antrag auf gerichtliche Umgangsregelung als mutwillig, wenn der/die Beteiligte diesen unvermittelt stellt, ohne überhaupt zuvor Kontakt zum anderen Elternteil mit dem Ziel einer außergerichtlichen Regelung des Umgangs zu suchen. Lediglich in den Fällen, in denen sich die vorherige Kontaktaufnahme zum anderen Elternteil aufgrund besonderer Umstände als von vornherein erfolglos oder unzumutbar erweist, kann hiervon abgesehen werden.
Normenkette
FamFG § 76 Abs. 1; ZPO § 114 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Kleve (Aktenzeichen 19 F 364/19) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 26.02.2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Kleve vom 11.02.2020 (19 F 364/19) wird zurückgewiesen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Gründe
I) Die Antragstellerin und Kindesmutter wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe seitens des Amtsgerichts für ein von ihr mit Schriftsatz vom 21.11.2019 gegen den Kindesvater eingeleitetes Umgangsverfahren bezüglich der Kinder S., geboren am 28.9.20.. und H., geboren am 23.4.20..
Beide Kinder entstammen aus der Ehe der Beteiligten. Die Antragstellerin verließ im März 2017 mit den beiden Kindern die eheliche Wohnung in Duisburg und zog in das Frauenhaus in Neuss, von wo aus sie im Mai 2017 mit den Kindern nach Duisburg in eine eigene Wohnung weiter zog. Nachdem Mitte 2017 mehrere Kontakte des Kindesvaters zu den Kindern beim Jugendamt Duisburg und nachfolgend in Begleitung des Verfahrensbeistandes stattgefunden hatten, schlossen die Beteiligten am 3.7.2017 in dem Verfahren vor dem Amtsgericht Neuss Az. 45 F 115/17 eine Zwischenvereinbarung zum Umgang zwischen dem Kindesvater und den betroffenen Kindern. Das Amtsgericht Neuss ordnete eine Umgangspflegschaft zur Begleitung von sechs Umgängen in der Zeit vom 15.07. bis 28.08.2017 an. Bereits bei den ersten Umgängen von S. mit dem Kindesvater stellte sich bei dem betroffenen Kind eine weiter steigende Verweigerungshaltung ein, zur Kindesmutter zurückzukehren. Aufgrund der nach dem Umgang am 20.08.2017 manifestierten und starken Verweigerungshaltung einigten sich die Kindeseltern darauf, dass S. in der Obhut des Vaters verbleibe. In dem sorgerechtlichen Verfahren vor dem Amtsgericht Neuss mit dem oben genannten Aktenzeichen holte das Amtsgericht ein familien-psychologisches Gutachten ein, das die Sachverständige Weber unter dem 16.3.2018 vorlegte und in dem der Vater als die engere Bezugsperson der beide Mädchen geschildert wurde. Nachfolgend hat das Amtsgericht Neuss mit Beschluss vom 20.8.2018 das Aufenthaltsbestimmungsrecht für S. dem Kindesvater und für H. der Kindesmutter übertragen, es ansonsten bei der Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts der Kindeseltern für die beiden Kinder belassen und wechselseitige Umgangsregelungen getroffen. Die Kindesmutter, die zunächst - ebenso wie der Kindesvater - gegen diese amtsgerichtliche Entscheidung Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. II-7 UF 153/18) eingelegt hatte, erklärte mit Schriftsatz vom 20.9.2018 durch ihre Verfahrensbevollmächtigte, dass auch H. nunmehr beim Kindesvater lebe und dies auch so bleiben solle und sie deshalb ihre Beschwerde nicht weiterverfolgen. Mit Beschluss vom 11.12.2018 änderte das Oberlandesgericht in jenem Verfahren die amtsgerichtliche Entscheidung teilweise ab und übertrug das Aufenthaltsbestimmungsrecht auch bezüglich des Kindes H. auf den Kindesvater.
Seit dem 24.08.2018 hatte die Kindesmutter - so ihre Darstellung in der Antragsschrift vom 21.11.2019 - keinen Umgang mit den beiden Kindern mehr. Mit der Begründung, es bestehe das dringende Erfordernis einer Neuregelung ihres Umgangs mit den betroffenen Kindern beantragt sie hiermit den Erlass einer konkreten Regelung für den Umgang an jedem zweiten Wochen...