Leitsatz (amtlich)
1. Gegen die Aufhebung der Nachlassverwaltung steht jedem einzelnen Miterben das Beschwerderecht zu.
2. Aus § 48 Abs. 1 Satz 2 FamFG ergibt sich nicht, dass die Nachlassverwaltung auch bei Zweckerreichung (Berichtigung oder Sicherstellung aller bekannten Nachlassverbindlichkeiten) nur auf Antrag aufgehoben werden kann (anders OLG Köln FGPrax 2015, 87 - deshalb Zulassung der Rechtsbeschwerde) .
3. Die erfolgreiche Beschwerde gegen eine die Nachlassverwaltung wegen Zweckerreichung aufhebende Entscheidung des Nachlassgerichts führt nicht dazu, dass das Amt des Verwalters und die Nachlassverwaltung wieder aufleben; dazu bedarf es vielmehr der erneuten Anordnung der Nachlassverwaltung und der erneuten Bestellung eines Nachlassverwalters, was erfordert, dass die Voraussetzungen für die erneute Anordnung der Nachlassverwaltung und die erneute Bestellung eines Nachlassverwalters vorliegen (anders OLG Hamm, NJW-RR 2010, 1595 ohne nähere Begründung - deshalb Zulassung der Rechtsbeschwerde).
4. Auf Antrag eines Nachlassgläubigers, der zugleich Miterbe ist, ist die Nachlassverwaltung nicht anzuordnen, wenn aktuell kein Grund mehr für die Annahme besteht, die Befriedigung der Nachlassgläubiger aus dem Nachlass sei durch das Verhalten oder die Vermögenslage des Erben gefährdet (hier: Rücküberweisung des restlichen Entnahmebetrages nach Erfüllung von Verbindlichkeiten des Nachlasses an den Nachlass).
Normenkette
FamFG § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 48 Abs. 1 S. 2, §§ 58-59, 70 Abs. 2 Nr. 2; BGB § 1981 Abs. 1, § 2062
Verfahrensgang
AG Neuss (Beschluss vom 21.01.2016; Aktenzeichen 134 VI 223/15) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 vom 9.2.2016 gegen den Beschluss des AG - Nachlassgericht - Neuss vom 21.1.2016 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Wert des Streitgegenstandes: bis zu 450.000 EUR
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 - 4 sind die gesetzlichen Erben des Erblassers. Die Beteiligten zu 1 - 3 sind seine Kinder, die Beteiligte zu 4 ist seine 2. Ehefrau.
Auf Antrag der Beteiligten zu 2 vom 17.7.2015 ordnete das Nachlassgericht mit Beschluss vom 3.9.2015 Nachlassverwaltung an und bestellte den Beteiligten zu 5 zum Nachlassverwalter.
Die Beteiligte zu 2 hatte geltend gemacht, den Kindern stünden Ansprüche wegen Pflichtteilsergänzung zu infolge der Schenkung eines Hausgrundstückes an die Beteiligte zu 4 im Jahre 2001 (Verkehrswert 492.000 DM) und weil die Beteiligte zu 4 von dem gemeinsamen Guthaben auf einem zum Nachlass gehörenden Konto über 300.000 EUR auf ein eigenes Konto überwiesen habe. Es liege eine Gefährdung des Nachlasses vor, weil die genannten Ansprüche durch den Nachlass keinesfalls gedeckt seien.
Die Beteiligte zu 4 hält die Nachlassverwaltung nicht für gerechtfertigt.
Aus dem Antrittsbericht des Beteiligten zu 5 vom 20.11.2015 ergibt sich, dass die Beteiligte zu 4 schon im Oktober 2015 nach Bezahlung von Verbindlichkeiten der Ehegatten (Einkommensteuer / Stadt) den restlichen Betrag in Höhe von ca. 231.000 EUR auf ein zum Nachlass gehörendes Konto zurücküberwiesen hat, und dass weitere Nachlassverbindlichkeiten nur in Form von Steuerschulden bestünden.
Nach einem Hinweis, dass beabsichtigt sei, die Nachlassverwaltung aufzuheben, weil die Gefährdung der Befriedigung der Gläubiger nicht mehr gegeben sei bzw. die Voraussetzungen für eine Anordnung der Nachlassverwaltung rückblickend betrachtet von Anfang an nicht vorgelegen hätten, hat das Nachlassgericht mit dem angefochtenen Beschluss die Nachlassverwaltung wegen Zweckerreichung aufgehoben.
Die Beschwerde wendet dagegen ein, da das Verfahren auf Antrag eingeleitet worden sei, könne es gem. § 48 FamFG auch nur auf entsprechenden Antrag und nicht von Amts wegen aufgehoben werden.
Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Die Befriedigung der Gläubiger sei nicht mehr gefährdet; es gehe ausschließlich um die Auseinandersetzung des Nachlasses und um Ausgleichsansprüche. Das sei im Klagewege geltend zu machen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft, §§ 58, 59 FamFG. Gegen die Aufhebung der Nachlassverwaltung steht jedem einzelnen Miterben das Beschwerderecht zu (Keidel/Zimmermann, FamFG, 17. Aufl., § 359, 16 m.N.).
Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Die Aufhebung der Nachlassverwaltung ist bereits mit ihrer Bekanntgabe wirksam geworden, §§ 40 Abs. 1, 41 Abs. 1 FamFG.
Es kann daher dahin stehen, ob das Nachlassgericht - wie die Beteiligte zu 2 unter Berufung auf die Rechtsprechung des OLG Köln (FGPrax 2015, 87) - meint, die Nachlassverwaltung nur bei Vorliegen eines Antrages der Beteiligten zu 2 hätte aufheben dürfen, ob also die Nachlassverwaltung auch im Fall der sog. Zweckerreichung nur bei Vorliegen eines entsprechenden Antrages und nicht unabhängig von den gesetzlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 FamFG aufgehoben werden darf.
Richtig ist, dass...