Leitsatz (amtlich)

Die Bestimmung des Schuldumfangs bei Verstößen gegen das Betäubungmittelgesetz setzt grundsätzlich voraus, daß entweder konkrete Festellungen über die Qualität des Betäubungsmittels getroffen oder daß von der für den Angeklagten günstigsten Qualität ausgegangen wird, die nach den Umständen in Frage kommt.

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

 

Gründe

Das Amtsgericht - Schöffengericht - Mönchengladbach hat den Angeklagten durch Urteil vom 6. April 2000 wegen "unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen, davon in drei Fällen mit solchen in nicht geringer Menge gemeinschaftlich handelnd, " zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten ist durch das angefochtene Urteil der 6. kleinen Strafkammer des Landgerichts Mönchengladbach verworfen worden.

Die Revision des Angeklagten hat mit der allgemeinen Sachrüge (vorläufigen) Erfolg. Das zulässige und begründete Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrundeliegenden Feststellungen und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts (§§ 353, 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).

I.

In Bezug auf die Verurteilung wegen dreier Fälle des gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) ist das Landgericht zu Unrecht von einer Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ausgegangen und hat daher - rechtsfehlerhaft - eigene Feststellungen zum Schuldspruch unterlassen.

Nach allgemeiner Ansicht kann die Berufung nicht wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werden, wenn die Urteilsfeststellungen zur Tat - sei es auch nur zur inneren Tatseite - derart knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, daß sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Auflage, § 318 Rn. 16 m. w. N. ). Dies ist vorliegend bei den amtsgerichtlichen Feststellungen zu den drei Fällen der gemeinschaftlichen. Begehung einer Tat gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG der Fall, so daß die Kammer insoweit nicht von einer wirksamen Berufungsbeschränkung ausgehen durfte.

1.

Soweit im amtsgerichtlichen Urteil ausgeführt ist, daß der Angeklagte "wahrscheinlich im Juli 1999" für einen Dritten Betäubungsmittel "bunkerte" und hierfür als Entgelt 200, - DM und zehn Gramm Kokain erhielt (Fall 5 der Urteilsgründe), sind die Feststellungen sowohl zum objektiven Tathergang als auch zur subjektiven Tatseite derart knapp, daß sie den Schuldspruch wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht tragen und den Unrechtsgehalt der dem Angeklagten vorgeworfenen Tat nicht ansatzweise erkennen lassen. Die Urteilsgründe teilen nicht mit, welchem Endzweck die Einlagerung der Betäubungsmittel beim Angeklagten diente und inwiefern der Angeklagte in die Verwendungspläne der einlagernden Person eingeweiht war. Auf derart lückenhafter Grundlage läßt sich weder die rechtliche Würdigung der Tathandlung als gemeinschaftliches Handeltreiben im Sinne einer von Tatherrschaft getragenen Förderung des Betäubungsmittelabsatzes nachvollziehen noch der für die Strafbemessung relevante Umfang der persönlichen Schuld des Angeklagten bestimmen.

2.

Die amtsgerichtlichen Ausführungen zum Schuldspruch in den Fällen 3 und 4 der Urteilsgründe sind in Bezug auf das gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erforderliche Tatbestandsmerkmal der "nicht geringen Menge" lückenhaft und daher für eine wirksame Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ebenfalls nicht geeignet.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts bezog und veräußerte der Angeklagte im Zeitraum Ende Juni bis Anfang August 1999 fünfundsiebzig Gramm Kokain in Pulverform; ferner verkaufte er "etwa Mitte 1999" vierzig Gramm Kokain für 2. 700, - DM an den gesondert verfolgten B, der bei der Weiterveräußerung 3. 800, - DM als Kaufpreis vereinnahmen konnte. Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, welchen Wirkstoffgehalt das Amtsgericht für die gehandelten Betäubungsmittelmengen zugrunde gelegt hat. Die tatsächlichen Feststellungen rechtfertigen für sich allein nicht die Schlußfolgerung, daß in beiden Fällen des Handeltreibens der bei Kokainprodukten für die "nicht geringe Menge" maßgebliche Grenzwert von 5 g Kokainhydrochlorid (vgl. BGHSt 33, 133; Körner, BtMG, 4. Auflage, § 29a Rn. 50) erreicht war. Da Kokain im innereuropäischen Handel zumeist nicht ohne Beimengungen, sondern gestreckt in den unterschiedlichsten Wirkstoffkonzentrationen verkauft wird (vgl. BGH StV 85, 148; BGH Beschluß v. 28. April 1994 -4 StR 185/94-; Weber, BtMG, Vor §§ 29ff. , Rn. 519 sowie Anh. E. "Häufigkeit der Wirkstoffgehalte - Kokain"), i...

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