Entscheidungsstichwort (Thema)
Handeltreiben. Entgeltlichkeit. Eigennützigkeit. Eigenverbrauch. Weiterverkauf. Teilmenge. Beweiswürdigung. Strafzumessung. minder schwerer Fall
Leitsatz (amtlich)
1. Die Möglichkeit, dass der Angeklagte das Betäubungsmittel nur zum Einkaufspreis ohne Gewinn verkauft und auch sonst keinen persönlichen Vorteil erwartet hat, steht der Annahme eigennützigen Handelns entgegen.
2. Waren die erworbenen Betäubungsmittel teils zum Weiterverkauf und teils zum Eigenverbrauch bestimmt, darf nicht offen bleiben, welcher Anteil für den späteren Verkauf vorgesehen war. Der Tatrichter muss dies konkret, notfalls unter Beachtung des Zweifelssatzes durch schätzung, feststellen.
3. Ist ein geständiger Mitbeschuldigter, auf dessen belastender Aussage die Überführung des Angeklagen entscheidend gestützt wird, bereits wegen Beteiligung an derselben Straftat verurteilt worden, muss die Beweiswürdigung erkennen lassen, ob sich der Betreffende eine Strafminderung als Aufklärungsgehilfe verdient hat.
4. Ein Minder schwerer Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG darf nicht allein mit Blick auf die hohe Wirkstoffmenge der erworbenen oder veräußerten Betäubungsmittel versagt werden.
Normenkette
BtMG §§ 29, 29a Abs. 2, § 31
Verfahrensgang
LG Mainz (Entscheidung vom 31.07.2015; Aktenzeichen 3330 Js 27424/13) |
GStA Koblenz (Aktenzeichen 4 Ss 186/15) |
StA Mainz (Aktenzeichen 3330 Js 27424/13) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 2. kleinen Strafkammer des Landgerichts Mainz vom 31. Juli 2015 mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Mainz zurückverwiesen.
Gründe
I.
1. Das Amtsgericht - Schöffengericht - Mainz verurteilte den Angeklagten am 27. Januar 2015 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (Einzelfreiheitsstrafen: jeweils ein Jahr sechs Monate) unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hanau vom 6. November 2014 - 51 Ds 4425 Js 11349/12 - (sechs Monate Freiheitsstrafe wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Außerdem ordnete es den Verfall eines Geldbetrags von 2760 € an.
Gegen das Urteil legten der Angeklagte und zu seinen Ungunsten die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Der Angeklagte erstrebte mit seinem Rechtsmittel Freispruch von den Tatvorwürfen. Ziel der Berufung der Staatsanwaltschaft war die Verurteilung des Angeklagten zu einer höheren Strafe.
2. Durch Urteil vom 31. Juli 2015 hat die 2. kleine Strafkammer des Landgerichts Mainz die Berufung des Angeklagten als unbegründet verworfen und das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung der Staatsanwaltschaft im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt wurde (Einzelfreiheitsstrafen: jeweils zwei Jahre drei Monate). Die Urteilsgründe weisen aus, dass die "Verurteilung durch das Amtsgericht Hanau vom 06.11.2014 von 6 Monaten" in die Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen wurde.
Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte am 13. Dezember 2012 bei dem Zeugen K. in B. 500 g Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 6 %, entsprechend 30 g Amphetaminbase, sowie eine unbekannte Anzahl Ecstasy-Tabletten zu einem nicht feststellbaren Kaufpreis, um "einen geringen Teil des erworbenen Amphetamins" selbst zu konsumieren und den "überwiegenden Anteil" gewinnbringend weiterzuverkaufen (UA S. 9). Ende Dezember 2012 soll der Angeklagte dann seinerseits dem Zeugen K. in B. 30 g Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 84,3 %, entsprechend 25,29 g Kokainhydrochlorid, zum Grammpreis von 92 € verkauft und von K. eine unbekannte Anzahl von Ecstasy-Tabletten erworben haben (UA S. 9).
Gegen das Berufungsurteil hat der Angeklagte durch Verteidigerschriftsatz am 5. August 2015 Revision eingelegt. Nach am 17. September 2015 erfolgter Zustellung des schriftlichen Urteils an den Wahlverteidiger, dessen Vollmacht sich bei der Akte befand, hat der Verteidiger das Rechtsmittel durch am 7. Oktober 2015 eingegangenen Schriftsatz vom 6. Oktober 2015 mit drei Verfahrensrügen, mit denen er eine fehlerhafte Beweiswürdigung (§ 261 StPO) beanstandet, und der allgemeinen Sachrüge begründet.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Die rechtzeitig angebrachte sowie form- und fristgerecht begründete Revision hat bereits mit der Sachrüge einen zumindest vorläufigen Erfolg. Auf die erhobenen Verfahrensbeanstandungen kommt es deshalb nicht an.
1. Der Schuldspruch zum Fall 2 kann bereits deshalb keinen Bestand haben, weil die Feststellungen die Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (in nicht geringer Menge) nicht tragen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fällt unter den Begriff des Handeltreibens jede eigennützig...