Leitsatz (amtlich)

1. Erlässt das AG in einer Wohnungseigentumssache einen Beweisbeschluss, wonach ein Sachverständigengutachten über die Prozessfähigkeit des Antragstellers eingeholt werden soll und die Ärztekammer um Vorschlag eines geeigneten Sachverständigen gebeten wird, so liegt bereits hierin ein erheblicher Eingriff in die Rechte des Betroffenen, der diese Zwischenentscheidung ausnahmsweise anfechtbar macht.

2. Eine Kosten- und Auslagenentscheidung nach § 47 WEG ist in dem (Zwischen)-Verfahren nicht zu treffen, weil die abzuwägenden Billigkeitsgesichtspunkte sich vor Beendigung des Hauptsacheverfahrens nicht abschließend bewerten lassen.

 

Normenkette

FGG §§ 19, 28 Abs. 2; WEG § 45 Abs. 1; BGB § § 104 ff., § 105

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Beschluss vom 02.05.2005; Aktenzeichen 11 T 69/05)

AG Mülheim a.d. Ruhr (Beschluss vom 15.03.2005; Aktenzeichen 30-II 4/03 WEG)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss sowie der zugrunde liegende Beschluss des AG Mülheim an der Ruhr vom 15.3.2005 werden aufgehoben.

Die Kostenentscheidung folgt der Hauptsache.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) verfolgen im Verfahren vor dem Wohnungseigentumsgericht die Ungültigerklärung mehrerer Eigentümerbeschlüsse.

Das AG hat am 15.3.2005 einen Beweisbeschluss verkündet, wonach ein Sachverständigengutachten über die Prozessfähigkeit der Antragsteller eingeholt werden soll und die Ärztekammer Nordrhein um Vorschlag eines geeigneten Sachverständigen gebeten wird.

Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligte zu 1) und 2) Beschwerde eingelegt, weil eine derartige Beschlussfassung nicht veranlasst sei.

Sie haben um Aufhebung des Beschlusses gebeten.

Die Kammer hat am 2.5.2005 die Beschwerde als unzulässig verworfen.

Mit ihrer weiteren Beschwerde verfolgen die Beteiligte zu 1) und 2) ihr ursprüngliches Begehren weiter.

Der Senat hat mit Beschl. v. 21.6.2005 die Sache dem BGH zur Entscheidung vorgelegt, weil auf das Rechtsmittel der Beschwerdeführer die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben seien, der vorlegende Senat sich jedoch durch die Entscheidung des OLG Hamm - 15 W 385/88 vom 14.9.1988 (OLG Hamm v. 14.9.1988 - 15 W 385/88, MDR 1989, 161 = OLGZ 1989, 15) gehindert sehe, entsprechend zu beschließen. Der BGH hat am 29.9.2005 die Sache an das OLG Düsseldorf zur Behandlung und Entscheidung in eigener Zuständigkeit zurückgegeben, weil die Entscheidung des OLG Hamm in einem Pflegschaftsverfahren gem. § 38 FGG a.F. ergangen sei und ihr nichts zu der Frage entnommen werden könne, ob in dem vorliegenden Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG der Beschluss, ein Gutachten zur Frage der Verfahrensfähigkeit eines Beteiligten zu erheben, selbständig angefochten werden könne.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Die weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 43 Abs. 1 WEG, 27 FGG). Die Beschwerdeberechtigung der Antragsteller ergibt sich aus der Verwerfung ihrer Erstbeschwerde als unzulässig (BayObLG WuM 2000, 565).

1. Das Rechtsmittel ist auch begründet. Denn die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Rechtsverletzung (§ 27 FGG). Das LG hätte die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) nicht als unzulässig verwerfen dürfen; sie ist vielmehr gem. § 19 FGG zulässig.

a) Die Kammer hat einen Ausnahmefall von der grundsätzlichen Unanfechtbarkeit von Beweisbeschlüssen verneint, weil eine unmittelbare Auferlegung von Handlungs- und Duldungspflichten nebst Androhung von Zwang in der Anordnung auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Geschäftsfähigkeit eines Beteiligten noch nicht zu sehen sei. Hierbei hat sich die Kammer auf die Entscheidung des OLG Hamm - 15 W 385/88 - vom 14.9.1988 (OLG Hamm v. 14.9.1988 - 15 W 385/88, MDR 1989, 161 = OLGZ 1989, 15) gestützt. Dieses hat in einem Verfahren nach § 1910 BGB, in dem das AG einen Beweisbeschluss erlassen hatte, wonach durch Einholung eines ergänzenden, ausführlichen schriftlichen Sachverständigengutachtens eines Facharztes für Psychiatrie geklärt werden sollte, ob der Betroffene sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit (Geschäftsunfähigkeit gem. § 104 Ziff. 2 BGB) befindet und mit der Erstattung des Gutachtens eine Ärztin für Neurologie und Psychiatrie des Gesundheitsamts beauftragt worden war, die Beweisanordnung nicht für anfechtbar gehalten, weil dieselbe dem Betroffenen keine Handlungs- oder Duldungspflicht auferlege und keinen Zwang androhe.

2. Der Senat teilt diese Auffassung nicht.

a) Durch den Beweisbeschluss des AG vom 15.3.2005 soll geklärt werden, ob die Antragsteller geschäftsfähig (vgl. §§ 104 ff. BGB) und damit verfahrensfähig (vgl. § 52 ZPO) sind, was Voraussetzung für einen wirksamen Antrag nach § 43 Abs. 1 WEG ist. Ein Zwischenbeschluss in der Form eines Beweisbeschlusses ist grundsätzlich unanfechtbar. Eine Ausnahme gilt aber, wenn durch diesen unmittelbar in erheblichem Maße in Rechte eines Beteiligten eingegriffen wird (BayOblG WuM 2000, 565; BayObLG v. 8.1.1996 - 3Z BR 278/95, BayObLGZ 1996, 1...

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