Leitsatz (amtlich)

Erlässt das AG in einer Wohnungseigentumssache einen Beweisbeschluss, wonach ein Sachverständigengutachten über die Prozessfähigkeit des Antragstellers eingeholt werden soll und die Ärztekammer um Vorschlag eines geeigneten Sachverständigen gebeten wird, so liegt bereits hierin ein erheblicher Eingriff in die Rechte des Betroffenen, der diese Zwischenentscheidung ausnahmsweise anfechtbar macht.

(Abweichung von OLG Hamm v. 14.9.1988 - 15 W 385/88, MDR 1989, 161 = OLGZ 1989, 15; deshalb Vorlage an den BGH).

 

Normenkette

FGG §§ 19, 28 Abs. 2; WEG § 45 Abs. 1; BGB § § 104 ff., § 105

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Beschluss vom 02.05.2005; Aktenzeichen 11 T 69/05)

AG Mülheim a.d. Ruhr (Aktenzeichen 30-II 4/03 WEG)

 

Tenor

Die Sache wird dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) verfolgen im Verfahren vor dem Wohnungseigentumsgericht die Ungültigerklärung mehrerer Eigentümerbeschlüsse. Das AG hat am 15.3.2005 einen Beweisbeschluss verkündet, wonach ein Sachverständigengutachten über die Prozessfähigkeit der Antragsteller eingeholt werden soll und die Ärztekammer Nordrhein um Vorschlag eines geeigneten Sachverständigen gebeten wird. Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligte zu 1) und 2)) Beschwerde eingelegt, weil eine derartige Beschlussfassung nicht veranlasst sei. Sie haben um Aufhebung des Beschlusses gebeten. Die Kammer hat am 2.5.2005 die Beschwerde als unzulässig verworfen. Mit ihrer weiteren Beschwerde verfolgen die Beteiligte zu 1) und 2) ihr ursprüngliches Begehren weiter. Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Die weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 43 Abs. 1 WEG, 27 FGG). Die Beschwerdeberechtigung der Antragsteller ergibt sich aus der Verwerfung ihrer Erstbeschwerde als unzulässig (BayObLG WuM 2000, 565).

1. Der Senat hält das Rechtsmittel auch für begründet. Denn die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Rechtsverletzung (§ 27 FGG). Das LG hätte die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) und 2)) ist nicht als unzulässig verwerfen dürfen; sie ist vielmehr gem. § 19 FGG zulässig.

a) Die Kammer hat einen Ausnahmefall von der grundsätzlichen Unanfechtbarkeit von Beweisbeschlüssen verneint, weil eine unmittelbare Auferlegung von Handlungs- und Duldungspflichten nebst Androhung von Zwang in der Anordnung auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Geschäftsfähigkeit eines Beteiligten noch nicht zu sehen sei.

Hierbei hat sich die Kammer auf die Entscheidung des OLG Hamm - 15 W 385/88 - vom 14.9.1988 (OLG Hamm v. 14.9.1988 - 15 W 385/88, MDR 1989, 161 = OLGZ 1989, 15) gestützt. Dieses hat in einem Verfahren nach § 1910 BGB, in dem das AG einen Beweisbeschluss erlassen hatte, wonach durch Einholung eines ergänzenden, ausführlichen schriftlichen Sachverständigengutachtens eines Facharztes für Psychiatrie geklärt werden sollte, ob der Betroffene sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit (Geschäftsunfähigkeit gem. § 104 Ziff. 2 BGB) befindet und mit der Erstattung des Gutachtens eine Ärztin für Neurologie und Psychiatrie des Gesundheitsamts beauftragt worden war, die Beweisanordnung nicht für anfechtbar gehalten, weil dieselbe dem Betroffenen keine Handlungs- oder Duldungspflicht auferlege und keinen Zwang androhe.

2. Der Senat teilt diese Auffassung nicht.

a) Durch den Beweisbeschluss des AG vom 15.3.2005 soll geklärt werden, ob die Antragsteller geschäftsfähig (vgl. §§ 104 ff. BGB) und damit verfahrensfähig (vgl. § 52 ZPO) sind, was Voraussetzung für einen wirksamen Antrag nach § 43 Abs. 1 WEG ist. Ein Zwischenbeschluss in der Form eines Beweisbeschlusses ist grundsätzlich unanfechtbar. Eine Ausnahme gilt aber, wenn durch diesen unmittelbar in erheblichem Maße in Rechte eines Beteiligten eingegriffen wird (BayOblG WuM 2000, 565; v. 8.1.1996 - 3Z BR 278/95, BayObLGZ 1996, 1 [4], m.w.N.; Keidel/Kahl, FGG 14. Aufl. 2003, § 19 Rz. 9).

aa) Das BayOblG hat die Anfechtbarkeit einer Zwischenentscheidung verneint, in der einem Beteiligten aufgegeben wurde, die Zweifel an seiner Geschäftsfähigkeit durch Vorlage eines nervenfachärztlichen Gutachtens auszuräumen, weil es dem Betroffenen freistehe, der Auflage des Gerichts nachzukommen und ihm im Falle der Weigerung keine unmittelbaren Nachteile entstehen (BayObLG v. 11.1.1996 - 2Z BR 147/95, BayOblGZ 1996, 4 [5], m.w.N.; ZMR 2000, 852). Ebenso verneint das BayOblG (BayOblG v. 27.8.2003 - 2Z BR 174/03) die Anfechtbarkeit eines Beschlusses, mit dem ein Sachverständiger beauftragt wird, sich anhand der Akten zu der Verfahrensfähigkeit des Antragstellers und zu weiteren in Betracht kommenden Erkenntnismöglichkeiten, z.B. eine Untersuchung des Antragstellers zu äußern, weil eine Untersuchung des Antragstellers hiermit nicht angeordnet sei, so dass ein erheblicher Eingriff in Rechte des Betroffenen nicht vorliege.

Anders sei dies dagegen zu beurteilen, wenn das Gericht von Amts wegen die Untersuchung eines Antragstellers durch einen p...

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