Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Entscheidung vom 09.11.2010)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 9. November 2010 (VK 3 -108/10) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsgegnerin angewiesen wird, bei fortbestehender Vergabeabsicht die Angebotswertung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu wiederholen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin trägt die Antragsgegnerin.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: bis 45.000 Euro

 

Gründe

I.

Im Rahmen des Bauvorhabens "Langfristige Unterbringung des Robert-Koch-Instituts in Berlin" führt die Antragsgegnerin gegenwärtig ein offenes Verfahren zur Vergabe des Auftrages "Verblendmauerwerk" durch.

Unter Ziff. 3 des Leistungsverzeichnisses wird das Verblendmauerwerk wie folgt beschrieben:

"… Verblendmauerwerk DIN 1053-1 einschließlich Dübel,…Rohdichteklasse 1,8 ….

Um die Eigenschaften des Klinkers eindeutig zu beschreiben, wird auf ein Fabrikat Bezug genommen. Der Bieter ist angehalten, ein gleichartiges Fabrikat anzubieten. Mit den günstigsten Bietern wird ein Aufklärungsgespräch geführt, zu diesem ist der angebotene Klinker im Original vorzulegen. Die Eigenschaften wie Dichte, Druckfestigkeit u.s.w. sind nachzuweisen.

Zum Einsatz kommt ein Kohlebrand, Wechselsortierung, ½ Fußsortiert, Farbe schwach-rot-blau-bunt. Der einzusetzende Ton ist grob ausbereitet, was der Seelhorstsortierung (z.B. Janinhoff GmbH in Münster) entspricht…"

In der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Ziff. 5.2 bestimmt, dass Nebenangebote zugelassen sind und die in dem Angebot beizufügenden Formblatt 226 EG genannten Mindestanforderungen erfüllen müssen. Dort heißt es:

"Mindestanforderungen an Nebenangebote

Für folgende Vertragsbedingungen und Teilleistungen (Positionen)/Fachlose (Gewerke)/Gesamtleistung sind Nebenangebote zugelassen:

Titel

Pos.

Anforderung LV

Nebenangebote müssen die folgenden Mindestanforderungen erfüllen

3.1

Nichtrostender Stahl S235NR/S235JR

Tragfähigkeit/Korrosionsbeständigkeit

3.2

Nichtrostender Stahl S235NR/S235JR

Tragfähigkeit/Korrosionsbeständigkeit

4.1

30

Betonstahl BST 500 S

Tragfähigkeit

4.1

40

Betonstahl BST 500 S

Tragfähigkeit/

Gemäß Ziff. 5.4 der Angebotsaufforderung ist der Preis einziges Zuschlagskriterium.

Die Antragstellerin gab fristgerecht ein Hauptangebot sowie zwei als solche bezeichnete Nebenangebote ab, die sich ausschließlich auf den unter Position 3.1 ausgeschriebenen Klinker bezogen. Mit dem Nebenangebot 1 bot die Antragstellerin den im Leistungsverzeichnis als Leitfabrikat genannten Klinker, mit dem Nebenangebot 2 "den Einsatz eines Klinkers in Anlehnung an das ausgeschriebene Richtfabrikat" an. Rechnerisch lag das Hauptangebot der Antragstellerin auf Rang 1, dahinter folgten die Nebenangebote 2 und 1.

Nach Aufforderung durch die Antragsgegnerin legte die Antragstellerin für den mit dem Hauptangebot angebotenen Klinker ein technisches Datenblatt vor, in dem eine Rohdichteklasse von 1,6 attestiert wurde. Auch in dem Protokoll zum Aufklärungsgespräch, zu dem die Antragstellerin im Hinblick auf ihr Hauptangebot geladen worden war, wurde festgestellt, dass ein Ziegel mit einer Rohdichteklasse von 1,6 angeboten wurde.

Mit Schreiben vom 24. September 2010 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt werden könne und das Angebot der Beigeladenen bezuschlagt werden solle. Zur Begründung führte sie aus, das Hauptangebot der Antragstellerin habe von der Wertung ausgeschlossen werden müssen, weil der angebotene Klinker nicht die geforderte Rohdichteklasse aufweise. Die Nebenangebote seien ausgeschlossen worden, weil sie die gestellten Mindestanforderungen (Substitution Stahl) nicht erfüllten.

In dem nach erfolgloser Rüge eingeleiteten Nachprüfungsverfahren hat die Vergabekammer der Antragsgegnerin untersagt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen und sie verpflichtet, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht die Wertung der Angebote unter Einbeziehung aller als Nebenangebote deklarierten Angebote, die Abweichungen bezüglich des Klinkers vorsehen, zu wiederholen.

Zwar sei das Hauptangebot der Antragstellerin wegen Abweichens von den Verdingungsunterlagen zu Recht ausgeschlossen worden. Der Ausschluss der als solche bezeichneten Nebenangebote sei jedoch unzulässig, soweit es sich dabei der Sache nach um Hauptangebote handele. Das sei jedenfalls bei dem als Nebenangebot 1 bezeichneten Angebot der Fall, da die Antragstellerin hiermit sogar das ausgeschriebene Leitfabrikat angeboten und demnach inhaltlich nicht von der Leistungsbeschreibung abgewichen sei. Soweit auch der Inhalt des Nebenangebots 2 nicht von der Leistungsbeschreibung abweiche, was dann anzunehmen sei, wenn ein mit dem Leitfabrikat gleichwertiger Klinker angeboten werde, handele es sich entgegen der Bezeichnung ebenfalls um ein Hauptangebot, das nicht ausgeschlossen werden dürfe. Die Antragsg...

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