Leitsatz (amtlich)

1. Weist das Grundbuchamt nach Aneignungserklärung in Bezug auf ein für herrenlos gehaltenes Flurstück das Gesuch auf Anlegung eines Grundbuchblatts zurück, weil es nicht herrenlos, sondern buchungsfrei im Sinne von § 3 Abs. 2 GBO sei, so ist die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers im Falle eines - unterstellt - nicht buchungsfreien Grundstücks - bereits wegen fehlender Beschwerdebefugnis unzulässig, soweit nicht festgestellt werden kann, dass die Ablehnung der sich in diesem Fall nach §§ 116 ff. GBO richtenden Anlegung eines Grundbuchblattes den Antragsteller in seinem rechtlich geschützten Interesse (ein solches ergibt sich hier nicht allein aus seinem Vortrag, der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW habe dem Notar telefonisch angekündigt, gegen Zahlung einer Gebühr auf sein gesetzliches Aneignungsrecht zu verzichten) beeinträchtigt.

2. Das Gesuch auf Anlegung eines Grundbuchblatts für ein - unterstellt - buchungsfreies Grundstück ist wegen fehlender Antragsberechtigung zurückzuweisen, wenn der Antragsteller - wie hier - zweifelsfrei weder Eigentümer noch dinglich Berechtigter dieses Flurstücks ist.

 

Normenkette

FamFG § 59; GBO § 3 Abs. 2, § 71 Abs. 1, §§ 72, 73 Abs. 1, 2 S. 1, §§ 75, 116 ff., § 123

 

Verfahrensgang

AG Duisburg (Aktenzeichen 9 AR 5/19)

 

Tenor

Die Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis zu 60.000 EUR

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1 hat mit notariellem Kaufvertrag vom 24. Mai 2019 das Grundstück ... Straße 13 in ... erworben. Das Grundstück besteht aus den Flurstücken 74 und 338 der Flur 60 der Gemarkung ... und ist in Blatt 23242 des Grundbuchs von ... eingetragen.

Das Grundstück grenzt auf der einen Seite an die ... Straße und reicht auf der anderen Seite in Richtung ...bach. Zwischen diesem und dem Grundstück des Klägers verläuft an dessen Ufer das ca. 78 qm große Flurstück 344, teilweise als (nicht angelegter) Weg, teilweise als Böschungs- und Uferfläche. Das (heutige) Flurstück 344 ist katastermäßig abgemarkt und mit einer Flurstücksnummer versehen, nicht aber im Grundbuch gebucht.

Bei den Nachbargrundstücken ... Straße 11 bis 21 findet sich eine ähnliche Situation und das Flurstück 344 bildet zusammen mit den Flurstücken 340 bis 345 die Wege-, Böschungs- bzw. Uferfläche.

Ursprünglich trug diese gesamte Fläche entlang des ...bachs die Flurstücksnr. 289. Mit der Aufstellung des neuen Liegenschaftskatasters 1958 wurde sie zum Flurstück 70. Mit Grenzniederschrift vom 14. Jan. 2019 haben die Grundstückseigentümer der Grundstücke ... Straße 11 bis 21 im Hinblick auf ein förmliches Grundbuchanlegungsverfahren und einen späteren Grunderwerb die (katastermäßige) Zerlegung des Flurstücks 70 beantragt, woraufhin katastermäßig die Flurstücke 340 bis 346 gebildet worden sind.

Der Beteiligte zu 1 hat im notariellen Kaufvertrag vom 24. Mai 2019 eine Aneignungserklärung bzgl. des Flurstücks 344 abgegeben. Er hat geltend gemacht, der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW habe dem Notar telefonisch angekündigt, gegen Zahlung einer Gebühr auf sein gesetzliches Aneignungsrecht zugunsten des Beteiligten zu 1 zu verzichten, sobald für das Grundstück ein Grundbuchblatt angelegt sei.

Im Hinblick darauf hat der Notar - namens und im Auftrag aller Beteiligten gem. §§ 3, 116ff. GBO - die Anlegung eines Grundbuchblatts für das - herrenlose - Grundstück beantragt.

Der Beteiligte zu 2 hat dazu ausgeführt, ihm obliege nach § 61 LWG NRW iVm § 39 WHG die Gewässerunterhaltungspflicht für den ...bach. Dem Aneignungsantrag sollte aus Sicht des Hochwasser- und Gewässerschutzes nicht zugestimmt werden. Gleiches gelte aus Sicht der Grün- und Freiraumentwicklung, Kleingartenwesen und Landschaftspflege. Zudem wären dann auch bestehende Leitungsrechte für eine Gasleitung im Grundbuch nicht geregelt. Wegen der Signalwirkung für die Nachbargrundstücke solle dem Anliegen nicht entsprochen werden.

Das Grundbuchamt hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag kostenfrei zurückgewiesen. Es liege zwar keine Widmung vor, das Grundstück werde aber von dem Beteiligten zu 2 unterhalten und es handele sich um einen Zugangsweg im Uferbereich des Alten Angerbaches. Das Grundstück sei daher nicht herrenlos, sondern buchungsfrei im Sinne von § 3 Abs. 2 GBO.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1, die Beteiligte zu 2 habe sich mit der dinglichen Rechtslage nicht auseinandergesetzt, hat das Grundbuchamt mit Nichtabhilfebeschluss vom 18. Mai 2020 zurückgewiesen. Im Falle eines Grundbuchanlegungsverfahrens würde die Beteiligte zu 2, die seit Jahrzehnten die Unterhaltung trage, eine solche (Grundbuchanlegung) für sich selbst oder ihre Wirtschaftsbetriebe beantragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundakte Bezug genommen.

II. Die Beschwerde ist gem. §§ 71 Abs. 1, 72, 73 Abs. 1 und 2 Satz 1 GBO als unbeschränkte Grundbuchbeschwerde statthaft und nach der vom Amtsgericht ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen, § 75 GBO.

Sie hat im Ergebnis keinen Erfolg. ...

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