Leitsatz (amtlich)
Bildet ein fließendes Gewässer kein selbstständiges Grundstück, kommt dessen Buchung auf dem Grundbuchblatt des Ufergrundstücks nicht in Betracht.
Normenkette
GBO § 3 Abs. 1-2, § § 116 ff.; BayWG Art. 6
Verfahrensgang
AG Kaufbeuren (Beschluss vom 22.10.2014; Aktenzeichen Emmenhausen Band 12 Blatt 410) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Kaufbeuren - Grundbuchamt - vom 22.10.2014 wird zurückgewiesen.
II. Der Beschwerdewert beträgt 400,00 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligte erwarb im Jahre 1990 ein Ufergrundstück (Wiese), das frühere Flurstück 111, jetzt bezeichnet mit 107. Zum Gegenstand ist in dem notariellen Vertrag vom 28.6.1990 (Abschn. II. - Verkauf) festgehalten:
Mit der Kauffläche FlNr. 111 (neu) wird auch die anliegende Fläche der Ach FlNr. 100 erworben.
Mit Schreiben vom 16.9.2014 hat die Beteiligte die "Einbuchung der fehlenden Grundstücksfläche" beantragt und dies damit begründet, dass sie beim Kauf auch die anliegende Fläche des Baches Ach, Flurstück 100, erworben habe, im Grundbuchauszug aber kein Eintrag des Miteigentums am "Ufergrundstück" der Ach enthalten sei. Sie müsse aber die Eigentumsverhältnisse an dem Wiesengrundstück ihrem Pächter oder einem potenziellen Käufer nachweisen. Aus dem Flurstücks- und Eigentümernachweis des Vermessungsamts ergebe sich, dass das Flurstück 100 nicht buchungsfähig sei; im Jahre 1990 sei es aber noch buchungsfähig gewesen. Der öffentliche Glaube an die Richtigkeit des Grundbuchs sei nicht gewahrt, wenn der Grundbuchauszug nur die Grundstücksfläche beinhaltet, "die bis zum Grenzstein am Bach reicht", und nicht auch die Grundstücksfläche ausweise, die "von dem Grenzstein am Bach zu den Grenzsteinen im Bach führt".
Mit Beschluss vom 22.10.2014 hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag als nicht vollziehbar zurückgewiesen. Es hat sich auf sein Schreiben vom 22.9.2014 bezogen, in dem ausgeführt ist, dass bei ungebuchten Grundstücken der Anlieger bis zur Mitte (eines fließenden Gewässers) Eigentümer sei. Das Grundstück des Baches (Flst 100) sei im Grundbuch nicht erfasst und könne daher auch nicht ausgewiesen werden. Eine Einbuchung zu Gunsten eines Anliegers sei nicht möglich, da es sich hierbei um eine Teilfläche handele und diese ohne vorherige Vermessung nicht verbucht werden könne.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Sie führt aus, das "Ufergrundstück" grenze an ihr Wiesengrundstück Flst 107 an. Die Berechtigung am "Ufergrundstück" werde ihr streitig gemacht. Die Beteiligte beantragt deshalb, ihr "Ufergrundstück" als selbstständiges Grundstück einzubuchen. Das zuständige Amt habe ihr mitgeteilt, dass die Teilfläche des Ufergrundstücks 128 m2 betragen habe. Damit sei die Teilfläche buchbar. Die Nichteintragung verstoße gegen den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz. Zudem könne die Fläche als Anliegergrundstück im Grundbuch eingetragen werden.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die Beschwerde gegen die Antragszurückweisung ist gemäß § 71 Abs. 1 i.V.m. § 73 GBO zulässig, und zwar auch, soweit mit ihr die nachträgliche Anlegung eines Grundbuchblatts abgelehnt wurde (BayObLGZ 1980, 185/186 f.; Demharter GBO 29. Aufl. § 125 Rn. 2). Die Rechtmittelbeschränkung des § 125 GBO gilt hierfür nicht. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
1. Die Beteiligte begehrt die Buchung und Eintragung einer Uferfläche. Aus dem Auszug aus dem Katasterkartenwerk im Maßstab 1:1000 vom 10.9.2012 ergibt sich, dass das Flurstück 107 bis zum Wasserlauf der Ach reicht, welcher mit der Nr. 100 versehen ist. Ein "Ufergrundstück" gleich welcher Größe als räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche (vgl. Senat vom 24.7.2009, 34 Wx 027/09, m.w.N.) ist der Karte nicht zu entnehmen. Die Richtigkeitsvermutung des Grundbuchs (§ 891 BGB) erstreckt sich auch auf den sich aus dem Liegenschaftskataster ergebenden Grenzverlauf (BGH NJW-RR 2006, 662; 2013, 789; Demharter § 2 Rn. 26). Insbesondere wird diese nicht widerlegt durch einen etwaigen Grenzstein, der von der Uferlinie entfernt gesetzt ist. Trifft z.B. eine Landgrenze auf die Uferlinie eines Gewässers auf, wird das Grenzzeichen "eingerückt" (vgl. Nr. 16.2.1 der Abmarkungsvollzugsbekanntmachung v. 23.10.1981, FMBl S. 343). Das hat aber seine Ursache in tatsächlichen Schwierigkeiten, die die Einbringung des Grenzzeichens im Brechpunkt des Grenzverlaufs hier mit sich brächte. Auch die aktuelle Vollzugsbekanntmachung (vom 28.5.2008, AllMBl S. 135) erlaubt in solchen Fällen die Anbringung von Grenzzeichen als so genannte Rückmarken (Weiser).
2. Die Beteiligte beruft sich ausdrücklich darauf, dass sie mit dem Wiesengrundstück die anliegende Fläche der Ach, bezeichnet als Flurstück 100, erworben habe. Sofern sie damit zum Ausdruck bringen wollte, dass sie tatsächlich die Buchung ihres "Anteils" am Gewässer meint, hat sie auch damit im Beschwerdeverfahren keinen Erfolg.
Nach § 3 Abs. 2 GBO sind Wasserläufe so genannte buchungsfreie Grundstücke. Das erklärt sich damit, dass si...