Leitsatz (amtlich)
1. Die katastermäßige Flächenzerlegung eines Grundstücks hat keine materiell-rechtliche Wirkung; maßgeblich ist der Grundbuchinhalt.
2. Die Aufklärungs- und Ermittlungspflicht gilt auch im Amtsverfahren des Grundbuchrechts nur, soweit der Vortrag von Beteiligten oder der Sachverhalt dazu Anlass bietet. Allen denkbaren Möglichkeiten muss nicht nachgegangen werden; vielmehr können die Ermittlungen eingestellt werden, wenn ihre Fortsetzung ein die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr erwarten lässt.
3. Zur eigentumsrechtlichen Zuordnung ehemaliger - in diesem Fall gebuchter - Gewässergrundstücke.
Normenkette
BayWG Art. 7-9; BGB §§ 890-891; FamFG § 26; GBO § 3 Abs. 2-3, § 53 Abs. 1; BayWG Art. 6
Verfahrensgang
AG München - Grundbuchamt (Beschluss vom 24.01.2014; Aktenzeichen GI-36639-14) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des AG München - Grundbuchamt - vom 24.1.2014 wird zurückgewiesen.
II. Beschwerdewert: 1.270 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1 ist nach aktueller Grundbuchlage (Bl. 36639) Eigentümerin eines Grundstücks, beschrieben als Landwirtschaftsfläche (FlSt 12785 = 1998 m2; FlSt 12785/3 = 3068 m2) bzw. Erholungsfläche (FlSt 12785/4 = 421 m2). Die Eintragung vom 23.5.2011 ergibt sich nach Zerlegung des ursprünglich als ein Flurstück (12785) vorgetragenen Grundstücks aufgrund Fortführungsnachweis (FN) 4307. Nach dessen Kartenbeilage schließen sich im Nordosten das Flurstück 12784, im Südwesten die Flurstücke 12784/6 und 12784/7 an. Die Flurstücke 12785 und 12785/3 zerschneidet das schlauchförmige Flurstück 12784/5 (254 m2), das eine Verbindung zwischen den Flurstücken 12784 und 12784/6 herstellt. Die letztgenannten drei Flurstücke stehen im Eigentum der Landeshauptstadt M. (der Beteiligten zu 2) und sind im Grundbuch (Bl. 36638) ebenfalls unter einer laufenden Nummer gebucht.
1. Die Beteiligte zu 1 meint, im Jahr 2011 sei das Grundstück FlSt 12784/5 neu gebildet und die Beteiligte zu 2 als Eigentümerin desselben zu Unrecht im Grundbuch eingetragen worden. Tatsächlich stehe aber ihr das Eigentum zu. Es solle sich nach Angaben der Beteiligten zu 2 um einen vormaligen Bachlauf handeln, was die Beteiligte zu 1 selbst nicht bestätigen könne, weil sie den Grundbesitz erst Anfang 1993 erworben habe. Wenn die Fläche aber eine durch künstliche Einwirkung entstandene Verlandung sei, sei das ehemalige Gewässer Bestandteil der Ufergrundstücke, die der Beteiligten zu 1 gehörten.
Die Beteiligte zu 1 hat deshalb beantragt, zu ihren Gunsten im Grundbuch einen Widerspruch gegen die Richtigkeit einer auf die Beteiligte zu 2 erfolgten Umschreibung des Eigentums zu FlSt 12784/5 einzutragen, hilfsweise - im Weg der Beschwerde gegen die Änderungseintragung vom 23.5.2011 - die Eintragung des Flurstücks 12784/5 zugunsten der Beteiligten zu 2 als Eigentümerin zu löschen. Durch die "Neuschaffung" des Grundstücks FlSt 12784/5 sei die Verwertbarkeit ihres eigenen einheitlichen Grundbesitzes nahezu unmöglich geworden.
2. Die vom Grundbuchamt beteiligte Landeshauptstadt M. (Beteiligte zu 2) hat im Wesentlichen vorgebracht:
Die chronologische Betrachtung der Katasterauszüge (VN 3642, FN 4237, FN 4307) lasse erkennen, dass an dieser Stelle der so genannte Kunstmühlennebenbach I über Jahre hinweg im Liegenschaftskataster als eigenes Flurstück geführt worden sei.
Das Eigentum der Beteiligten zu 2 ergebe sich nicht nur aus dem Grundbucheintrag, sondern auch aus verschiedenen historischen Dokumenten, u.a. schon aus dem Kartenstand von (ca.) 1808 und dem Umstand, dass der Königlich Bayerische Staatsärar im Jahr 1903 die Plannummer 12791 ("Der Floßbach" = Kunstmühlennebenbach I) an die Stadt zu vollem Eigentum überlassen habe.
Durch die Art der Verlandung des ursprünglichen Gewässers habe sich an der Eigentumszuordnung nichts geändert (vgl. Art. 8 und 9 BayWG). Denn natürlich verlandet sei es nicht. Vielmehr sei der Bach um 1916 oder wenig später künstlich verlandet, nämlich zugeschüttet worden.
Die Aktivitäten des Vermessungsamts im Jahr 2011 beruhten allein auf katasterrechtlichen Vorgaben - Unzulässigkeit bis dahin gebräuchlicher "Zugehörigkeitshaken" zur Verbindung räumlich getrennter Flurstücke -, hätten jedoch keinerlei sachlich-rechtliche Auswirkungen auf davon betroffene Grundstücke.
3. Das Grundbuchamt hat am 24.1.2013 den Antrag zurückgewiesen. Ein Amtswiderspruch sei nicht einzutragen, weil eine Eintragung unter Verletzung von gesetzlichen Vorschriften nicht vorgenommen worden sei. Die Zerlegung durch FN 4307 habe keine rechtliche Teilung des Grundstücks bewirkt. Vielmehr habe es sich bei den südwestlichen und nordöstlichen Teilflächen von FlSt 12785 (fälschlich bezeichnet mit 12875) um räumlich getrennt liegende Flurstücksteile gehandelt, deren Zusammengehörigkeit nicht mehr durch so genannte "Zugehörigkeitshaken" gekennzeichnet werden dürfe. Das Flurstück 12874/5 sei nicht durch Zerlegung von FlSt 12875 (richtig: 12785) entstanden, sondern habe bereits vorher existiert, nämlich inf...