Leitsatz (amtlich)
Der sich selbst vertretende Rechtsanwalt verdient für die Entgegennahme und Bearbeitung der gegnerischen Berufung eine 1,1-Verfahrensgebühr, die ihm der Berufungsführer nach Rücknahme der Berufung zu erstatten hat.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 2; RVG-VV Nr. 3201
Verfahrensgang
LG Duisburg (Beschluss vom 10.03.2009; Aktenzeichen 6 O 194/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der 6. Zivilkammer des LG Duisburg - Rechtspflegerin - vom 10.3.2009 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.
Beschwerdewert: 166,30 EUR.
Gründe
Die gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1, 568 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Festsetzung im Umfange von 166,30 EUR zugunsten des Beklagten ist zu Recht erfolgt.
Die Klägerin wendet sich ohne Erfolg gegen die Festsetzung von 1,1 Verfahrensgebühren gem. Nr. 3200, 3201 RVG-VV.
Zunächst ergibt sich aus § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO, dass jedem Rechtsanwalt in eigener Sache die Gebühren eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes zu erstatten sind. Der Beklagte kann also verlangen so gestellt zu werden, als hätte er einen anderen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragt.
Durch die Entgegennahme der Berufung der Klägerin hat der Beklagte auch im Berufungsrechtszug vor dem erkennenden Senat eine Verfahrensgebühr verdient. Das Entstehen der Verfahrensgebühr II. Instanz setzt voraus, dass in dieser Instanz ein Prozessrechtsverhältnis entstanden ist. Dies ist hier mit Einlegung der Berufung durch die Klägerin am 10.4.2008 und deren vom Senat veranlasste Zustellung am 17.4.2008 geschehen.
Im Übrigen erhält der Anwalt die Gebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (Vorbemerkung 3 Abs. 2 RVG-VV). Auch diese Voraussetzung liegt vor. Als anwaltlicher Vertreter eines Berufungsgegners hätte der Beklagte diesen über die Auswirkungen der Einlegung des Rechtsmittels und das weitere Vorgehen beraten müssen. Die Erstberatung für den zweiten Rechtszug wird aus Sicht des Berufungsgegners nämlich schon mit der Zustellung der Berufungsschrift notwendig und löst eine Gebühr für den zweiten Rechtszug aus. Dass diese Beratung nur dahingeht, es brauche vor Zustellung der Berufungsbegründung keine Maßnahme zur Abwehr des Rechtsmittels ergriffen zu werden, ändert an der Entstehung der Gebühr nach RVG VV 3201 und deren Erstattungsfähigkeit nichts.
Übertragen auf den sich selbst vertretenden Rechtsanwalt bedeutet dies, dass sich der Beklagte in einer Art "In-sich-Geschäft" mit seinem weiteren Vorgehen in der Berufungsinstanz hat beschäftigen müssen, indem er sich gleichsam selbst das zweitinstanzliche Mandat übertrug und mit sich selbst zu Rate ging.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
MDR 2010, 115 |
AGS 2009, 461 |
NJW-Spezial 2009, 651 |
OLGR-Mitte 2009, 777 |