Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Beschluss vom 30.07.2001; Aktenzeichen 13 O 388/01)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 30. Juli 2001 aufgehoben.

Der Antragsgegnerin wird untersagt, die Gewährleistungsbürgschaft der B. Bank AG vom 21.10.1996, mit welcher sich diese für die Bauunternehmung E. H. GmbH zugunsten der A. GmbH & Co. Gesellschaft für Wohnungs- und Industriebau zu einem ursprünglichen Betrag von 895.850,– DM verbürgt hat, in einer Höhe von 560.850,– DM in Anspruch zu nehmen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Wert des Beschwerdegegenstandes: 186.950,– DM

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Antragstellerin steht ein auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbarer Anspruch gegen die Antragsgegnerin zu, die Durchsetzung ihrer Rechte gegen die B. Bank AG (im Folgenden: Bürgin) aus der als Bürgschaft auf erstes Anfordern ausgestalteten „Gewährleistungsbürgschaft” vom 21.10.1996 (Anlage ASt 5, Bl. 50 GA) zu unterlassen.

I.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig (§ 935 ZPO); ihm fehlt auch nicht der erforderliche Verfügungsgrund.

1.

Die Bürgschaft auf erstes Anfordern dient der schnellen Durchsetzung der von ihr gesicherten Ansprüche. Sie soll – ebenso wie die insoweit vergleichbare Garantie auf erstes Anfordern – anstelle des früher gebräuchlichen „Bardepots” sicherstellen, dass dem Gläubiger sofort oder jedenfalls innerhalb kürzester Zeit liquide Mittel zur Verfügung stehen, wenn er den Sicherungsfall für eingetreten hält. Diese Funktion kann die bewusst erklärte Haftungsverpflichtung nur erfüllen, wenn die Anspruchsvoraussetzungen weitgehend formalisiert, die Einwendungsmöglichkeiten stark eingeschränkt und alle Streitfragen tatsächlicher und rechtlicher Art in den Rückforderungsprozess verwiesen werden, sofern nicht ausnahmsweise klar auf der Hand liegt, dass der Gläubiger schon formal nicht berechtigt ist. Die Klausel „auf erstes Anfordern” führt daher dazu, dass der Bürge oder Garant auf Verlangen des Begünstigten die geforderte Summe sofort zahlen muss und Einwendungen gegen die materielle Berechtigung der Ansprüche des Begünstigten erst nach Zahlung durch Rückforderungsklage aus § 812 BGB geltend machen kann (vergl. zur Bürgschaft: BGHZ 74, 244, 247 f. = NJW 1979, 1500; BGH NJW 1994, 380, 381 m.w.N.; NJW 1997, 255; NJW 1997, 1445, 1436; NJW 1998, 2280; NJW 1999, 2361, 2362 f.; NJW 2001, 1857; zur Garantie: BGHZ 90, 287, 292 f., 294 = NJW 1984, 2030, 2031 f.; BGHZ 90, 287, 294 = NJW 1984, 2030, 2032; BGH. BauR 1987, 98, 99; NJW 1999, 570, 571; NJW 2001, 282 f.).

Der Gläubiger braucht daher die gesicherte Forderung nicht schlüssig darzulegen. Zum Nachweis eines Anspruchs aus der Bürgschaft auf erstes Anfordern reicht es vielmehr aus, wenn er das erklärt, was als Voraussetzung der Zahlung auf erstes. Anfordern in der Bürgschaft niedergelegt ist; nur in Bezug auf die vertragsgemäße Anforderung der Bürgenleistung hat auch der Zahlungspflichtige die Schlüssigkeit zu prüfen (BGH NJW 1984, 923 f.; NJW 1994, 380, 381; NJW, 1997, 255; NJW 1998, 2280, 2281). Danach darf der Bürge zwar einwenden, seine Verpflichtung sichere nach der Vertragsurkunde nicht die dem Zahlungsbegehren des Gläubigers zugrunde liegende Hauptforderung (BGH NJW 1996, 717 f.; NJW 1999, 2361, 2362). Alle anderen Einwendungen tatsächlicher oder rechtlicher Art, die sich nicht gegen das Vorliegen der in dieser Urkunde akzeptierten formalen Voraussetzungen der … Zahlungsaufforderung richten, sind jedoch erst in einem künftigen Rechtsstreit auf Rückforderung der Bürgenleistung auszutragen, es sei denn, dass ausnahmsweise der Einwand einer missbräuchlichen, für jedermann klar erkennbaren Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung gemäß § 242 BGB durchgreift (zur Bürgschaft BGH NJW 1988, 2610; NJW 1994, 380, 381; NJW 1997, 255; NJW 1997, 1445, 1436 m.w.N.; zur Garantie: BGHZ 90, 287, 292 f. = NJW 1984, 2030, 2031; BGH BauR 1987, 98, 99; NJW 1989, 1480, 1481; NJW 1999, 570, 571). Dies gilt nicht nur für Streitfragen, welche die Begründetheit der Hauptforderung betreffen (dazu BGH a.a.O.); auch ein Streit darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen der materielle Anspruch aus der Bürgschaft entsteht, hindert die Verurteilung zur Zahlung nicht, wenn die formalen Voraussetzungen der Pflicht zur Zahlung gegeben sind (BGH NJW 1985, 1694 f.; BauR 1989, 618, 620; NJW 1996, 717, 718).

Wegen dieser geringen Anforderungen an die Zahlungspflicht des Bürgen muss dem Schuldner nach allgemeiner Auffassung die Möglichkeit eingeräumt werden, sich im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen die Inanspruchnahme des Bürgen durch den Gläubiger zur Wehr zu setzen (OLG München BauR 1996, 859 f.; KG BauR 1997, 665 f.; OLG Hamburg BauR 2000, 445 f.; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl. 1999, Rn. 372 m.w.N.).

2.

Nach dem glaubhaft gemachten Sachverhalt ist die Bürgin weder willens noch – jedenfalls bis zum Erla...

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